Kolumne: Hin und weg:Eintrittsgeld für Venedig: jetzt doch?

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Kommt es nun oder nicht, das Eintrittsgeld für Venedig? Vielleicht von kommenden Frühjahr an. (Foto: Frank Bienewald/IMAGO)

Seit vielen Jahren kündigt Venedig an, Eintritt für den Besuch der Stadt verlangen zu wollen. Nun könnte die Gebühr tatsächlich kommen. Ob sie aber den Massentourismus eindämmen kann, ist ungewiss.

Glosse von Hans Gasser

Der Tourismus ist etwas Schönes, aber nicht für alle. In diesem Sommer, in dem nicht nur die Hitze, sondern auch die Urlaubsaktivität geradezu vulkanische Ausmaße angenommen haben und von der Ostsee bis Sizilien jeder Quadratmeter Strand doppelt belegt zu sein schien, griffen Einheimische zu teils drastischen Mitteln. In Griechenland besetzten sie Strände, um die Liegestuhlvermieter zu vertreiben. In Barcelona wurden Schilder, die den Weg zu beliebten Aussichts- und Dauerparty-Punkten weisen, kurzerhand in andere Richtungen gedreht, um die jungen Sauftouristen in die Irre zu führen. Und auf Mallorca haben genervte Einheimische auf Stränden Schilder aufgestellt, die vor gefährlichen Quallen und Steinschlag warnten, gar Badeverbote aussprachen - alles ausgedacht, um die Touristenmassen abzuschrecken.

Und was macht Venedig? Genau: Venedig kündigt (zum siebten oder zum zwölften?) Mal an, nun aber wirklich definitiv ein Eintrittsgeld für Tagesbesucher kassieren zu wollen. Nicht, um jemand auszugrenzen, Dio mio, Gott behüte! Sondern, um die Besucher, von denen an vielen Tagen zwischen Ostern und Ferragosto mehr als 100 000 in die Stadt strömen, besser zu verteilen. In der entsprechenden Pressemitteilung der Stadtverwaltung heißt es, man wolle von Frühling 2024 an eine Eintrittsgebühr verlangen, digital zu bezahlen und über einen QR-Code nachzuweisen. Allerdings wolle man dies nur an 30 noch festzulegenden Tagen des kommenden Jahres "probeweise" tun. Brückentage im Frühling und Wochenenden im Sommerhalbjahr werden wohl darunter sein.

"Nach einem langen und schwierigen Weg ist der Moment gekommen, konkret zu handeln, so wie wir das gewohnt sind", schreibt die Stadtverwaltung.

Zwei Drittel der Pressemitteilung befasst sich dann allerdings mit den Ausnahmen, also mit jenen, die nicht zahlen müssen. Dazu zählt die ganze Bevölkerung des Veneto, alle, die in der Stadt arbeiten oder studieren und alle, die auf dem riesigen Gemeindegebiet Venedigs, das sich zwischen Chioggia und Jesolo erstreckt, übernachten. Kinder bis 14 zahlen auch nichts.

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Man wolle das Projekt mit der "größten Demut" angehen und sei zu nachträglichen Korrekturen bereit, "Probleme und Hindernisse" würden sicherlich noch kommen. Ganz ähnlich lasen sich die Ankündigungen des Eintrittsgeldes in den vergangenen zehn Jahren.

Fachleute für Textexegese würden den Verfassern des Schriftstücks vermutlich attestieren, das sie das angekündigte Vorhaben eigentlich gar nicht verwirklichen möchten, jedenfalls eine Heidenangst davor haben und es deshalb so stark verwässern, dass sich niemand, wirklich niemand beschweren kann. Außer vielleicht ein paar Asiaten, die auf ihrer Europareise zufällig in Padua übernachtet haben. Oder aber die Unesco-Kommission, die Mitte September darüber entscheiden will, ob Venedig als gefährdetes Welterbe eingestuft wird.

Zudem muss der Gemeinderat dem Vorhaben Mitte September noch zustimmen. Falls es dazu kommt, werden die Serenissima und ihre wenigen verbliebenen Inselbewohner sicherlich aufatmen können, denn das vorgesehene Eintrittsgeld von fünf Euro wird Zehntausende abschrecken, die eigentlich am zweiten Sonntag im August kommen wollten. Sie werden ihre Reise auf ruhigere Novembertage verschieben. Ganz bestimmt.

Der Autor hat die deutsche und die italienische Staatsbürgerschaft. Zwei Seelen wohnen, ach ... (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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