Champions League ohne England:"Erbärmlich", "schändlich", "ein harter Schlag"

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In Barcelona ohne Glück: die Spieler von Manchester City (Foto: REUTERS)
  • Die englische Premier League, reichste Fußball-Liga der Welt, erlebt zum zweiten Mal binnen drei Jahren ein Fiasko in der Champions League: Wie schon in der Saison 2012/13 erreicht kein Klub das Viertelfinale.
  • Die Presse auf der Insel reagiert erwartungsgemäß scharf auf die erneute Enttäuschung.
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Analyse von Korbinian Eisenberger

Diesmal war es nicht Bayern-Kapitän Philipp Lahm, der den Ball zwischen der Eckfahne und seinen Haxen verschanzte. Am Dienstagabend hieß der Mann im rot-weißen Trikot Elderson Echiéjilé, der versuchte, die letzten fünf Minuten das Spielgerät zu verstecken. Echiéjilé und der AS Monaco standen vor dem Weiterkommen in der Champions League, es durfte nur kein Tor mehr fallen. Das Eckpfosten-Dribbling beherrschte Monaco dabei jedoch weniger gut als jene Münchner, die sich vor zwei Jahren gegen den FC Arsenal nach einem 3:1-Auswärtssieg mit einem 0:2 in der Fröttmaninger Arena ins Viertelfinale gerettet hatten. Und so krachte der Ball in der Schlussphase noch zweimal an den monegassischen Torpfosten, aber nicht mehr ins Tor.

Die Londoner flogen damit am Dienstag aus der Champions League und Manchester City tat es dem Ligakonkurrenten 24 Stunden später gleich. Torhüter Joe Hart konnte noch so viele Schüsse parieren. Dass Barcelona unter den Augen von Stadion- und Stargast Pep Guardiola weiterkommen würde, hatte schon nach dem 2:1-Auswärtssieg der Katalanen niemand bezweifelt. Und so nahm Barcelona im Camp Nou einen 1:0-Sieg mit in die Katakomben und ins Viertelfinale.

Zuvor war bereits der FC Chelsea in einem Verlängerungs-Krimi an Paris Saint-Germain gescheitert. Und weil der FC Liverpool schon in der Gruppenphase ausgeschieden war, erlebt die englische Premier League, reichste Fußball-Liga der Welt, zum zweiten Mal binnen drei Jahren ein Fiasko in der Champions League. Wie schon in der Saison 2012/13 erreicht kein Klub das Viertelfinale.

Ein Trend verfestigt sich

Und so verfestigt sich ein Trend. Denn schon 2012 konnte lediglich der Sieg des FC Chelsea in München übertünchen, dass nur der Klub aus London unter die besten acht gekommen war. Im vergangenen Jahr quälte sich außer Chelsea nur das bereits schwächelnde Manchester United ins Viertelfinale, dort dem FC Bayern spielerisch deutlich unterlegen.

Die Presse auf der Insel reagiert erwartungsgemäß scharf auf die erneute Enttäuschung. "Gebrochen" umschrieb die Sun den Auftritt von Manchester City in Barcelona. "Messi ist zu gut für die Premier League", philosophierte The Telegraph. "Erbärmlich", "schändlich", "ein harter Schlag" - mit gewohnt theatralischer Metaphorik richteten die Schlagzeilenschreiber über ihre Kicker. "Hunde mit eingezogenen Schwänzen" hatte der Mirror an der Stamford Bridge ausgemacht, nachdem José Mourinhos Ensemble mit hängenden Köpfen vom Platz geschlichen war.

Dass es Arsenal eine Woche später ähnlich erging, schien selbst für die englische Boulevardpresse zur Gewohnheit geworden zu sein. "Das gleiche alte Arsenal, die gleiche alte Geschichte", titele die Daily Mail und traf damit den Kern einer wiederkehrenden Geschichte, die Wengers Elf seit fünf Jahren stets im Achtelfinale verklingen lässt.

An Özil lag es nicht

Lukas Podolski, Mesut Özil und Per Mertesacker prägten nicht nur eine deutsche Weltmeister-Mannschaft, sondern auch ein Team, das seit 2011 verlässlich im ersten K.-o.-Duell scheitert. Zum Trost gab es zumindest für Mesut Özil warme Worte. "Özil hatte ein glänzendes Spiel, hielt Arsenal am Laufen, arbeitete wirklich hart", schrieb der Mirror in seiner Einzelkritik. Und noch mehr Bauchpinseleien bekam der deutsche Fußball auf der Insel: "Bayern und Barcelona sind die Teams, die es jetzt zu schlagen gilt", findet der Mirror.

Dabei schien es in dieser Saison für die englischen Großklubs endlich wieder standesgemäß zu laufen. Die beste Liga der Welt, wie die Premier League auf und fernab der Insel bezeichnet wird, hatte mit sechs Teams im Europapokal überwintert. In einer Frühjahrslaune schlossen die Engländer kürzlich einen Vertrag ab, der ihren Profiteams künftig ein Vielfaches jener Fernsehgelder garantiert, mit der die Bundesliga - mittlerweile immer weniger vergnügt - wirtschaftet.

Rosige Aussichten waren das für den englischen Vereinsfußball. Doch jetzt bröckelt es mehr denn je. Die Hoffnungen, dass die Premier League in dieser Saison doch noch glänzt, ruhen nun auf der Europa League. Dass der FC Everton, das letzte Premier-League-Team im Wettbewerb, wie Chelsea 2013 die Europa League gewinnt, gilt als eher unwahrscheinlich. Gegen Dynamo Kiew geht der Klub mit einem dünnen 2:1-Vorsprung ins Rückspiel.

Dem englischen Fußball könnte einer jener monumentalen Zusammenbrüche bevorstehen, die er in der Regel im Zwei-Jahres-Rhythmus bei internationalen Fußball-Großereignissen erlebt. Davon, dass die chronische Erfolglosigkeit des englischen Nationalteams nun auch den Vereinsfußball auf Dauer infiziert, ist jedoch kaum auszugehen. Ein Jahresbudget von 3,2 Milliarden Euro an Fernseheinnahmen dürfte reichen, um die Premier League auf dem Transfermarkt sportlich aufzumöbeln.

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