Hecking-Rauswurf in Nürnberg:Zeichen gegen den Stillstand

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Nicht mehr wohlgelitten: Nürnbergs Sportvorstand Dieter Hecking steht offensichtlich vor der Ablösung. (Foto: Daniel Marr/IMAGO/Zink)

Während der Club noch immer nicht vor dem Abstieg sicher ist, wird am Sonntag Sportvorstand Dieter Hecking entlassen. Für viele Beobachter ein logischer Schritt.

Von Stefan Galler

Ein Wochenende kann für einen abstiegsbedrohten Fußballverein ganz schön lang werden, wenn es schon am frühen Freitagabend eine Niederlage gibt und man dann zusehen muss, wie die Konkurrenz punktet. Beim 1. FC Nürnberg wollten sie sich nach der 1:3 (0:2)-Pleite in Düsseldorf offenbar nicht mit dieser aufgezwungenen Passivität abfinden, sondern ergriffen selbst die Initiative: Wie am Sonntagmittag durchsickerte, trennt sich der Zweitligist von Sportvorstand Dieter Hecking, der nach einer erfolgreichen Zeit als Club-Trainer 2009 bis 2012 im Sommer 2020 als Funktionär an den Valznerweiher zurückgekehrt war und im Frühjahr 2023 selbst noch einmal als Retter vor dem Abstieg auf die Trainerposition rückte. Aufsichtsratschef Peter Meier machte die Trennung schließlich am späten Nachmittag offiziell: Man bedauere die Entwicklung, sei aber "nach kritischer und sorgfältiger Analyse und Abwägung aller Fakten zu dem Entschluss gekommen, dass ein Ende der Zusammenarbeit unvermeidbar ist", so Meier.

Die Fans hatten schon vergangene Woche beim 0:1 gegen den Karlsruher SC im Max-Morlock-Stadion ihre Meinung per Plakat kundgetan ("4 Jahre Stillstand - Hecking go home"). Aus Sicht vieler Beobachter ist die Entlassung der logische Schritt, nachdem der Club unter Heckings Leitung zwar immer wieder Talente wie Can Uzun oder Nathaniel Brown aus dem Nachwuchsleistungszentrum zu herausragenden Zweitligaspielern formte, aber tabellarisch auf der Stelle trat: In den vergangenen Spielzeiten gingen die Franken auf den Rängen elf, acht und 14 durchs Ziel. Folgerichtig erklärte Aufsichtsratschef Meier, die sportliche Entwicklung in dieser Saison sei rückläufig "und im Rückblick auf die vergangenen vier Jahre auf unbefriedigendem Niveau konstant. Deshalb werden sich die Wege trennen".

Aktuell ist zwei Spieltage vor Schluss selbst nach der 0:1-Niederlage von Wehen Wiesbaden gegen Kiel am Sonntag der Sturz auf den Relegationsplatz weiterhin nicht ausgeschlossen - obwohl kaum jemand im Verein bis vor wenigen Wochen überhaupt mal den Blick auf die Niederungen der Rangliste geworfen hatte. Trainer Cristian Fiél setzte eifrig auf den Nachwuchs, doch Punkte gab es zuletzt kaum mehr: Das 1:3 in Düsseldorf war die fünfte Niederlage in Serie, in den zurückliegenden sieben Spielen holte der Club nur einen von 21 möglichen Punkten.

Und selbst jetzt, wo man als zweitschlechteste Rückrundenmannschaft nur noch fünf Punkte Vorsprung auf Tabellenplatz 16 hat, äußerte sich Mittelfeldspieler Jens Castrop im ARD-Interview relativ entspannt: "Ich denke nicht, dass man sich großartig Sorgen um den Verein machen muss. Wir haben gerade ein leichtes oder sogar ein etwas größeres Tief. Es gilt, die Köpfe zusammenzustecken und das als Mannschaft zu bewältigen." Dabei ist sogar der lange Zeit entspannte Trainer Fiél in Habachtstellung: "Wir sind in einer sehr gefährlichen Situation. Wir müssen uns da rausziehen, wir müssen punkten."

"Wir reden hier über Zweitligafußball - und genau den spielen wir nicht", sagt Trainer Fiél

Anlass zu kühnen Hoffnungen macht der Auftritt in Düsseldorf für die verbleibenden Aufgaben daheim gegen Elversberg und auswärts beim HSV jedenfalls nicht. Der Club agierte vom Start weg verunsichert. Beim 1:0 für die Fortuna rutschte zuerst Brown weg, Lukas Schleimer spekulierte auf ein Foul und ließ sich fallen, prompt geriet der FCN hinten in Unterzahl, Vincent Vermeij nutzte das (34.). Kurz vor der Pause erhöhte der gleiche Spieler auf 2:0, weil er sich mit einem Schubser gegen Nürnbergs Ivan Marquez durchsetzte und dessen unfreiwillige Kopfballvorlage verwertete (45.+1). Und auch wenn jener Marquez den FCN nach einem Eckball per Kopf aus dem Nichts auf 2:1 heranbrachte (56.), ließen die stabilen Fortunen nichts mehr anbrennen und kamen durch einen Distanzschuss von Isak Bergmann Johannesson zum abschließenden 3:1 (72.) - ein Ergebnis, das angesichts von 28:11 Torschüssen völlig in Ordnung geht.

Coach Fiél wirkte nach dem Spiel einmal mehr tief konsterniert: "Wenn du so verteidigst, wie wir verteidigen, wird es schwer, Spiele zu gewinnen." Seiner Mannschaft widerführen vor allem in der Defensive Dinge, "die dir in der zweiten Liga nicht passieren dürfen". So schauten seine Spieler "viel zu oft zum Ball und nicht auf den Gegner. Wir reden hier über Zweitligafußball - und genau den spielen wir nicht", so Fiél. Auch Jens Castrop war bedient: "Ich habe immer noch Spaß am Fußball. Und ich hoffe, dass es bei den anderen Jungs auch so ist", sagte der 20-Jährige. "Man spricht immer von dem Knoten, der platzen muss. Ich glaube, das trifft es ganz gut."

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