3. Spieltag der Champions League:Dortmund streikt, Leverkusen beweist Moral

Lesezeit: 5 min

Der Deutsche Meister Borussia Dortmund ist beim 1:3 in Piräus ohne Chance und steht vor dem Aus in der Champions League. Bayer Leverkusen dagegen schafft gegen Valencia eine wundersame Wende. Nach 30 Prozent Ballbesitz in der katastrophalen ersten Hälfte gelingen den Rheinländern kurz nach der Halbzeit zwei Tore - in nur 190 Sekunden.

Von dieser Reise ans Meer hatte sich Borussia Dortmund so viel versprochen, zumindest ein Pünktchen sollte es werden im dritten Champions-League-Spiel des deutschen Meisters beim griechischen Titelträger Olympiakos Piräus. Anderenfalls, so hatte Klubgeschäftsführer Hans-Joachim Watzke kurz vor der Partie geäußert, gehe es nur noch um den dritten Rang in der Gruppe. Doch das, was nicht eintreffen sollte, geschah in den Hafenstadt, 1:3 (1:2) verlor die Borussia nach einer insgesamt enttäuschenden Leistung - sie hat damit nur noch theoretische Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale und muss sogar am Überwintern in der Europa League zweifeln . "Piräus wirkte galliger und giftiger", sagte ein ernüchterter Sportchef Michael Zorc, "wir müssen alle Kritik, die da uns einprasseln wird, akzeptieren."

Mats Hummels im Kampf um den Ball. Er hat ihn gegen Piräus zu oft verloren. (Foto: dpa)

Piräus ist am Mittwoch grundsätzlich ein ungemütlicher Ort gewesen, nur wenige Stunden nach den Massenprotesten und Krawallen in der Athener Innenstadt musste die Borussen in die traditionell aufgeheizte Atmosphäre des Karaiskakisstadions ein kleines Endspiel bestreiten. Aber BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte die Zustände und Stimmungen im Land schon vor dem Anpfiff nicht als mögliche Ausrede für einen Misserfolg gelten lassen wollen: "Ehrlich gesagt gar nix", antwortete er da auf Fragen, ob seine junge Mannschaft von den Unruhen etwas mitbekommen habe. "Und wir verstehen ja nicht, was die Fans auf den Rängen rufen. Außerdem spielen wir gerne Fußball, wenn es rundherum ein wenig lauter ist", sagte Klopp.

Der frühere Löwe Holebas trifft

Es waren in der Tat altbewährte Probleme, welche die Borussia in dieser Saison beschäftigen - und die ihnen nun auch in Piräus das Leben schwermachten. Dass sie etwa zu wenige Chancen nutzt, belegte sie schon nach 20 Sekunden, als Shinji Kagawa im Strafraum zu lange zögerte beim Abschluss. Fünf Minuten später schlenzte der Japaner den Ball freistehend über Torhüter Franco Constanzo - aber auch über das Tor.

Piräus dagegen konterte und wartete auf Fehler der BVB-Deckung, die sich schon zuletzt beim 0:3 in Marseille mit stümperhaften Fehlern und Ausrutschern selbst bloßgestellt hatte. Und nicht anders kam Piräus an die 1:0-Führung, als die Gäste einen gewissen José Holebas wohl nicht richtig ernst nahmen: Dessen prächtige Kopfballabnahme nach hoher Flanke ließ Torwart Roman Weidenfeller nicht das letzte Mal laut zetern über die Vorderleute (8.).

Für Holebas dagegen ist das eine schöne Sache gewesen, denn er ist Deutscher, stammt aus Aschaffenburg und wechselte im Rahmen der jetzt schon legendären Eigengewächs-Veräußerung des Münchner Zweitligisten TSV 1860 zur vorigen Saison nach Piräus. Als der inzwischen 27-jährige Mittelfeldspieler dort gleich Meister wurde, haben die Löwen noch einige Euro kassiert. Das war natürlich klasse, doch am Mittwochabend werden sie daheim ungläubig gestaunt haben.

In einer offenen Partie drängte Dortmund nach dem Rückstand weiter auf den Torerfolg, auch Piräus' Abwehr offenbarte einige Lücken. Die Vorlage zum Ausgleich lieferte Mario Götze, der über rechts nach vorne stieß und mit seiner flachen Hereingabe Robert Lewandowski fand - der polnische Stürmer erzielte mit einem trockenen Schuss ins Eck von der Strafraumgrenze das angemessene 1:1 (26.). Dortmund spürte jetzt, dass auch hier etwas möglich war. Doch Torhüter Constanzo parierte mehrfach blendend, vor allem Ivan Perisic forderte ihn einmal aus kurzer Distanz heraus. Kagawa dagegen fehlte beim Abschluss erneut die Präzision, die ihn voriges Jahr bis zu seiner schweren Fußverletzung ausgezeichnet hatte.

Und so kam, was irgendwie kommen musste: Die BVB-Deckung stümperte und rutschte - und lud den Gegner zum nächsten Treffer ein: Nachdem zuletzt Neven Subotic mehrfach wie ein angetrunkener Eisläufer im ungeeignetsten Moment auf dem Hosenboden gelandet war, rutschte diesmal Kollege Mats Hummels im Zweikampf aus, auch Weidenfeller sah beim Schuss von Rafik Djebbour schlecht aus (40.) - das 1:2.

