1860 München:Ein Funke Hoffnung für 1860

Lesezeit: 3 min

Einfach mal über ein Tor jubeln: Schütze Julian Gattau umringt von seinen Kollegen. (Foto: Ulrich Gamel/IMAGO/kolbert-press)

Der Drittligist besiegt Rot Weiss Essen 2:0 und verschafft sich weiter Luft im Abstiegskampf. So ist immerhin der vereinsinterne Streit besser zu ertragen, der sich mit Bannern in der Kurve und vor Gericht fortsetzt.

Von Christoph Leischwitz, München

Rein statistisch lässt sich überhaupt nicht nachweisen, dass sich ein Trainerwechsel im Profifußball wirklich positiv auf die Leistung einer Mannschaft auswirkt. Bei Argirios Giannikis und dem TSV 1860 München ist allerdings eine Signifikanz nicht mehr von der Hand zu weisen: Nach vier Niederlagen in Serie und der Beurlaubung von Maurizio Jacobacci war der Nachfolger am Dienstagabend auch nach fünf Partien ungeschlagen. Und konnte im Nachholspiel gegen Rot-Weiss Essen einen wichtigen Sieg feiern: Die Löwen bezwangen den Traditionsklub 2:0 (1:0) und entfernen sich allmählich vom Tabellenende. Auch der Funke zu den Fans war übergesprungen. "Das war eine super Atmosphäre heute, und ein hochintensives Spiel für eine englische Woche", freute sich Giannikis.

Schon recht früh im Spiel war zudem klar: Der neueste unter den fünf neuen Spielern dürfte eine Bereicherung sein. Der 21-jährige Flügelstürmer Abdenego Nankishi, von Werder Bremen ausgeliehen, fiel zunächst vor allem mit gewonnenen Bällen und gutem Umschaltspiel auf, und einmal, als er den Ball gleich im gegnerischen Sechzehner eroberte, hätte er auch fast das 1:0 erzielt, sein Flachschuss strich knapp am fernen Pfosten vorbei (23.).

Zwischenzeitlich wurden die Löwen zwar mit einem altbekannten Problem konfrontiert: Torwart Marco Hiller geriet immer wieder gefährlich unter Druck. Als Sechzigs Abwehrchef Jesper Verlaat der Ball durchrutschte, bekamen die Gäste gleich dreimal die Chance, aufs Tor zu schießen - da parierte Hiller aber zweimal sehenswert (28.). "Das war in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll", sagte Giannikis über die Vorbereitung auf den Gegner, der mit einem Sieg auf den dritten Platz gesprungen wäre - es seien in dieser Phase "die Chancen gewesen, die wir einfach auch überstehen mussten".

Viele Plätze waren nach der Pause noch leer, da fiel die Vorentscheidung für die Löwen

Die entscheidenden Fehler des Spiels machte die Essener Abwehr: Fynn Lakenmacher lief in der 32. Minute einen schwachen Rückpass ab und tunnelte Essens Torwart Felix Wienand zur Führung. Einer der wenigen auf der Haupttribüne, die nicht jubelten, war der frühere Trainer Michael Köllner, der am kommenden Sonntag mit dem FC Ingolstadt im Grünwalder Stadion zu Gast ist. Kurz vor dem Spiel war ihm auf der Treppe Marc-Nicolai Pfeifer über den Weg gelaufen, man begrüßte sich herzlich. Pfeifer wollte vier Tage nach seiner Beurlaubung als Geschäftsführer, fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Beurlaubung Köllners, offensichtlich weiter Interesse am Verein bekunden. Und in der Halbzeit gab es noch Glückwünsche für Hans Sitzberger. Der Vizepräsident, der beim Präsidenten in Ungnade gefallen ist und möglicherweise im März abgewählt wird, feierte seinen 71. Geburtstag. Der Leitspruch bei Sechzig lautet: Einmal Löwe, immer Löwe. Wenn dem so ist, wird man ehemalige Löwen eben auch nicht los. Der einst von Köllner vor die Tür gesetzte Kapitän Sascha Mölders war übrigens auch im Stadion.

Viele Sitzplätze waren noch leer, als unmittelbar nach dem Seitenwechsel die Vorentscheidung fiel: Erneut störte Nankishi entscheidend den Spielaufbau der Gäste, der Ball landete bei Julian Guttau, der mit einem satten Schuss ins Kreuzeck seine stetig aufsteigende Form krönte (47.). Der Grund für die Spielfreude? Vor allem die Arbeit des Trainers, sagt der 24-Jährige. "Ich fühle mich pudelwohl in dem System, das wir gerade spielen." Nach einer guten Stunde antwortete Rot-Weiss Essen mit einem Vierfachwechsel, der den favorisierten Gästen allerdings auch keine Impulse verlieh. Guttau gestand noch: "Wir haben dann noch schlampig gekontert, aber das ist Jammern auf hohem Niveau."

Der vereinsinterne Streit wurde trotz der Leistung auch diesmal thematisiert, mit Bannern und Gesängen in der Westkurve. Doch der zugrunde liegende Kampf um die 50+1-Regel hatte am Dienstag eine größere Bühne. Das Bundeskartellamt hat einen Befangenheitsantrag der HAM International, also von 1860-Gesellschafter Hasan Ismaik, als unbegründet abgewiesen. Zugleich wird sich allerdings die richtungsweisende Abstimmung zum Thema weiter verzögern, weil neue Urteile in die rechtliche Bewertung einfließen sollen. Für 1860 bedeutet dies, dass der Streit auch von juristischer Seite aus weiter schwelen wird. Besser zu ertragen ist er freilich mit sportlichem Erfolg.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFührung des TSV 1860 München
:Der Nächste versucht sein Glück

Der krisenbehaftete TSV 1860 München stellt den neuen Geschäftsführer Oliver Mueller vor. Schon bei dessen Einführungsrunde ist zu spüren, wie beschäftigt der Fußball-Drittligist mit internen Streitereien ist.

Von Christoph Leischwitz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: