Barcelona-Pleite in Cadiz:Barças Trauma setzt sich fort

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Messi und der Rest von Barcelona enttäuschten auch in Cádiz. (Foto: Alvaro Rivero/dpa)

Wieder verlieren die Katalanen dank fataler Fehler in der Defensive gegen einen Außenseiter. Nach dem 1:2 in Cádiz herrscht große Aufregung - und nun wartet Ronaldo.

Von Jonas Beckenkamp

Cádiz also. Dieses Schicksal teilt sich der ruhmreiche FC Barcelona nun ausgerechnet mit seinem größten Rivalen Real Madrid. Wie vielerorts purzeln auch in Spaniens Fußball derzeit einige Dinge durcheinander und so lautet die Erkenntnis nach diesem Spieltag in der Primera División: Gegen Cádiz, den verblüffend starken Aufsteiger aus Andalusien, kann man mal verlieren. Barças Trauma vollzog sich diesmal auswärts in Form eines 1:2 (0:1), die Königlichen verloren im Oktober sogar zuhause 0:1 gegen den derzeitigen Tabellenfünften aus dem Süden.

Cádiz, San Sebastian und Villarreal ärgern die Großen - während die Großen ihrerseits vor allem mit sich selbst beschäftigt sind. Das ist die Situation, mit der wohl nur die Allerkühnsten gerechnet hatten nach knapp einem Drittel der Saison. Und den größten Ärger hat nach diesem Wochenende wieder einmal Barcelona an der Backe. Nur Platz sieben, bei gerade einmal drei Pünktchen Vorsprung auf die Abstiegsplätze. Kein Wunder, dass die katalanische Zeitung La Vanguardia titelte: "Barça verschenkt in Cádiz schon halb den Titel."

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Bei mittlerweile zweistelligem Punkterückstand auf Platz eins ist das eine durchaus realistische Einschätzung. Das Leistungslevel der Mannschaft von Trainer Ronald Koeman hat sich im konstanten Auf und Ab eingependelt. Nachdem es zuletzt wieder besser ausgesehen hatte, gab es nun die dritte Auswärtspleite der Saison. Und warum? Weil laut Koeman erneut "Konzentrationsschwächen" ein besseres Abschneiden zunichte machten. In der Pleite im menschenleeren Carranza Stadion von Cádiz sah er "einen großen Rückschritt" im Kampf um die Meisterschaft. Damit hat er recht, denn zumindest Atlético und Real gewannen in dieser Runde ihre Spiele.

Die personifizierten Durchhänger gaben diesmal gleich mehrere Barça-Profis ab. Beim 0:1 durch Álvaro Giménez (8. Minute) verlor zuerst Antoine Griezmann nach einer Ecke ein Kopfballduell am ersten Pfosten, ehe in der Mitte Óscar Mingueza den Ball fast schon ins eigene Tor köpfelte. Dass Nachwuchsmann Mingueza, einer für hinten drin aus der Akademie La Masia, überhaupt mitspielte, offenbart die massiven Personalsorgen des Teams. Die Verletztenliste ist immer noch umfassend, Ersatz etwa für Piqué, Samuel Umtiti oder Sergi Roberto ist aufgrund der finanziell angespannten Lage nicht in Sicht. Es muss halt so gehen.

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Nach dem Ausgleich durch Alcalas Eigentor (Jordi Alba hatte flach geflankt, 57.) folgte dann der nächste Lapsus im Rückwärtsgang: Verteidiger Clément Lenglet brachte beim 1:2 durch Altmeister Álvaro Negredo (63.) Keeper Marc-André ter Stegen mit einem Pass am eigenen Sechzehner derart in die Bredouille, dass der Deutsche wie ein wackliger Zirkustänzer beim Pressschlag mit Negredo scheiterte. Vieles ist selbst eingebrockt bei Barça, was Koemans Bestürzung nur noch vertiefte: "Für das zweite Gegentor habe ich beim besten Willen keine Erklärung", echauffierte sich der Holländer.

Schwankungen wie sie das katalanische Großunternehmen seit Monaten erlebt, dürfe sich eine Mannschaft mit solch gewaltigen Ansprüchen nicht erlauben. Und doch kann auch Koeman vieles nicht verhindern - zum Beispiel, dass die Offensive um Messi, Griezmann und Coutinho bislang gemeinsam nicht einmal auf zehn Saisontore kommt. Oder, dass der Mannschaft gegen leidenschaftliche Defensivarbeiter wie jene aus Cádiz (bzw. zuvor aus Alavés und Getafe) keine Innovationen einfallen.

Und Messi? Vieles deutet darauf hin, dass der Argentinier vom Umfeld und dem Gerede um seine Person in Barcelona mittlerweile so genervt ist, dass auch sein Spiel leidet. "Irgendwas stimmt nicht mit Messi", orakelte bereits die Zeitung Marca. Unter der Woche hatte Barça-Interimspräsident Carlos Tusquets im Radio erzählt, dass sein Klub den Argentinier nach den Verwerfungen im vergangenen Sommer besser losgeworden wäre. "Aus wirtschaftlicher Perspektive hätte ich ihn verkauft", sagte Tusquets bei RAC1. Messi wird das im Groll zur Kenntnis genommen haben.

Der Übergangsmann an der Klubspitze wird am Ende aber nur eine Randnotiz beim Umbruch in Barcelona sein, denn längst bringt sich mit dem früheren Vereinsboss Joan Laporta ein alter Bekannter wieder in Stellung. Der 58-Jährige hatte zu Wochenbeginn seine erneute Kandidatur für die Präsidenten-Wahl am 24. Januar bekannt gegeben. Und anders als die vergangenen und aktuellen Führungsfiguren wirbt er eindringlich um Messi - wohlwissend, dass ihm das Stimmen bei den Mitgliedern einbringt. Er werde bei einem Wahlsieg alles tun, um den am 30. Juni 2021 auslaufenden Vertrag von Barças Heiligtum zu verlängern.

Zudem wolle er die internen Zwistigkeiten in die Vergangenheit befördern, sagte der katalanische Rechtsanwalt und Politiker, der bereits zwischen 2003 und 2010 Klubchef war. "Ich will den Barcelonismo vereinen. Der Barcelonismo verbindet uns. Es ist an der Zeit, das Team wieder gemeinsam zum Erfolg und zu Siegen, zum Ruhm zu führen", verkündete er in bester Manier eines Volkstribuns. Es dürfe "kein Zurückschauen und keine Vorwürfe" geben. Doch nun geht es erst einmal weiter ums Sportliche: Am Dienstag kommen Cristiano Ronaldo und Juventus Turin ins Nou Camp. Es geht um den Gruppensieg in der Champions League - und Ronaldo ist derzeit richtig gut in Form.

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