Es ist nicht immer einfach, ein Lächeln zu deuten. Aber als am Donnerstagabend bei der Auslosung der Vorrunde der Champions League das Gesicht von Oliver Kahn, CEO des FC Bayern München, eingeblendet wurde, lag eine Interpretation auf der Hand. Sein Lächeln sah aus, als habe er geahnt oder gar gewusst, was da kam.
Okay, dass seinem FC Bayern der tschechische Meister Viktoria Pilsen zugelost wurde, fiel eher nicht in die Kategorie "das musste ja so kommen". Und dass der italienische Top-Klub Inter Mailand in die Bayern-Gruppe C aus dem Topf gezogen wurde, rief eher wenige Regungen hervor. Kahns wissendes Lächeln galt einem anderen Gegner: dem FC Barcelona. Denn diese Konstellation bedeutet, dass es schon bald zu einem Wiedersehen mit dem vormaligen Angestellten Robert Lewandowski kommen wird, der in diesem Sommer bekanntlich die Isar gegen die Mittelmeerküste eingetauscht hat. Nach einem bekanntermaßen langen und zähen Transfertheater, das unter anderem zu einem öffentlichen Disput zwischen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann und dem Barca-Präsidenten Joan Laporta führte und manchen Bayern-Fan vergrätzt zurückließ.
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So gesehen dürfte zu bezweifeln sein, dass die Rückkehr des Abonnement-Torschützenkönigs der letzten Jahre herzlich ausfällt. Jordi Cruyff, Sohn der Barça-Vereinslegende Johan Cruyff und mittlerweile Manager der Katalanen, war die Aussicht auf die Begegnungen mit den Münchnern auch nicht geheuer. Er blickte mit versteinertem Gesicht auf die Leinwand, auf der die Mannschaften der Gruppe C verewigt waren. Denn jenseits des morbiden Charmes des Rendevouz mit Lewandowski ist die Gruppe mit Inter auch sportlich herausfordernd.
Dass die Katalanen eher nicht als Favorit ins Rennen gehen, hat auch damit zu tun, dass sich die Bayern in den letzten Jahren den Ruf des Angstgegners erarbeitet haben. Spätestens mit der Demütigung von Lissabon, dem 8:2-Viertelfinalsieg von 2020, der den Bayern den Weg zu sechs internationalen Titeln in einem Jahr ebnete, wollen die Katalanen eher nix mehr von den Bayern wissen. Die dramatische Pleite führte mittelbar zum Abtritt des damaligen Präsidiums - und auch zum Abschied der früheren Klub-Ikone Lionel Messi nach Paris.
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Auch in der vergangenen Saison versetzten die Münchner den Katalanen Watschn, die nachhallten. Bayern und Barça trafen in der Champions-League-Vorrunde aufeinander; die Münchner siegten in der heimischen Arena und im Camp Nou jeweils mit 3:0, beim Spiel in Barcelona traf Lewandowski übrigens zwei Mal. Für Barcelona war auch wegen dieser Niederlagen nach der Vorrunde der Champions League Schluss, bei den Bayern geschah das später im Viertelfinale beim FC Villarreal, der diesmal gar nicht dabei ist. Das Vorrunden-Aus wurde seinerzeit in Barcelona nicht nur sportlich als peinlich empfunden, es riss auch noch größere Löcher in die Kassen. Und muss auch in diesem Jahr vermieden werden.
Ein Wiedersehen mit einem "Ex" wird es aber nicht nur in München, sondern auch in Dortmund geben. Denn die dort angesiedelte Borussia wurde dem FC Sevilla, dem FC Kopenhagen und Manchester City zugelost - seit diesem Sommer der neue Klub des bisherigen BVB-Stürmers Erling Haaland. Auch diese Gruppe darf als fordernd interpretiert werden - chancenlos dürften die Dortmund allerdings nicht sein.
Das gilt übrigens auch für Bayer Leverkusen - vorausgesetzt, sie finden ihre Normalform wieder. Die Werkself muss sich mit Atlético Madrid, dem FC Porto und dem FC Brügge auseinandersetzen - in einer übrigens dichten Abfolge von Spielen. Denn die diesjährige Champions League leidet wie die nationalen Ligen unter der Anomalie der Fußball-WM in Katar, die im November beginnt und knapp eine Woche vor Weihnachten endet. Für die Königsklasse bedeutet das, dass die Vorrunde diesmal schon am 6. und 7. September beginnt, die sechs Gruppenspieltage in gerade einmal neun Wochen durchgeprügelt werden und am 2. November enden.
Was noch gelost wurde? Die SG Eintracht Frankfurt erhielt das, was sie sich für ihre Rückkehr in den Königswettbewerb gewünscht hatte: lösbare Aufgaben. Als Europa-League-Sieger waren die Hessen wie die Großen des Wettbewerbs gesetzt, sie treffen nun auf Tottenham Hotspur, Olympique Marseille und Sporting Lissabon.
Wer von der Champions League spricht, darf von Real Madrid nicht schweigen; der spanische Rekordmeister ist auch auf kontinentaler Bühne mit 14 Titeln die "Nummer 1". Ihr Weg zum möglichen fünfzehnten Triumph führt über die Hürden Shakhtjar Donezk, Celtic Glasgow - und RB Leipzig. Es dürfte sich vor allem Leipzigs Co-Trainer Andreas Hinkel gefreut haben, er spielte mehrere Jahre bei Celtic. Für die Madrilenen ist die Vorrunde nicht weiter der Erwähnung wert. Sie verabredeten sich am Vorabend der Auslosung zum Essen - und strichen sich den 10. Juni 2023 an. Dann findet in Istanbul im Atatürk-Stadion das Endspiel statt.
Die Gruppen in der Übersicht.
Gruppe A
- Ajax Amsterdam
- FC Liverpool
- SSC Neapel
- Glasgow Rangers
Gruppe B
- FC Porto
- Atlético Madrid
- Bayer 04 Leverkusen
- FC Brügge
Gruppe C
- FC Bayern München
- FC Barcelona
- Inter Mailand
- Viktoria Pilsen
Gruppe D
- Eintracht Frankfurt
- Tottenham Hotspur
- Sporting Lissabon
- Olympique Marseille
Gruppe E
- AC Mailand
- FC Chelsea
- FC Salzburg
- Dinamo Zagreb
Gruppe F
- Real Madrid
- RB Leipzig
- Schachtar Donezk
- Celtic Glasgow
Gruppe G
- Manchester City
- FC Sevilla
- Borussia Dortmund
- FC Kopenhagen
Gruppe H
- Paris Saint-Germain
- Juventus Turin
- Benfica Lissabon
- Maccabi Haifa