1. FC Nürnberg:Keine Stürmer für die Schublade

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Die Erlösung: Manuel Wintzheimer (Nummer 18) bejubelt seinen Treffer zum 2:0 mit den Kollegen. (Foto: Heiko Becker/Imago)

Beim 2:0 im Frankenderby gegen die SpVgg Greuther Fürth lässt der 1. FC Nürnberg erahnen, was in dieser Saison möglich ist. Das liegt auch an Kwadwo Duah und Christoph Daferner, die das Repertoire der Mannschaft erweitern.

Von Sebastian Leisgang

Als sich Erik Wekesser, Taylan Duman und Manuel Wintzheimer 20 Minuten vor Schluss auf einmal an der Seitenlinie aufstellten, rieben sich ein paar Menschen auf den Tribünen des Max-Morlock-Stadions die Augen. Was hatte das zu bedeuten? Wollte es Robert Klauß beim Stand von 1:0 tatsächlich wagen, drei Spieler auf einmal auszutauschen und keinen einzigen Verteidiger einzuwechseln? Hatte der Trainer des 1. FC Nürnberg jetzt wirklich vor, derart viele Register zu ziehen, dass ihm für den Rest des Spiels nur noch eine einzige Wechseloption bleiben würde?

Klauß, 37, erlaubte sich tatsächlich, in der 70. Minute von seinem Wechselrecht Gebrauch zu machen, auf drei Positionen umzustellen und dann auch noch Spieler auf den Platz zu schicken, die man tendenziell lieber im gegnerischen als im eigenen Strafraum hat. Wie in Fußballgottes Namen sollte das nur gutgehen? Die Pessimisten im weiten Rund waren sich einig: Das konnte nichts werden.

Wekesser, Duman und Wintzheimer waren dann übrigens diejenigen, die das 269. Frankenderby gegen die SpVgg Greuther Fürth zu Gunsten des 1. FC Nürnberg entschieden.

Das war am Ende also die Geschichte, die diese 90 Minuten am Samstagnachmittag erzählten: Der Club vertraut sich selbst. Und weil er sich selbst vertraut, war es am Ende nicht die Nürnberger Elf, die dieses prestigeträchtige Nachbarduell gegen die Fürther gewonnen hat - gewonnen hat es der Nürnberger Kader, der weitaus mehr herzugeben scheint als in der vergangenen Saison. Damals konnte man hin und wieder ja noch den Eindruck haben, Klauß wechsele nur deshalb kurz vor Schluss nochmal, weil er halt nochmal wechseln darf. Die Wahl fiel dann oft auf Manuel Schäffler, der nach seinen Einwechslungen meistens so spielte, dass man sich als Zuschauer nicht sicher war, ob es überhaupt einen Strafraum gibt, in dem man ihn gerne hätte. Mittlerweile spielt Schäffler in Dresden an der Seite von Dennis Borkowski, der in der vergangenen Saison zwar auch dem Nürnberger Kader angehörte, auf den die Wahl aber alles andere als oft fiel.

"Wir agieren im Moment viel mit langen Bällen, weil wir zwei Stürmer haben, die eine außerordentliche Qualität haben."

In Nürnberg machen jetzt gerade die beiden von sich reden, die in diesem Sommer für Schäffler und Borkowski an den Valznerweiher kamen: Kwadwo Duah und Christoph Daferner.

Schon in den ersten beiden Saisonspielen hat das Duo gezeigt, dass es der Nürnberger Mannschaft das geben kann, was ihr im vergangenen Jahr noch abgegangen ist. Instinkt, Dynamik und Wucht: All das bringen Duah und Daferner mit. Und all das war es auch, was sich beim Frankenderby in der ersten Hälfte bezahlt machte, bevor Duman, Wintzheimer und Wekesser knapp zehn Minuten vor dem Ende beim entscheidenden 2:0 ihre Füße im Spiel hatten.

"Wir agieren im Moment viel mit langen Bällen, weil wir zwei Stürmer haben, die eine außerordentliche Qualität haben", sagte Duman nach dem Derbysieg über Duah und Daferner, die beim 1:0 ihren Kopf (Duah) und ihre Brust (Daferner) im Spiel hatten. Und das macht diese außerordentliche Qualität der beiden ja auch aus: Sie ergänzen sich - und sie punkten mit ihrer Vielseitigkeit.

Duah, 25, und Daferner, 24, sind keine Schubladenstürmer. Duah zeichnet sich zwar in erster Linie dadurch aus, dass er ziemlich gut zu Fuß ist - er ist aber auch dann zur rechten Zeit am rechten Ort, wenn's drauf ankommt. Duah kann also Sprinter und Abschlussstürmer in einem sein, während sich Daferner zwar in erster Linie dadurch auszeichnet, dass er die Physis hat, um als klassischer Mittelstürmer durchzugehen - er sprintet aber auch mal an die Außenlinie und setzt dort zu einer Grätsche an, um auf Höhe der Mittellinie den Ball zu erobern.

"Wir wussten, was Nürnberg macht", sagte Fürths Linksverteidiger Luca Itter nach dem Derby und sprach dann von "langen Bällen" und "zweiten Bällen", bei denen es die Spielvereinigung "nicht richtig auf den Platz bekommen" habe, "das zu verteidigen". Lange Bälle, zweite Bälle: Das ist ein neues Element, das die Nürnberger aus ihrem Werkzeugkasten hervorkramen können, seit sie Duah und Daferner in ihren Reihen wissen. Die beiden machen es möglich, dass hoch und weit nicht nur Sicherheit bringt - sondern auch Überlegenheit.

Dass der pragmatische Ansatz aber längst nicht alles sein dürfte, was durch Kwadwo Duah und Christoph Daferner im Nürnberger Spiel Einzug hält, das hat das Frankenderby eben auch gezeigt.

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