Türkei-Urlaub:Schnäppchen hier, Krise dort

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Sandstrand und Sonne, dazu ein All-inclusive-Hotel: Dieses Angebot verfängt für viele Urlauber am meisten, hier in Konyaalti an der türkischen Riviera. (Foto: Diego Cupolo/Imago/NurPhoto)

Das Land erwartet so viele Badegäste wie schon lange nicht mehr. Das liegt nicht nur an der günstigen Lira. Doch während sich die Touristen freuen, kommen viele Türken kaum über die Runden.

Von Hans Gasser

Ein Stadtbummel in Istanbul, eine frühmorgendliche Fahrt mit dem Heißluftballon über den Tuffsteinformationen in Kappadokien oder doch lieber Segeln in der türkischen Ägäis? Die Türkei ist ein vielfältiges Reiseland, man hat hier von hohen Bergen über bunte Großstädte bis hin zu kilometerlangen Sandstränden alle Möglichkeiten. Aber die allermeisten Touristen aus Deutschland entscheiden sich für einen Bade- und Strandurlaub an der türkischen Riviera zwischen Kemer, Antalya und Alanya.

Hier gibt es kilometerlange Sandstrände, an denen sich ein großes Hotel ans nächste reiht, Wärme und Sonne sind so gut wie garantiert. Deshalb ist die Türkei in diesem Sommer wieder eines der beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen, mit großem Wachstum im Vergleich zu den Vorjahren.

So rechnet allein der Reiseveranstalter Tui in diesem Jahr mit zwei Millionen Gästen, die Hälfte davon kommt aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das seien, so sagt Tui-Sprecher Aage Dünhaupt, 40 Prozent mehr als 2019, dem Rekordjahr vor der Corona-Pandemie. Auch andere Veranstalter wie FTI sprechen von einer sehr guten Buchungslage. Im vergangenen Jahr haben laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) 5,3 Millionen Deutsche einen mindestens fünftägigen Urlaub in der Türkei verbracht.

Dieses Ergebnis könnte im kommenden Sommer noch übertroffen werden, und das liegt vor allem an zwei Dingen. Erstens wurden und werden in der Türkei überall große Hotels gebaut, von denen 90 Prozent als All-inclusive-Häuser mit Pauschalarrangements betrieben werden, so viel wie in keinem anderen europäischen Land. Diese Urlaubsform, bei der alle Transfers, Mahlzeiten und Getränke mit dem Reisepreis abgegolten sind, erfreut sich vor allem bei preissensiblen Familien größter Beliebtheit. So sei etwa eine Woche all-inclusive mit Flügen in einem Viersterne-Hotel an der Riviera für eine Familie mit zwei Kindern bereits für 2000 Euro zu haben, sagt Tui-Sprecher Dünhaupt, fügt aber hinzu, dass das nicht für Mitte August und bei später Buchung gelte.

Der tiefe Fall der Landeswährung

Der zweite Punkt ist der Verfall der Türkischen Lira gegenüber dem Euro. Bekam man vor einem Jahr noch einen Euro für 18 Lira, kostet er derzeit 26 Lira. Das führt, je nachdem, ob die Veranstalter ihre Hotelzimmer in Lira oder Euro einkaufen, zu ziemlich günstigen Konditionen. Dass deutlich weniger Ukrainer und Russen in der Türkei Urlaub machen, also die großen Hotels mehr freie Zimmer haben, führt zusätzlich zu günstigeren Angeboten.

Doch das für die Gäste oft günstige All-inclusive-Geschäft hat eine dunkle Kehrseite: Zum einen verlassen viele Gäste die Hotelanlage kaum noch und geben so auch kein Geld aus in Restaurants, Geschäften oder Museen. Ein großer Teil der Bevölkerung in den Tourismusorten profitiert also kaum davon. Zum anderen verdienen viele Hotelmitarbeiter nur den türkischen Mindestlohn. Der wurde Anfang des Jahres zwar auf 8500 Lira (derzeit 330 Euro) erhöht, aber die starke Inflation hat zu einer so großen Teuerung geführt, dass die Angestellten von diesem Geld nicht leben können. Wer also in diesem Sommer Schnäppchenurlaub in der Türkei macht, täte gut daran, bei Trinkgeldern und beim Eisessen-Gehen nicht knausrig zu sein.

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