Basketball-Bundesliga:Bamberg droht der Absturz

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Ob Trainer Oren Amiel auch in der kommenden Saison die Mannschaft von Brose Bamberg dirigiert, ist nach dem Verpassen der Playoffs fraglich. (Foto: Andreas Burmann/Imago)

Der ehemalige Serienmeister verpasst alle Saisonziele und erstmals seit 22 Jahren auch die Playoffs. Wegen des Ausstiegs von Alleingesellschafter Brose müssen bis zum 1. Juli genügend neue Gesellschafter gefunden werden.

Von Ralf Tögel

Immerhin der letzte Auftritt dieser Saison ist den Bamberger Basketballern geglückt. Sportlich ging es um nichts mehr, emotional sehr wohl, wie Brose-Geschäftsführer Philipp Höhne festhielt. Im Oberfranken-Derby gegen die als Absteiger bereits feststehenden Bayreuther verabschiedete sich Brose Bamberg mit einem 120:106-Sieg aus der Basketball-Bundesliga (BBL). Als Versöhnung für eine völlig missratene Spielzeit inklusive dem Verpassen der Playoffs kann dies nicht dienen.

Es könnte gar der letzte Auftritt einer Bamberger Mannschaft im Profibasketball gewesen sein, denn die Geschäftsanteile werden vom bisherigen Alleingesellschafter Brose, der seit 2007 nach eigenen Aussagen mehr als 80 Millionen Euro in den Verein gesteckt hat, definitiv veräußert. Der Autozulieferer hat seinen Ausstieg als Alleingesellschafter zum Saisonende angekündigt, bis zum 1. Juli müssen neue Gesellschafter gefunden sein. Denen freilich kommt das Familienunternehmen weit entgegen, Brose verlangt lediglich einen symbolischen Euro für seine Anteile. Noch aber laufen Gespräche, sagt Höhne, er hoffe auf baldigen Vollzug, um das Aus zu verhindern. Sollte das gelingen, hat Brose zugesagt, dem Verein mindestens weitere zwei Jahre als Hauptsponsor mit einer siebenstelligen Summe zu helfen. Der wird einen neuen Namen erhalten, denn der Hauptsponsor Brose hat zudem angeboten, auf das Namensrecht zu verzichten, um den neuen Gesellschaftern zu ermöglichen, auch diesen Werbewert vermarkten zu können. Die BBL hat dem ehemaligen Aushängeschild des deutschen Basketballs die Lizenz für kommende Saison dennoch nur mir einer "auflösenden Bedingung" erteilt, die geforderten Nachweise für 80 Prozent der geplanten Sponsorengelder stehen noch aus.

Höhne geht davon aus, dass es so weit nicht kommen wird: "Die Grundvoraussetzungen für professionellen Basketball in Bamberg sind absolut vorhanden." Wohl wahr, gleichzeitig wissen die potentiellen Investoren um den sportlich desolaten Zustand der Mannschaft. Alle Ziele sind verpasst. Mit der krachenden 75:102-Niederlage gegen den Hauptrundenersten Bonn vom Donnerstag wurde endgültig klar, dass Bamberg erstmals seit 22 Jahren die Playoffs verpassen wird - und auch, wie weit die Mannschaft nach dem Double 2017 mittlerweile von der nationalen Spitze entfernt ist.

Seit dem Double 2017 geht es mit Bamberg bergab, dieses Mal wurden sogar die Playoffs verpasst

Seit dem Abschied von Trainer Andrea Trinchieri 2018 und der Reduzierung der Leistungen durch Brose hat der Klub nicht mehr so recht in die Spur gefunden. Trainer, Sportdirektoren und Geschäftsführer kamen und gingen, es ging sukzessive bergab. Das gilt auch für das internationale Geschäft: Im viertklassigen Europe Cup war gegen den estnischen Vertreter BC Kalev/Cramo im Viertelfinale Schluss - für ein Team, das sich viele Jahre mit den besten europäischen Teams in der Euroleague maß.

