Basketball-Bundesliga:Bonn ist wieder da

Lesezeit: 3 min

Entscheidender Spieler bei Bonn: TJ Shorts, hier beim Sieg gegen Alba Berlin. (Foto: Thomas Haesler/Eibner/Imago)

In den späten 1990er und 2000er Jahren spielten Berlin und Bonn im "Duell der Hauptstädte" um die Meisterschaft, dann wurde es ruhig am Rhein. Doch jetzt sind die Telekom Baskets wieder ein ernsthafter Titelkandidat - was ist passiert?

Von Ralf Tögel, München/Bonn

Natürlich lag es an den Bonnern, dass sich die große Rivalität der vergangenen Jahre beruhigt hatte. Es gab eine Zeit, da hatten sich die Beobachter mit Superlativen auf das Derby der Basketball-Bundesliga (BBL) zwischen Bonn und Alba Berlin übertroffen. In den späten 1990er Jahren war regelmäßig von der "Mutter aller Spiele", oder dem "Duell der Hauptstädte" die Rede: Damals waren die Telekom Baskets Bonn eine der größten Nummern im deutschen Basketball.

Fünfmal waren sie drauf und dran, die Meisterschaft zu gewinnen: Doch 1997, 1999, 2001 und 2008 ging der Titel jeweils an Berlin. Und als die Baskets 2009 den Rivalen in einer nervenaufreibenden Halbfinalserie mit 3:2 ausgeschaltet hatten, verloren sie das entscheidende fünfte Finalspiel gegen Oldenburg - mit einem Pünktchen. Nicht genug der Schmach: Auch das Pokalfinale ging damals verloren - gegen Alba Berlin. Danach wurde es ruhig um den Klub, fortan spielten die Bonner bei Titelentscheidungen keine Rolle mehr.

SZ PlusSportsponsoring
:Wenn der Sponsor nicht mehr zahlt

Immer mehr Mittelständler und Mäzene ziehen sich aus mittelgroßen Klubs zurück. Sportförderung kostet mehr, dadurch zahlt sie sich weniger aus. Es droht ein finanzieller Einbruch, der die deutsche Sportlandschaft verändern könnte.

Von Christoph Leischwitz

Bis dann, vor zwei Jahren, Tuomas Iisalo das Traineramt übernahm. Der Finne galt schon bei den Merlins Crailsheim als großes Talent, es war von Angeboten finanzstarker, europäischer Klubs die Rede. Der 40-Jährige entschied sich etwas überraschend für Bonn, ganz offenbar der richtige Schritt. Iisalo reanimierte die Bonner Siegermentalität, in seiner ersten Saison schloss sein Team die Hauptrunde hinter Alba als Zweiter ab und scheiterte knapp im Meisterschaftshalbfinale mit 2:3 am großen FC Bayern. Den haben die Bonner in der aktuellen Spielzeit bereits hinter sich gelassen: Die Münchner sind Tabellendritter und ohne Chance, die Baskets noch einzuholen.

Bonn könnte sich als Hauptrundenerster das Heimrecht bis ins Endspiel sichern

Am Dienstagabend folgte der nächste Streich. Im Spitzenspiel gegen Berlin, das wie Bonn nur zwei Niederlagen verzeichnete, behielten die Bonner mit 84:77 Punkten die Oberhand und eroberten sich die Tabellenführung zurück. Nun haben es die Bonner in der Hand, sofern sie das Restprogramm souverän bewältigen, als Hauptrunden-Primus in die K.o.-Serie zu gehen. Weil sie auch den direkten Vergleich gegen Berlin gewonnen haben, könnten sich die Baskets sogar noch eine Niederlage leisten, um bis ins Finale Heimrecht zu behalten.

Motiviert bis in die Fingerpitzen: Leon Kratzer (li.) und TJ Shorts (re.) halten Berlins Jaleen Smith auf. (Foto: Stephanie Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Die Best-of-five-Serie sieht nämlich zwei Heimspiele und dann zwei Auswärtspartien vor, einen entscheidenden fünften Vergleich würden die Bonner somit vor Heimpublikum bestreiten. Wie groß dieser Vorteil ist, kann kein Team besser belegen als Bonn, das seine 15 Heimauftritte vor seinen mittlerweile begeisterten Fans gewonnen hat. Reduzierte man den Titelkampf zuletzt auf die beiden Euroleague-Teams München und Berlin, so ist diesen in den Telekom Baskets aktuell ein sehr ernstzunehmender Meisterschaftskonkurrent erwachsen.

Gegen Alba Berlin bestätigte Bonn diesen Anspruch in beeindruckender Manier. Vor allem die aggressive Defensivarbeit machte Alba im mit 6000 Zuschauern ausverkauften Telekom Dome zu schaffen, Ballgewinne wurden mit viel Tempo nach vorne getragen und schnell abgeschlossen. So überrollten die Baskets den großen Rivalen phasenweise, obwohl die Wurfquote vor allem aus der Distanz zunächst miserabel war. Kommt dieses Bonner Team jedoch in einen Lauf, ist es schwer zu stoppen. Zudem befinden sich die Schlüsselspieler in herausragender Verfassung: Flügelspieler Tyson Ward traf beständig von der Dreierlinie und steuerte 18 Punkte bei, Center Leon Kratzer (9) ist unter dem Korb schwer zu stoppen. Und Spielgestalter TJ Shorts gilt ohnehin als derzeit bestimmender Akteur der gesamten Liga: Der Bonner Regisseur erzielt im Schnitt knapp 18 Punkte und gibt die meisten Vorlagen im Ligavergleich.

Bonn spielt noch international - im Gegensatz zu den Bayern und Alba

All das ist über TJ Shorts bekannt. Dennoch war der nur 1,75 Meter große Flitzer auch von den Berlinern, die ihrerseits stark verteidigten, nur in der Anfangsphase zu stoppen. Als es darauf ankam, war Shorts zur Stelle und sammelte insgesamt 20 Punkte - Bestwert des Abends.

Womit man bei jener Qualität wäre, die die Bonner in dieser Saison auszeichnet: Sie haben gelernt, in kniffligen Situationen die Ruhe zu bewahren und sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Diese Wettkampfhärte war in der Vergangenheit stets prägendes Merkmal der international engagierten Teams aus München und Berlin, hier haben die Bonner aufgeholt. Bestens zu beobachten, als die Berliner, die meist zweistellig in Rückstand lagen, drei Minuten vor dem Ende auf 71:73 verkürzten: "Wir haben uns weiterentwickelt und sind auf einem guten Weg", sagte Iisalo nach dem Triumph und lobte das "kollektive Selbstvertrauen, das die Jungs auch in schwierigen Phasen gezeigt haben".

Wie gut diese Entwicklung fortgeschritten ist, haben die Bonner auch mit dem Einzug ins Final Four der Champions League bewiesen. Dort treten sie am 12. Mai im Halbfinale gegen Gastgeber Malaga an. Auch etwas Neues im Ringen um den nationalen Titel: Nicht die Bayern oder Alba müssen diesmal eine Doppelbelastung bewältigen, denn sie sind aus der Euroleague ausgeschieden. Sondern Bonn.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Los Angeles Lakers in der NBA
:Der Harlekin des Königs

Dennis Schröder liefert beim Comeback-Sieg der Lakers und der Qualifikation für die Playoffs eine grandiose Basketball-Partie - weil LeBron James ihm in wichtigen Momenten vertraut und der Geschichte der beiden ein neues Kapitel hinzufügt.

Von Jürgen Schmieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: