1. FC Köln:Drei Fünkchen führen zur Explosion

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Lange verletzt, aber jetzt im entscheidenden Moment zur Stelle: Kölns Siegtorschütze Luca Waldschmidt. (Foto: Ralf Treese/Imago)

Die Einwechselspieler Tigges, Schmitz und Waldschmidt bescheren dem 1. FC Köln gegen Bochum in der Nachspielzeit ein lange nicht für möglich gehaltenes Erfolgserlebnis. Und die Erkenntnis: Der FC lebt.

Von Philipp Selldorf

Die Plakate hängen zwar nicht an jeder, aber an fast jeder Ecke der Stadt und richten sich an die Kölner Bürger, im Klassenkampf der Bundesliga die Moral zu wahren. "He Weed Nit Resigniert" und "FC Jeff Jas" mahnen die rot leuchtenden Aushänge, aber am Samstag um 17.15 Uhr war der Kampf schon fast vorbei. "Wir waren gefühlt tot", berichtete Stefan Tigges, der Angreifer des 1. FC Köln.

0:1 lag sein Team gegen den VfL Bochum zurück, die Nachspielzeit war schon im Gange, die Hoffnung auf eine Wende flackerte schwächlich wie die Flamme einer erlöschenden Kerze, und von Tigges oder Benno Schmitz, die ein paar Minuten vorher in die Partie gekommen waren, hat nach Lage der Dinge auch niemand die Rettung erwarten müssen. Die Bilanz von Mittelstürmer Tigges: 18 Einsätze, null Tore. Rechtsverteidiger Schmitz: 16 Einsätze, ebenfalls null Tore.

In so einer Situation, sagte Tigges später, "liegt es an uns Einwechselspielern, noch mal einen Funken ins Spiel zu bringen", und diesmal war es tatsächlich ein Funkenregen, der binnen 99 Sekunden eine "Gefühlsexplosion" (Tigges) auslöste. 90+1. Minute: Kopfball Tigges zum 1:1. 90+2. Minute: Flanke Schmitz, Kopfball Luca Waldschmidt, 2:1. Die Einwechselspieler - auch Waldschmidt war erst in der 68. Minute aufs Feld gekommen - hatten die Resignation vertrieben, Kapitän Florian Kainz durfte ein Wunder verkünden: "Der FC lebt."

Neunzig Minuten hatten die Kölner Anhänger nicht nur an den Spielständen, sondern auch am Spiel ihrer Mannschaft gelitten, die zwar etwas mehr Fußball zustande brachte als der VfL, aber trotzdem den eigenen Ansprüchen nicht genügen konnte. "Wir waren nicht gut, aber wir waren die bessere Mannschaft", rechtfertigte Geschäftsführer Christian Keller das späte Erfolgserlebnis mit einer Formel, die das Niveau der Partie zum Ausdruck brachte. Für die Kölner war die Begegnung mit dem VfL der Start in die Wochen der Abstiegsendspiele, nächster Gast in Müngersdorf ist Darmstadt 98, danach geht es zu Mainz 05.

Mit dem Druck, einen Sieg vorlegen zu müssen, kamen die FC-Profis nicht zurecht, nach dem 0:1 durch Kevin Stöger (53.) herrschte eine Viertelstunde Stillstand. Der daran anschließende Versuch eines Powerplays sah kaum besser aus. "Wie so oft in dieser Saison ist uns in der Box und im letzten Drittel nicht so viel gelungen", sagte Tigges. Lediglich die Anwesenheit des monatelang wegen einer Verletzung dringend vermissten Waldschmidt besserte das Bild etwas. Dennoch gab es enttäuschte Pfiffe der Zuschauer, wenn die Angriffe des FC wieder in einem planlosen Flankenball endeten. Resignation? Für alle Beteiligten sei dieser Nachmittag "eine emotionale Zerreißprobe" gewesen, meinte Abwehrchef Timo Hübers.

Es war erst der vierte Sieg in dieser Saison für den 1. FC Köln, zugleich beweist die Mannschaft aber auch einen zähen Überlebenswillen. Auswärts ist sie seit fünf Partien ungeschlagen, die nächste Reise führt allerdings zum FC Bayern. Doch in den letzten Spielen der Saison werde "vieles in den Köpfen, nicht unbedingt nur in den Beinen und mit dem Ball entschieden", sagte FC-Trainer Timo Schultz: "Für diese Phase sind wir auf jeden Fall bereit."

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