Australian Open:Zverev siegt im Schnelldurchgang

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Der Kettenmann: Alexander Zverev hatte keine Probleme mit dem jungen Amerikaner Alex Michelsen. (Foto: Alessandra Tarantino/AP)

Der Olympiasieger erreicht das Achtelfinale in Melbourne nach konzentrierten 119 Minuten und trifft nun auf den Briten Cameron Norrie. Im Viertelfinale könnte es zum Duell mit dem Spanier Carlos Alcaraz kommen.

Von Barbara Klimke, Melbourne

Am Sonntagabend hat sich Alexander Zverev, 26, in Melbourne streng an die Anweisungen seines Vaters gehalten. Denn Zverev senior, so erläuterte er dem Publikum in der Rod-Laver-Arena, ist auch sein Trainer. Der erste Rat war demnach, mehr Gewinnschläge und weniger Fehler zu fabrizieren. Die zweite Order lautete: Beeilung. "Niemand, mein Sohn", so habe der Vater gesagt, "will, dass du bis drei Uhr morgens spielst."

Das Match war dann tatsächlich kurz nach Mitternacht beendet. 6:2, 7:6 (4), 6:2 siegte Zverev junior gegen den US-Amerikaner Alex Michelsen, er hat damit die zweite Turnierwoche der Australian Open und das Achtelfinale erreicht. "Ich habe mich wohlgefühlt", sagte er anschließend - und erklärte seine auffällige Leistungssteigerung mit einer Art Naturgesetz der Grand-Slam-Turnierveranstaltungen: "Die besten Spieler fangen an, in der zweiten Woche das beste Tennis zu spielen."

Sein Gegner Alex Michelsen war nicht der Kontrahent, mit dem Zverev, Nummer sechs der Weltrangliste, zu Turnierbeginn gerechnet hatte, aber diesmal wird er gewarnt gewesen sein. Noch zwei Tage zuvor, in der zweiten Runde der Australian Open, hatte ihn die Nummer 163 des Rankings, Lukas Klein aus Spisska Nova Ves in Slowenien, überrumpelt und bis in den Tiebreak eines fünften Satzes gehetzt - ein Spieler, den er nicht kannte, wie er später einräumte. Dagegen war ihm der 19-jährige Alex Michelsen aus Orange County in Kalifornien schon im November aufgefallen: bei den sogenannten NexGen-Finals, dem Jahresabschlussturnier der Nachwuchsprofis in Saudi-Arabien. Zur Matchvorbereitung studierte Zverev demnach Spielausschnitte.

Im Tiebreak sammelt Zverev fünf Punkte am Stück

Auf der Grand-Slam-Bühne hatte Michelsen zwar erst im August in New York debütiert. Aber in der Rangliste hat er seit 2022 den schnellen Durchmarsch von Nummer 599 bis 91 geschafft. Der Aufstieg ermutigte ihn, anstatt für die University of Georgia Collegetennis zu spielen, lieber gleich Profi zu werden.

Im ersten Satz, der nur 36 Minuten dauerte, hatte Zverev den hochgewachsenen Youngster gut im Griff. Aber im zweiten zeigte er dann sein Potenzial. Er spielte seine Art von California-Dream-Tennis: schnell, locker, schwungvoll, unbekümmert - mit mutigen Schmetterbällen an die Linien, allerdings auch mit entsprechend vielen Fehlern. Zum 4:4 nahm er Zverev den Aufschlag ab und ging erstmals in Führung. Auch im Tiebreak glückten ihm Passierschläge, er lag bereits 4:2 vorn, ehe Zverev, nun hoch konzentriert, fünf Punkte am Stück sammelte und den Durchgang für sich entschied. Im dritten Satz war Michelsens Widerstand dann gebrochen. Statt in viereinhalb Stunden wie noch in Runde zwei war das Tagwerk in konzentrierten 119 Minuten geschafft.

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Statistisch gesehen, ist die Auslosung für Zverev günstig bei seiner nunmehr neunten Grand-Slam-Vorstellung auf den blauen Tennisplätzen am Yarra River. Den theoretisch gefährlichsten Gegner, den Tschechen Jiri Lehecka, vor zwei Wochen noch Turniersieger in Adelaide, hatte freundlicherweise rechtzeitig Michelsen für ihn aus dem Weg geräumt. Und auch zum prognostizierten Duell mit Casper Ruud, der Nummer elf der Welt, wird es nicht kommen: Der dreimalige Grand-Slam-Finalist aus Norwegen, zuletzt in Paris 2023 dem Rekord-Champion Novak Djokovic unterlegen, ist diesmal frühzeitig gescheitert: Er musste sich am Sonntag dem 28-jährigen Briten Cameron Norrie 4:6, 7:6, 4:6, 3:6 geschlagen geben.

Die Bilanz gegen Norrie: vier Siege

Auch das sind gute Nachrichten für Zverev: Gegen den Linkshänder Norrie, der auf der Insel stets im langen Schatten des Tennisgiganten und zweimaligen Wimbledonsiegers Sir Andy Murray steht, hat er alle vier Duelle ohne Satzverlust gewonnen. Allerdings zeigte sich Norrie im Match gegen Ruud diesmal von einer ganz neuen Seite: Statt den Gegner, wie üblich, mit zähem Grundlinienballgeschiebe zu zermürben, präsentierte er sich als offensiver Volleyspieler, er tauchte überraschend oft vor Ruud an der Netzkante auf. Die Taktik, so sagte Zverev am späten Abend, habe ihn nicht überrascht, er hatte die Umstellung schon im Winter im Training beobachtet.

Ebenfalls ohne erhebliche Mühe und in sogar noch kürzerer Zeit ist Carlos Alcaraz, der letztjährige Wimbledonsieger aus Spanien, am Sonntag ins Achtelfinale vorgerückt. In einem einseitigen Match profitierte er am Schluss von der Aufgabe seines chinesischen Gegners Shang Juncheng (6:1, 6:1, 1:0), der mit 18 Jahren sogar noch zwei Jahre jünger ist als er selbst. Alcaraz steht erstmals im Achtelfinale der Australian Open, im vorigen Jahr war er wegen einer Verletzung nicht angereist. Falls er seine Partie gegen den Serben Miomir Kecmanovic gewinnt, könnte es im Viertelfinale zu einem Duell mit Zverev kommen.

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