22. Spieltag der Bundesliga:Elfmeter-Slapstick in Nürnberg

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Domi Kumbela: einer von drei Spielern, die vom Elfmeterpunkt scheiterten (Foto: dpa)

Das gab's noch nie: Beim 2:1 des 1. FC Nürnberg gegen Eintracht Braunschweig treten drei Schützen zum Elfmeter an - alle drei scheitern. Der VfB Stuttgart verliert gegen Hertha BSC das siebte Spiel in Serie. Augsburg dreht die Partie in Freiburg

1. FC Nürnberg - Eintracht Braunschweig 2:1 (0:1)

Durch einen Blitzstart nach der Pause und mit einem überragenden Raphael Schäfer im Tor hat sich der 1. FC Nürnberg erstmal seiner größten Abstiegssorgen entledigt. Zwei Treffer binnen zwei Minuten sicherten den Franken am Samstag beim 2:1 (0:1) gegen Eintracht Braunschweig den vierten Sieg nach der Winterpause in der Fußball-Bundesliga. Hiroshi Kiyotake (46. Minute) und Tomas Pekhart (47.) drehten einen zwischenzeitlichen Rückstand noch um. Große Nervenstärke und Klasse im Kellerkrimi bewies Keeper Schäfer, der gleich zwei Foulelfmeter der Eintracht (40./63.) hielt. Braunschweigs Domi Kumbela (34. Minute) hatte zunächst vorgelegt in einem turbulenten Duell zweier potenzieller Zweitliga-Kandidaten, die sich auf Augenhöhe begegneten.

Anders als zuletzt ließ der FCN seine Durchschlagskraft anfangs völlig vermissen - und war geschwächt nach der roten Karte gegen Innenverteidiger Per Nilsson (32.), der wegen einer Notbremse früh vom Platz musste. Mit fulminanter Willensstärke und dank Schäfer gelang die Wende. Der FCN verpasste es sogar, Mitte der zweiten Halbzeit nachzulegen, da auch Kiyotake (68.) vom Elfmeterpunkt scheiterte.

Erstmals überhaupt seit dem Rückrundenstart im Januar waren die Nürnberger als Favoriten in ein Bundesligaspiel gegangen - und wurden den gewachsenen Ansprüchen zunächst gar nicht gerecht. Vor 36.657 Zuschauern überließen die Gastgeber dem Langzeit-Tabellenletzten weitgehend das Spiel. Einen ersten guten Angriff über Havard Nielsen (14.) konnte FCN-Torwart Raphael Schäfer noch vereiteln, knapp 60 Sekunden später verzog Kumbela freistehend. Die Nürnberger waren häufiger am Ball, nach vorne aber bis auf einen Distanzschuss des Japaners Kiyotake (24.) in Halbzeit eins recht harmlos.

Besser machte es die Eintracht, die von Nilssons berechtigter roten Karte profitierte. Nach einem Steilpass rempelte der Schwede Braunschweigs Nielsen kurz vor dem Strafraum um, nur zwei Minuten später nutzten die Niedersachsen die Nürnberger Verunsicherung zur Führung: Nach einem Eckball von Norman Theuerkauf köpfte Kumbela aus kurzer Distanz nahezu ungestört ein. Die fränkische Fehleranfälligkeit unterstrich kurz vor der Pause Mike Frantz, der als letzter Feldspieler den Ball an Kumbela verlor und Schäfer zum Eingreifen zwang. Der Torwart erwischte Braunschweigs brandgefährlichen Stürmer - und hatte Glück, nicht auch noch die rote Karte zu kassieren. Den unplatziert geschossenen Elfmeter des Kongolosen parierte Schäfer allerdings stark (40.).

Das vereitelte 0:2 schien ungekannte Kräfte bei den Nürnbergern freizusetzen. Nur Sekunden nach dem Wiederanpfiff traf Kiyotake aus 20 Metern, eine knappe Minute später schoss Pekhart aus halbrechter Position ein. Braunschweig reagierte zunächst geschockt, dann angestachelt: Nach einem Foul von Javier Pinola an Nielsen zeigte Referee Daniel Siebert wieder auf den Elfmeterpunkt - und wieder rettete Schäfer, diesmal gegen Ermin Bicakcic. Auf der Gegenseite gab's kurz darauf den dritten Strafstoß - diesmal für Nürnberg, verschossen von Kiyotake. Dennoch brachte der FCN das 2:1 mit viel Kampfkraft über die Zeit.

Die Krise des VfB Stuttgart hat eine historische Dimension erreicht. Gegen Hertha BSC verlor die Mannschaft von Trainer Thomas Schneider mit 1:2 (1:1) und zum siebten Mal nacheinander. Damit stellte der VfB den Vereinsnegativrekord aus der Saison 1986/87 ein - und auch der Druck für den Coach wird immer größer. Die Berliner setzen dagegen ihre bemerkenswerte Spielzeit fort und schnuppern an den Europapokalplätzen. Sandro Wagner (88.) erzielte das Siegtor für den Hauptstadt-Klub. Wenig später sah er die gelb-rote Karte (90.+2).