Doch wie konnte es so weit kommen? Zumal der Etat der Bamberger mit knapp neun Millionen Euro nach den Topklubs Alba Berlin und Bayern München einer der höchsten in der BBL ist. Höhne spricht in diesem Zusammenhang vom kollektiven Versagen der Mannschaft, die zwar immer wieder gezeigt habe, dass sie zu deutlich besseren Leistungen in der Lage war, diese aber nur sporadisch abrief. Höhne stellt sich der Verantwortung: "Ich bin der Hauptverantwortliche", sagt der Geschäftsführer, aber "das Trainerteam" sei ebenfalls in der Pflicht. In der Vorsaison war Trainer Johan Roijakkers, der weitgehend freie Hand hatte, während der laufenden Spielzeit entlassen worden, Oren Amiel übernahm und führte das Team gerade noch in die Playoffs.

Für diese Saison wurde in Absprache mit Nachfolger Amiel eine Teamlösung für die Kaderzusammenstellung installiert, neben dem israelischen Cheftrainer gaben auch die Assistenten Arne Woltmann und Mate Jakab sowie Individualtrainer Stefan Weissenböck zu Verpflichtungen ihre Expertise ab. Das letzte Wort lag beim Geschäftsführer, mit überschaubarem Erfolg: Spielmacher Vaidas Kariniauskas und der als Anführer geholte Justin Wright-Foreman wurden während der Saison ausgetauscht. Der Litauer war zu schlecht, der US-Guard nicht teamfähig - keine gute Visitenkarte für die Kaderplaner.

Nun wird alles zur Disposition stehen, der Trainer, der Geschäftsführer, die Spieler - nur fünf Aktive haben einen Vertrag für kommende Saison. Maßgeblich entscheiden werden dann aber andere, sofern sich neue Gesellschafter finden. Der Plan besagt, deren mindestens fünf bald vorzustellen, von denen jeder dazu beiträgt, die von der BBL geforderten 250 000 Euro Eigenkapital aufzubringen.

Keine gute Nachrichten vom fränkischen Basketball: Bayreuth steigt ab, Bamberg und Würzburg bekommen die Lizenz nur mit Auflagen

Das sollte angesichts der Voraussetzungen in Bamberg zu machen sein, einem Standort mit riesiger Tradition und treuen Fans, auch Höhne glaubt das: "Man muss sehen, was hier möglich ist, und eine Aufbruchstimmung erzeugen." Schließlich sei das in Bayreuth trotz deutlich schlechterer Vorgaben in einer sehr ähnlichen Situation gelungen. Dort sind die Anteile nach dem Ausstieg von Alleingesellschafter Carl Steiner mittlerweile auf 18 Gesellschafter verteilt, die beim Absteiger einen Neustart wagen.

Es gibt derzeit keine guten Nachrichten vom fränkischen Basketball, der den Freistaat jahrelang so hervorragend vertreten hat. Auch die Würzburg Baskets haben die Playoffs knapp verpasst und die Lizenz unter "auflösende Bedingungen" erhalten. Geschäftsführer Steffen Liebler spricht von einer Herausforderung, "trotz vieler positiver Impulse unserer Partner". Der Klub, der im Gegensatz zu Bamberg als Abstiegskandidat gehandelt wurde und sich sehr gut präsentiert hat, arbeite "weiter mit Hochdruck daran, die Bedingungen fristgerecht zu erfüllen". Dafür werde es "weitere Sponsoren und Unterstützer brauchen", so Liebler, "wenn wir in der Bundesliga konkurrenzfähig sein und realistische Chancen auf den Klassenerhalt haben wollen".

Bleibt aus Sicht des bayerischen Basketballs der FC Bayern. Die Münchner sind von existentiellen Problemen zwar Lichtjahre entfernt, der Tabellendritte zeigte sich indes erneut nicht in Playoff-Form. Der überraschenden 78:89-Heimpleite gegen Heidelberg folgte ein 76:88 in Oldenburg. Weitaus schlimmer als die Niederlagen dürfte mit Blick auf die K.-o.-Runde der verletzungsbedingte Ausfall von Vladimir Lucic (Hand) und Othello Hunter (Bandscheibe) wiegen. Beide müssen sich Eingriffen unterziehen und werden im Titelkampf fehlen.

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