1860: Dieter Schneider im Gespräch:"Ergebnisoffene Gespräche"

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1860-Vizepräsident Dieter Schneider über den Ausflug von Miroslav Stevic zum HSV, die Sanierung des Klubs und die leidige Debatte um die Zukunft von Trainer Reiner Maurer.

Gerald Kleffmann

SZ: Herr Schneider, die Aufregung um 1860-Sportchef Miroslav Stevic war groß am Wochenende. Er wäre beinahe zum Hamburger SV gewechselt, Matthias Sammer wollte ihn in seinem Team haben; Sammer sagte dann als Sportchef ab. Bleibt nun etwas hängen für die Zusammenarbeit zwischen dem offenbar wechselwilligen Stevic und Sechzig?

"Wir sind alle in der Verantwortung": 1860-Vizepräsident Dieter Schneider (Foto: imago sportfotodienst)

Schneider: Ich sehe das nicht so dramatisch. Es ist scheinbar so im Profigeschäft, dass jeder mit einem halben Auge auf seine Zukunft schaut.

SZ: Stevic sagte nun: "Der HSV war nie ein Thema." Und: "Ich habe nur aus Höflichkeit mit Hamburg gesprochen." Einen Tag nach einem Bekenntnis zu 1860 in einem Interview hatte sich Stevic - vor dem 1860-Spiel in Osnabrück - mit dem obersten HSV-Boss Bernd Hoffmann getroffen, in einem Bremer Hotel.

Schneider: Es ist eben so, dass man sich im Fußball offenbar die eine oder andere Alternative anschaut und anhört. Wenn sie sich getroffen haben, muss ich das so akzeptieren.

SZ: Sie selbst wurden so zitiert, dass Sie nichts vom Treffen zwischen Stevic und Hoffmann gewusst haben. Geschäftsführer Robert Schäfer sagte dagegen in der AZ zum Treffen von Stevic: "Ich war immer über alles informiert, wir haben ein sehr offenes Verhältnis." Sind Sie jetzt außen vor bei den Informationen?

Schneider: Nein. Da müssten Sie den Herrn Schäfer genauer fragen. Jedem ist ja bekannt, dass Miki Stevic und Matthias Sammer befreundet sind. Das ist kein Geheimnis. Ich gehe aber nicht davon aus, dass Robert Schäfer speziell von diesem Gespräch informiert wurde - ebenso wenig wie ich. Nach meinem Wissensstand hatten wir nicht die Information, dass sich Stevic an jenem Abend mit jemandem treffen würde.

SZ: Am Montag tauchte die Information auf, dass im Februar die Vertragsgespräche von 1860 mit Stevic stattfänden. Wer führt diese Vertragsgespräche?

Schneider: Zunächst einmal stimmen sich Präsidium und Geschäftsführung über die weitere grundsätzliche Strategie ab. Normalerweise, wenn Sie es rein nach dem Organigramm betrachten, ist der Geschäftsführer derjenige, der dann die Gespräche führt. Was ich dazu sagen will: Diese Thema wird jetzt durch die Ereignisse so auf den Punkt gebracht. Wir führen im Februar erste Gespräche. Das ist aber völlig normal, das ist in jedem Klub so, wo Verträge auslaufen, ob das nun die von Spielern sind oder vom Trainer oder Sportdirektor. Wenn die Verträge im Sommer auslaufen, dann wird in der Regel nach der Transferperiode in der Winterpause angefangen, sich über die nächste Saison Gedanken zu machen.

SZ: Sind das dann Sondierungsgespräche oder kann es sein, dass mit Stevic und auch mit Maurer, dessen Vertrag ebenfalls endet, schon eine Verlängerung der Zusammenarbeit beschlossen wird?

Schneider: Das hängt von den Umständen, Planungen und so weiter ab. Da herrscht keinerlei Druck, nach dem Motto: Das muss bis zum Stichtag X passieren. Diese Geschichte wird man in aller Ruhe und sehr unaufgeregt angehen.

