VfL Bochum:Bedrohliche Abwärtsspirale

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Verzweifelter Rufer: Bochums Trainer Thomas Letsch. (Foto: Denkinger/Nordphoto/Imago)

Beim VfL Bochum bröckeln Selbstvertrauen und Stabilität just in der alles entscheidenden Phase dieser Bundesliga-Saison. Und Trainer Thomas Letsch wirkt in akuten Ersthelfer-Notfällen zunehmend machtlos.

Von Ulrich Hartmann

Sechs Spieltage vor Saisonschluss sollte man als Protagonist im Bundesliga-Abstiegskampf idealerweise keine "große Leere" empfinden. Der Trainer Thomas Letsch aber verspürte just diese, kurz nachdem sein VfL Bochum beim 1. FC Köln mit 1:2 verloren hatte, durch zwei Gegentreffer in der Nachspielzeit. Mit nur einem Punkt aus den jüngsten sechs Spielen befindet sich der zunehmend fragile VfL in einer bedrohlichen Abwärtsspirale. Genau diese macht die Lage in Bochum trotz dreier verbleibender Punkte Vorsprung vor den Abstiegsplätzen auch ungleich schwieriger als eine identische Konstellation vor einem Jahr. Auch in der vergangenen Saison hatte Bochum nach dem 28. Spieltag drei Punkte Polster, befand sich aber nicht in einer solch implosiven Gefühlslage wie jetzt und schaffte den Klassenerhalt damals am finalen Spieltag per Kraftakt mit einem 3:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen.

Die Emotionen an der Castroper Straße sind gespalten. Einerseits demonstrieren die abstiegskampferfahrenen Bochumer als nahkampfstärkste (3002 gewonnene Zweikämpfe) und kompromissloseste (85 gelbe Karten) Mannschaft der Liga alle erforderlichen Tugenden. Andererseits haben sie in dieser Saison nach Führungen schon 21 Punkte hergegeben und 14 Gegentreffer in der Schlussviertelstunde sowie sieben davon gar in der Nachspielzeit zugelassen. Auch Letzteres ist ein Liga-Topwert. Vor Wochenfrist verspielten sie daheim gegen das abgeschlagene Schlusslicht Darmstadt eine 2:0-Führung noch zum Remis, in Köln schenkten sie gleich alle drei Punkte her trotz einer 1:0-Führung bis in die 91. Minute hinein. Binnen 90 Sekunden schmolzen virtuelle zehn Punkte Vorsprung vor dem 1. FC Köln auf vier zusammen. "Das ist ein absoluter Nackenschlag", sagte der Sportdirektor Marc Lettau und wirkte schockgefrostet.

Kein Wunder also, dass am Sonntag mediale Debatten über den Trainer Letsch losbrachen, es sind die ersten, seit der 55 Jahre alte Schwabe im September 2022 seinen Job in Bochum angetreten hatte. Nach dem 3:2-Sieg gegen Bayern München vor sieben Wochen noch gefeiert, weil sein VfL damals auf Platz elf vorgestoßen war, wirkt Letsch seither zunehmend machtlos in akuten Ersthelfer-Notfällen, also dann, wenn seine Mannschaft auf dem Platz sozusagen die Besinnung verliert.

Bei Stöger, Asano, Antwi-Adjei, Schlotterbeck und Ordets laufen die Verträge aus

Es wird in dieser Woche folglich mehr zu besprechen als zu trainieren geben in einem Kader, den Mittelfeldspieler Patrick Osterhage im Sommer wohl Richtung Freiburg verlassen wird und in dem bei so relevanten Spielern wie Kevin Stöger, Takuma Asano, Christopher Antwi-Adjei, Keven Schlotterbeck und Ivan Ordets die Verträge auslaufen. Im VfL bröckeln Selbstvertrauen und Stabilität gerade derart, dass man meinen könnte, die Ausgangslage sei schlechter und gefährlicher als jene der ja noch dahinter rangierenden Mainzer und Kölner.

Bevor die Bochumer am kommenden Samstag Heidenheim empfangen und eine Woche später in Wolfsburg gastieren, warnt der Sportchef Lettau: "Wir müssen höllisch aufpassen!" Zwischen großer Leere und höllischer Gefahr war Abstiegskampf schon immer am schwierigsten.

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