FC Bayern in der Euroleague:Den Feiertagsrost abschütteln

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Andreas Obst und seine Kollegen werden in der Euroleague immer stärker - gegen Valencia traf auch der Nationalspieler wieder seine Dreier. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Eine schwierige Euroleague-Hinrunde endet für die Münchner Basketballer mit einem Formanstieg. Gegen Valencia zeigt sich, dass der große Kader noch von Vorteil sein wird - trotz mancher Schwäche hat Pablo Lasos Team einige Trümpfe.

Von Jonas Beckenkamp

Die treffendste Analyse lieferte diesmal ein Weltmeister, sie umfasste sowohl die aktuelle sportliche Lage als auch den Aspekt der Kulinarik. Andreas Obst hatte für die Bayern-Basketballer in gewohnter Weise ein paar Dreipunktewürfe eingestreut, und dann erfreute er die Fernsehzuschauer noch mit einem kurzen Rückblick auf die stade Zeit. "Es war ein merkwürdiges Spiel", beschrieb der Münchner Wurfspezialist das 85:84 (38:39) gegen Valencia zum Abschluss der Euroleague-Hinrunde bei Magentasport. "Das mag noch an den Weihnachtstagen liegen, jeder muss ein wenig das Essen verdauen." Und deshalb, logisch irgendwie, habe sich auf dem Parkett alles recht "zäh angefühlt".

Es gibt mitreißende und hochklassige Basketballspiele - und sogar lebensprägende, Obst selbst kann zum Jahresende auf ein solches zurückblicken: Bei der WM im September schmiss er die Amerikaner mit seinen Dreiern zu Boden. Die Partie gegen Valencia, die den Bayern den achten Sieg im 17. Duell dieser Euroleague-Saison brachte, war eher keine solche Wegmarke. Aber sie gab Anlass zu einem positiven Fazit der bisherigen Europareise der Münchner. Die Mannschaft des FC Bayern ist ja mit der Ambition zusammengestellt, in diesem Wettbewerb der Großklubs die Playoffs zu erreichen. Die sind von Platz zwölf im Tableau aus nun zumindest in Streckweite, man kann sich mit Recht zum Mittelbau der Euroleague zählen. Ein Zwischenerfolg also?

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Wenn es nach den Beteiligten geht, ja. "Wir haben uns die letzten Wochen gut gesteigert", fand Obst, der sein WM-Händchen wiederzufinden scheint. Gegen Valencia war er neben dem argentinischen Aufbauarbeiter Leandro Bolmaro (13 Punkte), Devin Booker (13) und Vladimir Lucic (12) hervorstechender Münchner. Das Team habe mit vielen neuen, teils hochtalentierten Profis einen "schwierigen Start" zu verdauen gehabt, "wir hatten ein paar Spiele, die wir unnötig verloren", so Obst, den "Findungsprozess" müsse man aber weitergehen. Tatsächlich hat sich bei den Bayern zuletzt einiges zum Besseren gewendet, nachdem es beispielsweise in Barcelona noch im Oktober eine Klatsche mit fast 40 Punkten Abstand gegeben hatte. Und danach ein paar knappe Niederlagen, bei denen immer irgendwas saublöd lief zum Schluss.

Dass es Lerneffekte gibt und die Genesung lange verletzter Protagonisten wie Lucic dem Team helfen, bestätigte zuletzt auch Trainer Pablo Laso. Beim stärksten Auftritt der Saison gegen Efes Istanbul vor Weihnachten strahlte der Spanier geradezu, als er erfuhr, erstmals überhaupt seinen kompletten Kader zur Verfügung zu haben. Die Euroleague ist mit ihrem höllischen Spielplan auch ein Wettbewerb der Kräfteverteilung, Verletzungen werfen Teams weit zurück - auch deshalb vergrößern die Vereine ihre Kerntruppen zunehmend. Bei den Bayern schafften es gegen Valencia elf von zwölf Akteuren, Punkte beizusteuern, ein Hinweis auf Qualität und Tiefe. Diesmal sei man gegen die zweitbeste Defensivmannschaft des Wettbewerbs trotz vieler Fehlwürfe zu Beginn "im Spiel geblieben, das hat uns sehr geholfen", beobachtete Bolmaro, der mit zwei Dunkings die Stimmung in der erneut ausverkauften Halle anfeuerte.

Teams wie Valencia, aktuell noch knapp vor den Bayern platziert, gilt es zu schlagen, wenn man es über die neu eingeführten Play-ins in die finale K.-o.-Runde im April schaffen will. Überhaupt taten sich die Bayern gegen höher eingeschätzte Klubs mitunter leichter. Erfolge gegen das Überraschungsteam aus Bologna, gegen die luxuriös besetzten Mailänder oder gegen Istanbul deuteten das Münchner Potenzial an - zudem bestritt der FCB spielplanbedingt mehr Auswärts- als Heimspiele. Verlass ist auch nach dem Weggang von Center Freddie Gillespie (er wechselte kürzlich zu Roter Stern Belgrad) auf die Münchner Reboundstärke, die immer wieder zweite Chancen nach Fehlversuchen ermöglicht. So lässt sich bisher ordentlich kaschieren, dass in der Offensive weiterhin der Funken für mehr Kreativität fehlt.

Von den verfügbaren Inspirationsbringern macht Bolmaro, nicht zuletzt dank seiner krakenhaften Verteidigung, den stabilsten Eindruck. Und der Franzose Sylvain Francisco hat in seinem ersten Euroleague-Jahr manchem Gegner Knoten in die Beine gedribbelt. Nur gegen Valencia hieß es für den kleinen Wirbler allzu häufig "rien ne va plus", weshalb Coach Laso phasenweise lieber auf Weltmeister Isaac Bonga als Organisator und auf Carsen Edwards als Schütze von der Dreierlinie setzte. "Das war heute großartiger Einsatz meines Teams", lobte Laso eine weitere Beständigkeit bei seinen Bayern: die intakte Widerstandskraft.

"Beide Mannschaften haben hohes Level gespielt, wenn man den harten Zeitplan für jeden bedenkt", so der spanische Coach, der nach einigem Zetern und Toben an der Bande wegen Fehlern seiner Spieler auf der Pressekonferenz wieder im Einklang mit sich selbst wirkte. Lasos Emotionen und den trockenen Humor von Andreas Obst nehmen die Bayern also mit ins neue Jahr - doch zuvor steht noch ein letztes Abschütteln des Feiertagsrostes an: am Samstag im Bundesligaduell gegen Heidelberg.

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