1. FFC Frankfurt verliert Champions-League-Finale:Finalpleite mit großen Fragezeichen

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Olympique Lyon freut sich im Champions-League-Finale der Frauen von München über das freundliche Entgegenkommen des 1. FFC Frankfurt. Die Frankfurterinnen erhalten trotz der 0:2-Niederlage warmen Abschiedsapplaus, haben jedoch die Gewissheit: Diese Saison hat den Vorzeigeklub weit ins Mittelmaß geführt.

Claudio Catuogno

Dieses stimmungsvolle Endspiel der Champions League, die Rekordkulisse im Olympiastadion, der sonnig-kalte Spätnachmittag, den man wohl wieder als Festtag werten musste für den Frauenfußball, ein knappes Jahr nach der WM in Deutschland - das alles spielte schon nach 49 Minuten keine Rolle mehr für Patrice Lair, den Trainer von Olympique Lyon.

Enttäuscht: Frankfurts Dzsenifer Marozsan auf dem Rasen des Münchner Olympiastadions. (Foto: dpa)

Er begann, seine besten Spielerinnen auszuwechseln. Louisa Necib, eine feste Größe in der französischen Nationalmannschaft, marschierte als erste vom Platz, Monsieur Lair dachte da längst an ernsthaftere Herausforderungen als den Finalgegner 1. FFC Frankfurt. 2:0 hatte es bereits nach 28 Minuten gestanden. Und mit diesem Resultat sicherten sich die Französinnen am Ende dann auch die Titelverteidigung in der Königsklasse der Fußballfrauen.

Es sagte dabei auch einiges über die Frankfurterinnen aus, dass Lyon bereits Anfang der zweiten Halbzeit damit beginnen konnte, seine Besten zu schonen. Nächstes Wochenende steht schon die nächste Wegmarke an für Les Fenottes, die Mädchen. Dann steigt das vorentscheidende Ligaspiel gegen Paris St. Germain, Lyon braucht einen Sieg, um die Tabellenspitze zu übernehmen.

Es ist dann natürlich trotzdem emotional zugegangen nach dem Abpfiff, Patrice Lair sprang in die Luft und drehte eine etwas verwirrte Pirouette. Und als der Europa-Verband Uefa kurz darauf seine Goldschnipsel in die Luft schießen ließ und der aus Frankreich stammende Uefa-Chef Michel Platini den Pokal überreichte, waren die Französinnen doch wieder ganz in diesem Moment. Ihnen konnte man es ja auch nicht vorwerfen, dass sie ihren Vorsprung nur noch über die Zeit bringen mussten, um erneut das Maß der Dinge zu sein auf dem Kontinent.

Patrice Lair hat später dann ein schwärmendes Lob formuliert für den deutschen Frauenfußball ("der stärkste der Welt") und die hiesige Liga ("wir wären froh, wenn wir so viele Zuschauer und einen solchen Wettbewerb hätten"). Aber er hat damit letztlich auch den Finger in eine Wunde gelegt: Die deutsche Nationalelf war schließlich im vergangenen Heim-WM-Sommer im Viertelfinale gescheitert (Frankreich wurde Vierter), "und dass wir jetzt schon zum zweiten Mal ganz oben stehen, ist eine große Ehre", sagte Lair. Fast schien er sich ein bisschen zu wundern, dass die Deutschen nicht mehr zustande kriegen.

Die Frankfurterinnen? Haben einen warmen Abschiedsapplaus bekommen vom Münchner Publikum; dass sie dieses Finale überhaupt erreicht hatten, war ja auch tatsächlich eine beachtliche Leistung gewesen (2011 hatte in London noch Turbine Potsdam die Französinnen vergeblich herausgefordert).

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Acht Endspiele in der europäischen Königsklasse bestritt der FC Bayern in seiner Geschichte - vier Mal hoben die Münchner Spieler den Silberpokal in den Himmel. Die Siege waren mitunter glücklich, die Niederlagen dafür teilweise an Bitterkeit nicht zu überbieten. Vor allem gegen Außenseiter taten sich die Bayern schwer.

Die Endspiele im Überblick

Zugleich war das Olympiastadion nun aber die Bühne, auf welcher der 1. FFC Frankfurt eine Saison retten musste, die den Vorzeigeklub des Landes weit ins Mittelmaß geführt hatte: Platz vier in der Liga, so gut wie keine Chance mehr, sich erneut für die Champions League zu qualifizieren. Und das DFB-Pokal-Endspiel hatten sie in Köln ja auch gerade erst vermasselt, gegen die Frauenelf jenes FC Bayern, dessen Fans nun aus ihrer alten Südkurve heraus die La Ola auf den Weg schickten.

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Ja, räumte der FFC-Trainer Sven Kahlert später ein, "wir haben in dieser Saison zu selten unser Potential abgerufen. Wir haben es nicht hinbekommen, dass wir eine Mannschaft haben, die immer so erfolgreich spielt, wie wir das von ihr erwarten". Kahlert erinnerte noch einmal an eine Reihe von Verletzten (Kim Kulig, Lira Bajramaj, Nadine Angerer), weiß aber natürlich auch, dass seine mit Nationalspielerinnen besetzte Elf hätte dennoch weiter vorne landen müssen im nationalen Wettbewerb. Alleine, weil in Frankfurt mit Abstand das meiste Geld ausgegeben wird für den Frauenfußball.

Doch auch diese Partie war nun unglücklich losgegangen: mit einem frühen Rückstand, bei dem in Melanie Behringer wieder mal eine eigentlich erfahrene Nationalspielerin eine unglückliche Figur abgab. Es folgte Camille Abilys Volleytreffer zum 2:0 (28.), "dennoch waren wir weiter überzeugt", behauptete Kahlert später, "dass auch wir hier zwei Tore schießen können". Letztlich habe man die Gegnerinnen dann aber nicht "zu Fehlern zwingen" können - "wir sind an der Qualität von Lyon und an unserer eigenen Abschlussschwäche gescheitert".

Vor allem wegen dieser Abschlussschwäche hat sich Kahlert später rechtfertigen müssen: Schon im Pokal gegen die Bayern hatte er keine nominelle Stürmerin aufs Feld geschickt, sondern die Dribblerin Lira Bajramaj ins Offensivzentrum postiert. Dummerweise hatte Bajramaj eine Verletzung verschwiegen, musste früh raus - München gewann 2:0.

Kahlerts Schlussfolgerung aus dem Pokalspiel ohne eigenes Tor war nun, es wieder ohne echte Stürmerin zu versuchen: In Dzsenifer Marozsan spielte auch am Donnerstag in München eine kreative Mittelfeld-Frau ganz vorne, sie habe im Training nun mal den besten Eindruck gemacht. Heraus kamen allerdings: wieder kein Tor, eine Menge Fragezeichen - und ein Trainer, der später sicherheitshalber darauf hinweisen musste, dass er beim FFC noch einen Vertrag hat "bis 2013". Wohlwissend, dass das in dieser Branche nichts heißen muss.

© SZ vom 18.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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