Arsenal-Sieg über Bayern:England staunt über Aliens

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Erlebt seine wohl beste Zeit in London: Mesut Özil. (Foto: REUTERS)
  • England staunt nach Arsenals 2:0-Erfolg gegen die Bayern über den "zerbrechlichen, außerirdischen" Mesut Özil.
  • der Münchner Torwart wird mit Häme überschüttet: "Vielleicht ist Manuel Neuer doch nicht der beste Torhüter der Welt."
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Von Jonas Beckenkamp, London

Die Stadt London hatte sich in den vergangenen Tagen verdächtig herausgeputzt, es war geradezu trügerisch schönes Wetter in der britischen Hauptstadt. Dann folgte ein Sturm namens Arsenal und als der vorüberzog, kehrte endlich etwas Normalität ein. Nieselregen jener feinen Sorte, der einem bis unter die Hutkrampe tropft - "it's raining cats and dogs", wie die Engländer sagen, und zwar den ganzen Tag.

Den Angestellten des FC Arsenal wird das egal sein, für ihren Klub ist dieser tiefgraue Herbsttag wohl der angenehmste der bisherigen Saison.

Das 2:0 der Nord-Londoner gegen die Bayern in der Champions League befeuert einen Stimmungsaufschwung, der bei den "Gunners" seit Wochen Einzug gehalten hat. Man könnte sagen: Arsenal fühlt sich nach Monaten des Haderns endlich wieder wie ein echter Spitzenklub. Und weil Per Mertesacker der Kapitän dieser Mannschaft ist, hallen nun seine schwärmerischen Worte aus dieser Nacht nach: "Das hat so keiner von uns erwartet", sagte der deutsche Weltmeister vor dem Kabinengang in geschliffenem BBC-Englisch, "es hat alles zusammengepasst, aber Du brauchst so einen Tag, um Bayern zu schlagen."

Mertesacker sprach nicht nur wie ein Engländer, er spielte auch wie einer: kompromisslos, zweikampfsicher, kopfballungeheuerlich. Er geht bislang als einer der wenigen Verteidiger in die Geschichte des Sportjahres 2015 ein, gegen den Robert Lewandowski nicht fünf Tore schoss. Bayerns Pole schoss nicht mal einen Treffer - und das lag an der Ordnung, die Trainer Arsène Wenger seinem Team mitgegeben hatte. Hinten warfen sich die Londoner enthusiastisch in jeden Ball, vorne starteten Mesut Özil, Alexis Sanchez und Theo Walcott zumindest eine Halbzeit lang bei jeder Gelegenheit das Konter-Inferno.

Bayern-Niederlage bei Arsenal
:"Wir sind in big trouble"

Der FC Bayern erlebt beim 0:2 gegen Arsenal Unerhörtes: Die erste Niederlage nach zwölf Siegen in Serie. Trainer Guardiola wähnt sein Team in großen Schwierigkeiten.

Von Jonas Beckenkamp

Vieles wirkte wie beim BVB in seiner besten Phase unter Jürgen Klopp: Überfallfußball mit System. "Wir mussten unbedingt gewinnen und haben es heute mit viel Aufwand und Disziplin geschafft", sagte Wenger, "Bayern hatte häufiger den Ball, aber wir wollten sie im Umschaltspiel schlagen." Das gelang trefflich, weil Özil einen dieser Tage erwischte, an denen er "wie ein blitzgescheiter Mechaniker die Zahnräder schmiert", wie der Guardian in einer ausführlichen Ode an den Deutschen berichtete. Mit seinem Tor zum 2:0 rief sich Özil, dieses "zerbrechliche, außerirdische Prinzlein", vielen Menschen auf der Insel wieder ins Gedächtnis.

Ausgerechnet gegen die Bayern, gegen die er vor 18 Monaten beim 0:2 im Champions-League-Achtelfinale seinen Moment maximalen Abtauchens erlebt hatte. Doch England wundert sich nicht nur über den wiedererstarkten Özil - sondern auch über Manuel Neuer. Dessen Wahnsinns-Paraden hatten zunächst die Furcht vor der Unüberwindbarkeit deutscher Keeper genährt, ehe der Weltmeister dann böse danebengriff.

Von einem "Horror-Fehler" war zu lesen, die Times sah gar Neuers "Weltklasse-Leistung ruiniert". Und der Independent mutmaßt: "Vielleicht ist Manuel Neuer doch nicht der beste Torhüter der Welt."

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:Der Gepard patzt

Woher kommt dieser Arm? Einerseits einsame Weltklasse, andererseits Torverschulder - vier Aktionen des Bayern-Torwarts Manuel Neuer in London werden in Erinnerung bleiben.

Besonders eindringlich beschäftigen sich die Blätter mit der gut-schlecht-Dialektik des Bayern-Torwarts. Seine Jahrtausendabwehr gegen Walcotts Kopfball bewundern die Briten, seinen Blindflug beim 0:1 kommentieren sie hämisch: "Neuer stellte die Gesetze der Physik auf den Kopf, aber die Triumphgesänge auf seine Brillanz lagen am Ende in Trümmern", schreibt die Daily Mail, während der Daily Mirror feststellte: "Manuel Neuer frustrierte die Gunners - doch plötzlich verhielt er sich, als wäre er sein eigener Namensvetter und würde in einem Hotel in Torquay kellnern."

Der Aushilfsjob in dem südenglischen Badeort (ja, so was gibt es) dürfte dem Münchner immerhin erspart bleiben. Und insgeheim wären die Briten natürlich nur froh, wenn es im Königreich einen so reaktionsstarken Torwart gäbe wie Neuer. Mit der Häme ist es nämlich wie mit dem Wetter: trügerische Sache.

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