Gladbacher Erfolg in der Europa League:Heilender Sieg gegen die Borussia-Krise

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So müsste Borussia Mönchengladbach auch in der Bundesliga spielen: Beim sicheren 2:0 gegen Olympique Marseille zeigt die Elf von Trainer Favre, dass sie es viel besser kann als zuletzt gezeigt. Der VfB Stuttgart rennt gegen den FC Kopenhagen lange an, doch trotz einiger guter Chancen gelingt kein Erfolg.

Borussia Mönchengladbach kann es also doch, dabei waren zuletzt Zweifel aufgekommen: Ist diese umgebaute Mannschaft, die in der Bundesliga vor sich her kriselt überhaupt gut genug für den europäischen Fußball? In den ersten beiden Partien der Europa League war sie es nur bedingt - nur ein Punkt war herausgesprungen. Doch an diesem Abend wurde alles besser. Die Mannschaft von Trainer Lucien Favre feierte am dritten Spieltag mit dem 2:0 (1:0) gegen Olympique Marseille den ersten Sieg und zog mit dem neunmaligen französischen Meister in der Tabelle der Gruppe C mit vier Zählern gleich.

Die Borussia holte sich mit dem zweiten Erfolgserlebnis in den vergangenen zehn Spielen zugleich Selbstvertrauen für den weiteren Verlauf in dieser Saison, die nach dem Abgang im Sommer von Marco Reus bislang so enttäuschend verlief. Am Sonntag steht zunächst das schwere Auswärtsspiel bei Hannover 96 an. Kapitän Filip Daems brachte seine Elf vor 45.000 Zuschauern im Borussia-Park mit einem verwandelten Handelfmeter (33.) in Führung, Peniel Mlapa traf knapp eine Minute nach seiner Einwechslung in seinem zweiten Pflichtspieleinsatz für die Gladbacher zum 2:0 (65.).

"Jetzt ist alles offen, wir müssen zu Hause gegen Limassol gewinnen. Jetzt kommt die Meisterschaft, aber es war schön heute. Es war schwer, aber wir haben intelligent verteidigt. Das 1:0 hat uns Selbstvertrauen gegeben," sagte Trainer Favre. "Wenn wir noch eine Chance haben wollten, mussten wir heute gewinnen", sagte erklärte Torschütze Daems.

Am 8. November tritt Mönchengladbach bereits wieder in Marseille an und kann im Kampf um die ersten beiden Plätze und das Weiterkommen den nächsten Schritt machen. Für den Weg aus der Misere nahm Trainer Favre eine Änderung gegenüber dem 0:4 bei Werder Bremen vor. Für Granit Xhaka kam Patrick Herrmann ins Spiel und spielte zentral hinter der Spitze Luuk de Jong. Das Leichtgewicht sollte ein wenig die Rolle übernehmen, die Reus in der vergangenen Saison noch so prächtig ausgefüllt hatte. Das Bemühen war Herrmann nicht abzusprechen, er war viel in Bewegung, konnte aber kaum für Gefahr sorgen.

Herrmann und seine Kollegen taten sich gegen die international erfahrenen Südfranzosen sehr schwer. "OM", das am Wochenende durch ein 0:1 beim Schlusslicht ES Troyes die Spitzenposition abgab und Torjäger Andre-Pierre Gignac durch Verletzung verlor, spielte sehr routiniert und nutze die Nervosität der Gastgeber zu Ballgewinnen. Daraus ergaben sich auch Chancen. Loic Remy scheiterte nach einer langen Flanke mit einem Schuss aus acht Metern an Nationaltorhüter Marc-Andre ter Stegen (13.) und verfehlte wenig später nach einer Ecke von Mathieu Valbuena per Kopf nur haarscharf das Tor (15.). Erst eine Standardsituation brachte erstmals Gefahr für das Tor von Marseille.

Einen Freistoß von Juan Arango parierte Olympique-Torwart Steve Mandanda noch, doch einen nachfolgenden Seitfallzieher von Harvard Nordtveit bekam Charles Kabore im Strafraum an die Hand. Der belgische Schiedsrichter Serge Gumienny zeigte sofort auf den Punkt, Kapitän Filip Daems verwandelte auch den elften Strafstoß im Gladbacher Trikot. Danach kehrte ein wenig mehr Sicherheit ins Gladbacher Spiel. Wermutstropfen war allerdings die frühe Auswechslung von Tony Jantschke (35.), der bei einem Zweikampf den Fuß von Lucas Mendes ins Gesicht bekam. Zwtl: Marseille drückt zu Beginn der zweiten Hälfte Der zweite Durchgang begann dann aus Sicht der Gastgeber wieder wackelig.

Viele unnötige Ballverluste ermöglichten den Franzosen die ersten Möglichkeiten. So erreichte ter Stegen gerade noch rechtzeitig den Ball vor dem heranstürmenden Remy (52.). Dann strich ein Kopfball von Rod Fanni nur knapp über das Tor (54.), und Jordan Ayew prüfte danach ter Stegen (55.). Trainer Favre lief unruhig und gestikulierend in seiner Coaching Zone herum, denn in dieser Phase drückte Marseille auf den Ausgleich und schnürte die Gastgeber hinten rein. In der 65. Minute kommt dann Mlapa für den verletzten de Jong zu seinem zweiten Einsatz.

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Und schon eine Minute später bedankte sich der U21-Nationalspieler für das Vertrauen: Nach einem gewonnen Zweikampf im Mittelfeld zog Mlapa aus über 20 Metern ab und traf ins rechte, untere Ecke zur viel umjubelten Entscheidung. Beinahe hätte er wenig später noch einmal nachgelegt, doch sein Schuss ging aus kurzer Distanz über das Tor (72.). Am Ende war es ein etwas glücklicher, aber nicht unverdienter Sieg für die Gladbacher, da die Gäste nach dem zweiten Gegentor aufsteckten.

Auch der VfB Stuttgart hatte in der Europa League eigentlich gehörige Ambitionen. Die nächste Runde sollte es für die Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia schon sein, so der Anspruch der Schwaben. Doch das könnte schwer werden. Der Bundesligist musste sich am Donnerstag im Heimspiel gegen den FC Kopenhagen nach einer enttäuschenden Vorstellung mit einem 0:0 begnügen und bleibt mit jetzt zwei Punkten Tabellenletzter in seiner Gruppe. Als einziger deutscher Klub konnte der VfB in dieser Woche sein internationales Spiel nicht gewinnen.

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Labbadia musste nach dem 1:0-Sieg in Hamburg seine Anfangsformation auf einer Position umstellen. Für den am Oberschenkel verletzten Linksverteidiger Arthur Boka (Risswunde) spielte Cristian Molinaro von Beginn an. Dass es sich um einen Auftritt im Europapokal handelte, wurde an diesem Abend in erster Linie dadurch ersichtlich, dass in dem FC Kopenhagen der neunmalige dänische Meister zu Gast in der Arena war. Sonst war die Stimmung wenig feierlich, sogar richtig trist. Das Stadion war mit 15.300 Besuchern nicht einmal zu einem Drittel gefüllt. Und so fehlte auch den Spielern die Leidenschaft, die sie in Hamburg noch auszeichnete.

Die Stuttgarter spielten couragiert, aber gleichzeitig auch schlampig und unkonzentriert. Gegen die sehr gut organisierten Gäste fehlte das Tempo in der Vorwärtsbewegung, das überraschende Moment, der letzte Pass, um die Dänen in Verlegenheit zu bringen. Auffälligster Spieler in der Anfangsphase war noch Linksaußen Ibrahima Traore. Er dribbelte, er rannte, doch auch seinen zum Teil sehenswerten Aktionen fehlte die Effizienz. So war es nicht weiter verwunderlich, dass dem Nationalspieler Guineas der einzige Torschuss der ersten Hälfte gelang.

"Ich vermisse die Inspiration im Spiel nach vorne", lautete daher der wenig überraschende Kommentar von VfB-Sportdirektor Fredi Bobic in der Pause am Sky-Mikrofon: "Wir haben zu wenig getan, um in Führung zu gehen." Das sah Labbadia offenbar ähnlich. Der Fußballtrainer ließ den etwas müde wirkenden 19 Jahre alten Raphael Holzhauser in der Kabine und brachte in Tunay Torun einen offensiveren Spieler.

Und der Deutsch-Türke stand in der 48. Minute gleich im Blickpunkt. Nach einem Schuss von Vedad Ibisevic aus der Drehung konnte Kopenhagens Torhüter Johan Wilan den Ball nicht festhalten, Torun wollte abstauben, doch er fiel nach einer leichten Berührung mit dem Keeper wohl einen Tick zu theatralisch. Statt Elfmeter für den VfB zeigte Schiedsrichter Artur Soares (Portugal) dem Stuttgarter die Gelbe Karte. Es blieb der Höhepunkt in einer Partie, die wenig rassige Szenen hatte.

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Die Stuttgarter rannten zwar immer wieder in Richtung Kopenhagener Tor. Doch wie schon in der ersten Hälfte fiel den VfB-Profis nichts Kreatives ein, um die starke Verteidigung in Kalamitäten zu stürzen. Im Gegenteil, die Dänen tauchten sogar mal im gegnerischen Strafraum auf. Eingreifen musste VfB-Torhüter Sven Ulrich allerdings nicht. So blieb es beim 0:0, was für die Schwaben eigentlich viel zu wenig ist.

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