Serie A:Das Team der Stunde heißt Atalanta Bergamo

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Wieder nicht verloren: Duvan Zapata jubelt über sein Tor für Atlanta Bergamo. (Foto: Emilio Andreoli/Emilio Andreoli/Getty)

23 Punkte aus neun Spielen und der Klub marschiert weiter: Wie Atalanta Bergamo den Corona-Widrigkeiten trotzt und sogar Chancen auf den Champions-League-Sieg hat.

Von Johannes Kirchmeier

Es war Mitte Juni, da sprach der deutsche Fußballspieler Robin Gosens darüber, dass der Profifußball auch im vom Coronavirus so geplagten Land Italien wieder starten durfte. Gosens lebt in Bergamo, wo das Virus seine Spuren sehr deutlich hinterließ. Der 26-Jährige ist Linksverteidiger beim örtlichen Klub Atalanta Bergamo - einem kleinen Verein, der die eigentlich so defensiv orientierte Liga unter seinem Trainer Gian Piero Gasperini mit berauschendem Offensivfußball begeistert und aufgrund eben jenes Fußballs auch im Viertelfinale der Champions League steht.

Im August steht nun die Entscheidung in der Königsklasse an, in einem Turnier in Lissabon wird der Sieger ausgespielt. Gosens, dessen Liga die meisten Spiele in Europas großen Fußball-Nationen aufzuholen hatte, sagte dazu also im Juni: "Wir sind sicherlich im Vorteil, was den Rhythmus betrifft. Aber ich würde nicht so weit gehen, dass wir deshalb Favorit sind." Gosens lachte. Er meinte diesen Satz eher als Witz. Atalanta gilt ja allein aufgrund seines Namens und seiner Historie als krasser Außenseiter im Teilnehmerfeld. Das Team selbst hat nicht einmal ein Champions-League-taugliches Stadion und trat in dieser Saison in Mailand an.

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Doch wenn man sich die Leistungen von Gosens' Mannschaft, dem Tabellendritten in Italien, nach der Corona-Pause ansieht, dann ist der Gedanke vom Favoriten Atalanta gar nicht mehr so abwegig. Von neun Partien seit der Unterbrechung hat die "Dea", Göttin, wie sie den Klub in Italien nennen, sieben gewonnen und keine verloren. Lediglich bei Hellas Verona (1:1) am Samstagabend und Juventus Turin (2:2) vor einer Woche spielten sie Remis - allerdings musste sich der Rekordmeister Juve mit zwei Elfmetertoren von Cristiano Ronaldo zum Unentschieden retten. "Atalanta hat den Mut, die Königin anzugreifen und hätte eigentlich mehr verdient. Juve rettet sich dank seines Killers Ronaldo", schrieb die Zeitung Corriere della Sera. Das Team der Stunde in Europa heißt Atalanta Bergamo mit 23 Punkten aus neun Partien - und es marschiert weiter.

Viertelfinal-Gegner Paris spielte die letzte Pflichtpartie im März

Daher kommt die von Gosens angesprochene Sache mit dem Rhythmus den Norditalienern eben auch entgegen. Keine nationale Liga spielt in diesem Sommer so lange wie die Serie A. Während die Bundesliga ihren Abschlussspieltag bereits am 27. Juni austrug, Spaniens erste Liga an diesem Wochenende endet und Englands Premier League in einer Woche, hören die Italiener erst am 2. August auf. Bis zum ersten Turnierspiel der Bergamaschi in Lissabon sind es dann gerade einmal noch zehn Tage. Zum Vergleich: Der Viertelfinal-Gegner Paris Saint-Germain - mit Neymar und Mbappé eigentlich turmhoher Favorit - absolvierte sein letztes Pflichtspiel wegen des Liga-Abbruchs in Frankreich gar im März.

Aufgrund dieser Umstände könnte die Göttin gar als heimlicher Favorit zum ersten Spiel nach Lissabon reisen. Ihr Tempofußball unter Gasperini mit den offensiven Außenverteidigern Hans Hateboer und Gosens (neun Tore, acht Vorlagen) ist mittlerweile auch gefürchtet in Europa. Keine Mannschaft kickt in der Serie A annähernd so effektiv wie Bergamo: mindestens 94 Tore in einer Spielzeit hat in den vergangenen 50 Jahren lediglich der SSC Neapel einmal erzielt (95 in 2016/17). Atalanta hat nun noch vier Spiele, diese Marke zu übertreffen. Das zweitstärkste Team Inter Mailand traf in der aktuellen Saison übrigens gerade einmal 72 Mal.

Bergamo produziert solch schwindelerregende Zahlen im Catenaccio-Land, dass der frühere Trainer der AS Roma, Zdenek Zeman, sich bei Italiens Radiosender "Rai 1" vor einigen Tagen sogar etwas misstrauisch äußerte. Es sei "merkwürdig", dass Atalanta so viel laufe auf dem Platz, "wenn man bedenkt, dass sie aus Bergamo kommen, wo es große Probleme mit dem Virus gegeben hat", sagte Zeman. Verdachtsmomente für unerlaubte Leistungsförderung in Bergamo gibt es allerdings nicht.

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