SZ: Wie ist - Stand jetzt - der Plan? Verlängert 1860 mit Stevic und Maurer?

Schneider: Es wäre nicht gut, wenn ich irgendwelche Tendenzen aus meiner Sicht sagen würde. Das hängt davon ab, wie man ein gemeinsames Konzept erarbeitet - von der Spielkultur, von der Spielphilosophie, von den Transfers, die man in die eine und andere Richtung machen will. Wenn man rundum Einigkeit erzielt, fällt es leichter, das andere auch nur noch formell abzuschließen. Das kann man vorab nicht sagen. Das bedeutet aber jetzt kein Zögern, sondern das sind die ganz normalen Abläufe. Man sollte sehr ergebnisoffen reingehen in die Gespräche. Und es davon abhängig machen, wie man insgesamt zur gemeinsamen Philosophie für die nächste Saison findet.

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SZ: Das Wort Philosophie fiel kaum in den vergangenen zwei Jahren. Wie aus dem Nichts kritisierte nun Geschäftsführer Schäfer in einem Interview mit Stevic am Tag vor dem Osnabrück-Spiel Trainer Maurer. Indirekt warf er ihm Planlosigkeit vor, direkt sagte er: "Unsere Philosophie ist nicht erkennbar." Wie glücklich sind Sie mit diesen Aussagen?

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Schneider: Wir leben in einer Demokratie, und jeder kann seine Meinung sagen. Es sollte aber nicht so verstanden werden, wie es von manchen verstanden wurde: dass schon Vorentscheidungen gefallen sind. Das ist totaler Blödsinn. Wir waren spielermäßig in einer schwierigen Situation. Der Trainer hat etwas daraus gemacht, das aller Ehren wert ist. Er hat aus der Notsituation eine Mannschaft gefügt und eine Einstellung erzeugt, die sich sehen lassen kann.

SZ: Das Interview mit Schäfer und Stevic las sich aber so, als würde Maurer bewusst geschwächt werden. Es wurde - nach nur zwei Niederlagen - alles in Frage gestellt. Zusammenhalt klingt anders.

Schneider: Ich möchte das Interview nicht überbewerten. Es sind alle - Geschäftsführung, sportliche Leitung und Trainerstab - gefragt. Man kann sich in so einer Situation nicht irgendjemanden raussuchen. Wir sind alle in der Verantwortung.

SZ: Die Sanierung des TSV ist ein fließender Prozess. Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Schäfer, mit dem Sie die Sanierungsarbeit leiten, entwickelt?

Schneider: Das Verhältnis hat sich sehr gut weiterentwickelt. Wir arbeiten entlang derselben Linien und Denkweisen. Es könnte besser nicht sein.

SZ: Am kommenden Samstag trifft 1860 auf den MSV Duisburg. Nach dem 1:0 in Osnabrück, das seit 42 Spielen zu Hause nicht mehr unter Flutlicht verloren hatte, sagte Stevic: "Für den Moment bedeutet der Sieg nicht viel." Muss Maurer mit dem Schlimmsten rechnen? Gibt es ein Ultimatum?

Schneider: Nein. Ich sehe überhaupt keinen Grund dafür, dass wir eine Trainerdebatte führen. Zum jetzigen Zeitpunkt schon gleich gar nicht. Wir müssen gemeinsam eine schwierige Situation meistern. Nicht nur kaufmännisch, sondern auch sportlich haben wir einiges aufzuholen. Wir hatten zuletzt mit Sperren und Verletzten zu kämpfen. Es ergibt da überhaupt keinen Sinn, eine Debatte in diese Richtung zu führen.

SZ: Eine Frage zur Sanierung: FC-Bayern-Vorstand Karl Hopfner hat gesagt, 1860 habe die Schulden bei der Stadion GmbH verringert. Können Sie das präzisieren?

Schneider: Wir haben unser Statement damals nach dem DFL-Termin Mitte Januar abgegeben. Dem ist nichts hinzuzufügen.

© SZ vom 25.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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