Frühzeitig mussten die Stuttgarter, die bis Ende März nur noch gegen unmittelbare Konkurrenten spielen, einen Rückschlag verkraften. Nach einem schweren Fehler von Arthur Boka legte Adrian Ramos kurz zurück auf den aufgerückten Lewan Kobiaschwilli (5.), der mit rechts flach ins linke Eck zu seinem ersten Saisontor traf. In der 45. Minute machte Boka ebenso mit dem ersten Saisontreffer mit einem fulminanten Linksschuss zum 1:1 seinen Patzer wett.

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Berlin hatte gegen zunächst verunsichert und ängstlich auftretende Stuttgarter von Beginn an die Spielkontrolle. Ruhig und abgeklärt baute die Hertha ihre Angriffe auf, weitgehend ungestört vom VfB, der sich fast bis in die eigene Hälfte zurückzog und erst gegen Ende des ersten Durchgangs mutiger agierte. Beinahe in jeder Aktion war anfangs die Krise der Schwaben sichtbar. Ob in der Defensive, wo der VfB in nahezu jeder der wenigen Drucksituation wackelte, und auch in der Offensive, wo die gut organisierten Hauptstädter sich kaum überraschenden Ideen gegenübersahen.

Die Schneider-Elf war lange nicht imstande, die Ausfälle von Kapitän Christian Gentner (Muskelfaserriss), Vedad Ibisevic und Moritz Leitner (beide gesperrt) zu kompensieren. Die Elf von Trainer Jos Luhukay, die kurzfristig auf Per-Ciljan Skjelbred (Grippe) verzichten musste, versäumte es allerdings mit zunehmender Spielzeit, ihre Aktionen konsequent zu Ende zu spielen und verwaltete lediglich den Vorsprung. Auch Torjäger Ramos (29.) vergab eine aussichtsreiche Gelegenheit leichtfertig, als er sich für einen letztlich unpräzisen Schlenzer entschied, statt einen der mitgelaufenen Kollegen zu bedienen. Gefährdet war die knappe Führung dennoch nur bei einem Schuss von Martin Harnik (11.), den Keeper Thomas Kraft parierte und einer Eingabe von Daniel Schwaab, die Rani Khedira (40.) verpasste. Dann aber wehrte Kraft einen Eckball von Alexandru Maxim ungenügend mit der Faust in die Mitte ab - genau vor die Füße von Boka.

Nach der Pause legte beide Teams an Tempo zu. Die Hertha suchte wieder zielstrebiger den Weg nach vorne, der VfB hielt mit großem Einsatz dagegen und attackierte entschlossener. Bei einem Schuss von Timo Werner (58.) hatten die Berliner Glück, dass Schiedsrichter Robert Hartmann das Handspiel im Strafraum von Hajime Hosogai nicht als unnatürliche Bewegung interpretierte. Bis zum Ende gaben sich beide nicht mit dem Punkt zufrieden, der VfB besaß mit Harnik (74.) eine weitere Chance.

Der SC Freiburg findet im Abstiegskampf einfach nicht zu einstiger Heimstärke zurück und hat dem FC Augsburg einen historischen Erfolg ermöglicht. Die Breisgauer verloren mit 2:4 (1:1) und bescherten den Gästen im neunten Anlauf ihren ersten Sieg in Freiburg überhaupt. Vor 22.000 Zuschauern besiegelten Tobias Werner (7.), Paul Verhaegh (78.), Halil Altintop (85.) und André Hahn (90.+4) den zehnten Saisonerfolg der Überraschungs-Mannschaft aus Augsburg. Jonathan Schmid (17.) und Adimir Mehmedi (73.) trafen für die Gastgeber.

Das Team von Trainer Markus Weinzierl hat damit nur eine der letzten zehn Partien verloren und schnuppert weiter an den Europa-League-Plätzen. Die Hausherren kassierten nach zuvor sieben Punkten in drei Heimspielen einen Dämpfer und müssen angesichts der zwölften Saison-Pleite weiter heftig um den Klassenerhalt bangen.

In einer von vielen Nickligkeiten geprägten ersten Hälfte, in der Schiedsrichter Manuel Gräfe in den ersten 22 Minuten bereits drei gelbe Karten gezeigt hatte, fanden die Augsburger besser ins Spiel. Besonders der erstmals in der Startelf stehende südkoreanische Stürmer Dong-Won Ji, der den Vorzug gegenüber Arkadiusz Milik erhielt, war ein Unruheherd. Die Schwaben standen zunächst kompakt und wirkten insgesamt handlungsschneller. So auch in der siebten Minute, als Torjäger Andrè Hahn aus dem Mittelfeld den Ball hinter die Freiburger Viererkette köpfte und damit den davonsprintenden Linksaußen Werner mustergültig bediente. Mit einem Rechtsschuss erzielte der 28-Jährige das 100. Bundesliga-Tor der Augsburger.

Die Freiburger zeigten sich nur kurz geschockt und drängten ungeachtet vieler Ballverluste auf den raschen Ausgleich. Mit Erfolg: Einen direkten Freistoß aus 32 Metern zirkelte Mittelfeldspieler Schmid gekonnt in den linken Winkel. FCA-Keeper Alexander Manninger, der erneut den verletzten Stammtorhüter Marwin Hitz vertrat, hatte keine Abwehrchance. Auch in der Folge überzeugte die Mannschaft von Coach Christian Streich zumindest kämpferisch und wurde eine Woche nach der 0:4-Niederlage bei Bayern München mit Chancen belohnt. Doch Mehmedi (41.) und Schmid (42.) verzogen binnen weniger Sekunden aus halbrechter Position jeweils nur ganz knapp.

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Nach dem Wechsel blieb die Partie auf äußerst mäßigem Niveau, obwohl beide Teams die Entscheidung suchten. Doch viele Zweikämpfe machten flüssige Kombinationen fast unmöglich. Die aufgebrachten Weinzierl und Streich diskutierten mehrfach mit dem vierten Offiziellen Florian Meyer an der Außenlinie. FCA-Verteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker prüfte Freiburgs Schlussmann Oliver Baumann mit einem Freistoß aus 30 Metern (55.). Danach blieben bei Dauerregen Chancen zunächst Mangelware.

Borussia Mönchengladbach hat seine Krise fortgesetzt und wartet seit sieben Spielen auf einen Sieg. Gegen 1899 Hoffenheim verspielte das Team eine 2:0-Führung und musste sich mit einem 2:2 (2:0) begnügen. Patrick Herrmann (4.) und Tony Jantschke (18.), der am Donnerstag seinen Vertrag bis 2018 verlängert hatte, hatten die Mannschaft von Trainer Lucien Favre früh in Führung gebracht. Beide Treffer resultierten aus Fehlern der Gäste, die nach zuvor sieben Punkten aus drei Spielen zumindest einen weiteren Zähler retteten. Der elfte Saisontreffer von Roberto Firmino (56.) und das 2:2 durch Sejad Salihovic (82., Foulelfmeter) sorgten für die letztlich gerechte Punkteteilung.

Die Borussia wirkte über lange Strecken der Partie trotz der frühen Führung verunsichert, leistete sich viele einfache Ballverluste. Ein kontrolliertes Aufbauspiel war nicht zu erkennen, stattdessen überließen die Platzherren den Hoffenheimern die Initiative. Die Gäste brauchten allerdings lange, um daraus Kapital zu schlagen. Bei der Gladbacher Führung machte Hoffenheims Schlussmann Koen Casteels keine gute Figur: Sein Befreiungsschlag landete direkt bei Herrmann, der mit links volley aus über 20 Metern ins leere Tor traf. Die beste Chance für die Gäste in der Anfangsviertelstunde hatte Kevin Volland. Seinen Fernschuss parierte Marc-André ter Stegen nur mit Mühe (14.).

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Nachdem Casteels bei einem Schuss von Branimir Hrgota auf dem Posten war (17.), nutzte Jantschke die anschließende Ecke zum 2:0. Ein Eckball von Raffael segelte an Freund und Feind vorbei Richtung langer Pfosten, wo der Gladbacher Innenverteidiger mit einem Kopfball-Aufsetzer erfolgreich war. Der am Pfosten stehende Sebastian Rudy ließ den Ball zwischen seinem Körper und dem Aluminium durchrutschen. Nach knapp einer halben Stunden hätte Herrmann frühzeitig alles klar machen können, doch seinen Schuss kratzte Niklas Süle von der Linie.

Bei der Borussia ersetzte Kapitän Filip Daems, der unter der Woche ebenso wie Jantschke seinen Vertrag verlängert hatte, den verletzten Oscar Wendt (Innenbandriss). Hoffenheims Trainer Markus Gisdol musste den gelbgesperrten Ex-Gladbacher Eugen Polanski auf der "Sechs" durch Rudy ersetzen, für David Abraham rückte Tobias Strobl in die Innenverteidigung. Außenverteidiger Julian Korb hatte die erste gute Chance der Gastgeber nach Wiederanpfiff, scheiterte aber nach einem schönen Solo an Casteels (55.). Auf der Gegenseite überraschte Firmino nach Flanke von Kevin Volland ter Stegen am Fünfmeterraum und drückte den Ball zum Anschlusstreffer über die Linie. Salihovics Ausgleichstor acht Minuten vor dem Abpfiff war ein Foul von Martin Stranzl im eigenen Strafraum vorausgegangen.

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