Wer nach der Pause einen Sturmlauf der Borussia erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht. Von meisterlichem Elan und Drang zum Tor war nun kaum noch etwas zu sehen bei Dortmund, Piräus kontrollierte das Geschehen gegen die ideenlos und nicht robust genug agierenden Gäste recht sicher. Holebas konnte dann einen alten Münchner Weggefährten begrüßen, das einstige Löwen-Talent Moritz Leitner kam nach knapp einer Stunde für den schwachen BVB-Regisseur Ilkay Gündogan. Holebas spielte aber weiterhin auffälliger als die Landsleute und bejubelte schließlich die Entscheidung: Der Franzose Francois Modesto durfte nach einem Freistoß zum 3:1 (79.) einköpfen; es sah aus, als sei die Abwehr endgültig in einen Generalstreik getreten, und Klopp meinte bedient: "Dass jede Chance bei uns ein Tor ist, ist Quatsch."

(SZ vom 20. Oktober 2011)

Özil und Khedira treffen gegen Lyon
:Königliche Deutsche

Real Madrid gewinnt, die Tore machen die DFB-Spieler: Beim 4:0 der Spanier gegen Lyon gelingt Sami Khedira sein erster Pflichtspiel-Treffer für den Hauptstadtklub -auch Mesut Özil ist erfolgreich. Manchester City hat gegen Villarreal lange Probleme, doch dann beschert Maradonas Schwiegersohn den Engländern einen umjubelten Sieg.

Bildern

Eine Halbzeit lang vorgeführt, dann Moral bewiesen: Bayer Leverkusen hat nach einer kaum für möglich gehaltenen Steigerung das Tor zum Champions-League-Achtelfinale aufgestoßen. Die Elf von Trainer Robin Dutt kam nach Treffern von André Schürrle und Sidney Sam zu einem 2:1 (0:1)-Sieg über den FC Valencia und festigte mit sechs Punkten den zweiten Tabellenplatz in Gruppe E. Damit liegt Bayer vor dem Rückspiel in 14 Tagen vier Punkte vor dem vermeintlich härteste Rivalen um den zweiten Platz.

Champions League
:Leverkusen tölpelt, Leverkusen siegt

Bayer Leverkusen präsentiert sich gegen den FC Valencia anfangs desaströs - hat in der zweiten Hälfte aber plötzlich Ballbesitz und nutzt den auch. Gruppengegner Chelsea siegt durch einen extravaganten Mittelfeldspieler und einen überraschend treffsicheren Torres. In der Dortmund-Gruppe braucht Arsenal London 92 Minuten für einen Treffer.

Innerhalb von fünf Minuten stellten Schürrle (52. Minute) und Sam (56.) mit ihren Treffern den Spielverlauf komplett auf den Kopf. Fast die gesamte erste Halbzeit war Bayer vom sechsmaligen spanischen Meister vorgeführt worden und durch einen Treffer von Jonas (24.) völlig verdient in Rückstand geraten. Doch im zweiten Durchgang kam Leverkusen wie verwandelt aus der Kabine und zeigte alle Tugenden wie Kampf und Laufbereitschaft und Torgefährlichkeit, die sie zuvor über weite Strecken hatten vermissen lassen.

Danach hatte es zunächst nicht ausgesehen. Wie schon beim schmeichelhaften 2:2 in Mönchengladbach am vergangenen Samstag agierten die Rheinländer plan- und ideenlos. Die Hintermannschaft um die hoffnungslos überforderten Stefan Reinartz und Ömer Toprak war total verunsichert. So entwickelte sich in den ersten 30 Minuten ein Fehlpass-Festival bei den Gastgebern, die kaum aus der eigenen Hälfte hinauskamen. Bei den Spaniern lief dagegen der Ball gut in den eigenen Reihen. Zwischenzeitlich hatte Valencia einen Ballbesitz-Anteil von 70 Prozent.

So brannte es bei den ersten gefährlichen Aktionen von Valencia durch Torjäger Roberto Soldado (6. und 11.) und Pablo Hernandez (7.) mehrmals lichterloh im Bayer-Strafraum. Es dauerte es nicht lange, bis die ersten Pfiffe und "Sami-Hyypiä"-Rufe zu hören waren. Doch eine Reaktion gab es von den Leverkusenern zunächst nicht, vielmehr verpasste Soldado mit einem Pfostenschuss die längst überfällige Führung des zweimaligen Finalisten (20.) aus Spanien.

Dafür sorgte dann aber vier Minuten später Jonas, der nach dem x-ten Schnitzer von Reinartz mustergültig von Soldado bedient worden war. Auch in der Folgezeit sahen die Zuschauer fast ausschließlich Einbahnstraßen-Fußball. So war es Nur dem erneut starken Schlussmann Bernd Leno war es zu verdanken, dass Leverkusen nur 0:1 zurücklag, unter anderem mit Paraden gegen Jonas und Hernandez (32.).

Die Leverkusener gaben erst gegen Ende der ersten Halbzeit ein Lebenszeichen ab, als Andre Schürrle mit einem 22-Meter-Schuss den gegnerischen Torhüter Diego Alves prüfte (39.). Bei der anschließenden Ecke war der Valencia-Keeper bei einem Kopfball von Michael Ballack erneut zur Stelle, scheiterte aber ebenfalls an Valencias Keeper.

Zur zweiten Halbzeit erlöste Dutt dann Reinartz und brachte Manuel Friedrich. Plötzlich gingen die Leverkusener aggressiv zu Werke und wurden dafür gleich belohnt. Nach einem Zuspiel von Michal Kadlec traf Schürrle zum Ausgleich.

Die Spanier wurden in dieser Phase geradezu überrumpelt. Hatte Bender mit einem abgefälschten Schuss noch Pech (54.), machte es Sam nach einem Traumpass von Ballack besser (56.). Danach verwalteten die Leverkusener die Führung und wirkten sogar in der Defensive gefestigt.

(dapd)

© SZ vom 20.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: