Kevin Volland blickte dem Ball hinterher, unsicher, ob er tatsächlich im Netz landet. Aber der Ball senkte sich genau richtig - und fiel genau zwischen Latte und Pfosten ins Tor. "Der ist ja erst knapp vor dem Tor runtergekommen, da musste ich schon erst einmal schauen", sagte Volland hinterher erleichtert. Der 19-Jährige schoss mit seinem Heber über 28 Metern das schönste Tor des Tages und sorgte mit einem weiteren Treffer fast im Alleingang dafür, dass der TSV 1860 München gegen den FSV Frankfurt mit 4:0 gewann.
Nach der turbulenten Partie zuletzt gegen den FC St. Pauli, als die "Löwen" eine 2:0 Führung noch verspielten, beruhigte Stefan Aigner die Mannschaft mit seinem Kopfball in der dritten Minute. Als Kevin Volland dann direkt nach Wiederanpfiff erst das wunderschöne 2:0 (47.) und in der 67. Minute mit einem weiteren Lupfer das 3:0 folgen ließ, war die Partie am ersten Wiesn-Wochenende entschieden. "Kevin Volland hat heute den Unterschied gemacht", sagte gar Hans-Jürgen Boysen, der Trainer des FSV Frankfurt: "Das zweite und dritte Tor war erste Liga."
Und genau da liegt das Problem: Volland spielt zwar für die "Löwen", ist aber nur aus der ersten Liga ausgeliehen, von der TSG 1899 Hoffenheim. Als die Münchner im Winter 2010 besonders klamm waren, war das Talent von Volland erst zu erahnen, aber die Hoffenheimer griffen für 600.000 Euro beherzt zu. Sie verzichteten aber darauf, Volland gleich zu sich zu holen - und verliehen ihn sofort wieder zurück nach München. Im Nachhinein ein Schnäppchen. Denn in dieser Saison gelang Volland der Durchbruch, in bislang acht Spielen war er an zehn Toren beteiligt. Sechs erzielte er selbst, vier legte er Teamkollegen auf.
Fast wäre ihm gegen Frankfurt sogar noch ein drittes Tor gelungen. Nach einem Sololauf schoss er etwas zu schwach durch die Beine von FSV-Torhüter Klandt, so dass ein Verteidiger gerade noch vor der Linie klären konnte. "Ich wollte eigentlich abspielen, dann kam eine Grätsche und ich musste einen Haken machen", sagte Volland: "Ich habe etwas zu überhastet abgeschlossen, weil ich zwei Gedanken gleichzeitig hatte."
Seine guten Leistungen sorgen sogleich für Diskussionen über seine Zukunft. Der Leihvertrag mit Hoffenheim gilt zwar theoretisch bis kommenden Sommer, aber die TSG besitzt eine Option auf einen vorzeitigen Wechsel in der Winterpause. Bislang weiß nicht einmal Volland selbst, welches Trikot er in der Rückrunde tragen wird. Gespräche mit Ernst Tanner, dem Manager von Hoffenheim, sind für November anberaumt. "Irgendwann sollte man es schon einmal wissen, auch wegen der Wohnungssuche", sagt Volland lapidar.
Ein vorzeitiger Wechsel würde den TSV 1860 jedoch vor große Probleme stellen. Für den Platz neben Benjamin Lauth wären nur Djordje Rakic und Manuel Schäffler als Optionen übrig. Seit dem Wechsel von Rakic aus Salzburg nach München im vergangenen Winter stagnierte der Serbe in seiner Entwicklung und ist deutlich hinter Volland zurückgerutscht. Schäffler war vergangene Saison an den MSV Duisburg ausgeliehen, wurde aber bei den meisten seiner 21 Einsätze nur eingewechselt.
Klar ist: Falls Volland geht und sich die Löwen auch in der Rückrunde in der "Spitzengruppe etablieren" wollen, wie 1860-Trainer Maurer am Sonntag erklärte, müssten sich Rakic und Schäffler deutlich steigern. Denkbar ist auch, dass die "Löwen" mit Hilfe ihres Investors Hasan Ismaik und dem neuen Hauptsponsor Aston Martin selbst auf dem Transfermarkt aktiv werden.
Im Spiel gegen Frankfurt war der U-20-Nationalspieler jedenfalls unverzichtbar. Nach seinem 2:0 zog er sich das Trikot über den Kopf - und sah dafür Gelb. "Egal, als Stürmer ist das nicht so entscheidend", sagte Volland zwar. Angewöhnen sollte er sich solche Mätzchen allerdings nicht: Denn wenn er weiterhin konstant trifft, würde bald eine Sperre folgen.