American Football:Zügige Bauarbeiten

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"Wir sind ein bisschen undersized": Nadine Nurasyid sieht noch Mängel im Cowboys-Kader. (Foto: Claus Schunk)

Die erste Cheftrainerin in der German Football League hat ihre Feuertaufe überstanden: Nadine Nurasyid gewinnt zum Auftakt mit den Munich Cowboys.

Von Christoph Leischwitz , München

Das Adrenalin setzte lange nach dem Spiel erst so richtig ein bei Nadine Nurasyid, die Trainerin der Munich Cowboys schlief deshalb nach ihrem ersten Spiel als Headcoach nicht besonders gut. Wenigstens musste sie sich aber nicht auch noch mit Albträumen herumwälzen. Die ersten acht Spielminuten der neuen Football-Bundesliga-Saison verliefen zwar alles andere als gut, aber davon ließ sich niemand aus der Ruhe bringen. So stand am Schluss ein 19:7-Auftaktsieg gegen die Marburg Mercenaries auf der Anzeigetafel des Dantestadions, dort, wo mittlerweile eigentlich ein Video-Screen angebracht sein sollte. Der von der Stadt München geplante Umbau des 94 Jahre alten Stadions wurde coronabedingt verschoben. Dafür sind die Cowboys selbst zurzeit eine Baustelle, aber am Samstagnachmittag zeigte sich, dass es dort recht zügig vorangeht.

Im ersten Viertel gegen die Hessen musste man sich kurz Sorgen machen, ob das Saisonziel - Playoffs erreichen, und zwar möglichst mit Heimrecht - nicht ein bisschen zu hoch gegriffen war. Aaron Seward, der Runningback der Mercenaries, machte mit der Cowboys-Abwehr, was er wollte, prompt gingen die Gäste auch 7:0 in Führung. "Da haben sie uns einmal übers Feld geprügelt", analysierte Nurasyid, die ihre Mannschaft allerdings auf solch eine Situation eingestellt hatte. Lasst sie mal machen, hatte sie sinngemäß gesagt, dann reagieren wir adäquat darauf.

Auffällig war, dass die Cowboys viel weniger Raumstrafen kassierten als in den Jahren zuvor

Somit hat auch die erste Cheftrainerin in der German Football League (GFL) ihre Feuertaufe überstanden. Es habe eine Weile gedauert, die Schwächen der gegnerischen Offensive zu erkennen. Diese, sagt Nurasyid, sei dann auch "recht schnell berechenbar" geworden. Dass die Cowboys an der Seitenlinie fähig sind, zu improvisieren, war nicht die große Überraschung. Nurasyid, die zugleich verantwortlich ist für die gesamte Defensive, verfügt trotz ihrer 36 Jahre schon über rund 20 Jahre Coaching-Erfahrung. Beachtenswert war allerdings, dass der völlig neu zusammengestellte Trainerstab die Ruhe bewahrte und wegen des lange währenden Rückstands nicht in Aktionismus verfiel. Auffällig war, dass die Cowboys zum Auftakt viel weniger Raumstrafen kassierten als in den Jahren zuvor, und das, obwohl es nicht einmal ein Vorbereitungsspiel gab.

Die neue Offensive der Cowboys wird offenkundig auch von einem recht kühlen Kopf angeführt. Wyatt Smith ließ sich sehr viel Zeit mit spektakulären Pässen, doch im Schlussviertel brachte er sie doch noch an. Der erste Touchdown der Saison gelang einem Erstliga-Debütanten, Felix Wenz, der für den verletzten Brandon Watkins die Bälle trug. Der zweite dann Luca Salvo, einem Passempfänger aus der eigenen Jugend, nach einem Sprint über 79 Yards.

"Seine Stärke sind seine Augen", sagt Nurasyid über den neuen Quarterback Wyatt Smith

"Er ist kein Typ, der zur Panik neigt", sagt Nurasyid mit einem Schmunzeln über den neuen US-amerikanischen Quarterback Smith. Zwar ist der Spielmacher aus Oregon nicht der überragende Athlet, der regelmäßig auch noch Ballträger-Aufgaben übernimmt, wie es im Profi-Football mittlerweile gern gesehen ist. "Seine Stärke sind seine Augen", sagt Nurasyid über Smith; Pässe in die Arme des Gegners dürften ihm demnach selten widerfahren. Seine Eltern waren am Samstag auch unter den gut 1000 Zuschauern, um zu sehen, ob ihr Sohn bei seinem Europa-Debüt die Nerven bewahren würde.

Grund für schlaflose Nächte gibt es also erst einmal nicht bei den Cowboys, Probleme gibt es allerdings auch auf dem Weg zur Spitzenmannschaft. "Wir sind ein bisschen undersized", sagt Nurasyid, also insgesamt zu klein und zu schmächtig, es fehlen vor allem schwere Spieler, als Abräumer an der Linie. Davon, dass die künftigen Gegner Albträume bekommen, sind die Cowboys im Moment schon noch recht weit entfernt.

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