Tourismus in Israel:Auf Salz gebaut

Das Tote Meer trocknet aus. Zurück bleiben Strände, die nicht mehr am Meer liegen. Nun soll eine Stadt vom Reißbrett die Region wieder attraktiver machen - am Rande eines Industriegebiets.

Von Peter Münch

Zum Sonnenuntergang ist es am schönsten. Da taucht der tief stehende Feuerball die kahlen Berge gegenüber in ein unwirkliches, rotes Licht. Glatt gezogen breitet sich das Meer als Spiegel aus für dieses Schauspiel. Bald schon gehen drüben in Jordanien die Lichter an, und auf der israelischen Seite herrscht nichts als Ruhe am Toten Meer.

Es könnte die Ruhe vor dem Sturm sein hier in En Bokek. Denn die israelische Regierung hat große Pläne für den Tourismus am tiefsten begehbaren Punkt der Erde. Das Motto 430 Meter unter Normalnull lautet: "Das Tote Meer wird zum Leben erweckt" - und Amir Halevy kann gar nicht mehr aufhören, vom "großen Potenzial" zu schwärmen. Er ist der Generaldirektor des israelischen Tourismusministeriums, und in seiner Hand liegt die ehrgeizige Planung. "Wir bauen hier den größten Spa der Welt", verspricht er.

Fest steht zunächst einmal, dass Halevy ein mutiger Mann ist. Schließlich hatte der Salzsee in der Judäischen Wüste in letzter Zeit vor allem mit Untergangsszenarien Schlagzeilen gemacht. Eine Art multiples Organversagen war dem Toten Meer attestiert worden: Im Norden trocknet es aus, jedes Jahr sinkt der Wasserpegel um einen Meter, weil aus dem Jordan als einzigem Zufluss zu viel für Bewässerungszwecke abgezweigt wird. Im abgetrennten südlichen Teil dagegen, der von einem Chemie-unternehmen als Verdunstungsbecken für die Gewinnung von Magnesium und Pott-asche genutzt wird, lassen abgelagerte Salzmassen den Pegel steigen. Das ist bedrohlich für die ebenfalls dort angesiedelten Hotels in En Bokek und Hamei Zohar.

Tourismus in Israel: SZ-Karte

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Generaldirektor Halevy aber sagt: "Wenn du ein Problem hast, musst du Lösungen suchen." Die Krise als Chance also. Mit dem Unternehmen Dead Sea Works wurde inzwischen ein Abkommen geschlossen, das die Chemie-Firma zum teuren Ausbaggern des südlichen Beckens verpflichtet. Der Pegel soll so stabil gehalten werden. Überdies hat die Regierung Halevy zufolge bereits Hunderte Millionen Schekel investiert. Das Geld floss in die Infrastruktur für das ambitionierte Projekt "Dead Sea Valley", das Anfang März in Berlin auf dem "Hotel Investment Forum" erstmals offiziell vorgestellt werden soll.

Infinity Pools, künstliche Inseln, Nachtleben: Der Gast soll sich fühlen "wie am Meer"

Im Kern geht es um den Neubau von 4000 Hotelzimmern in En Bokek und Hamei Zohar. Auf eine glatte Verdopplung der bisherigen Kapazitäten zielt das ab - und zugleich auf eine deutliche Anhebung des Niveaus. In der schönen neuen Urlaubswelt, die der Architekt Mosche Safdie auf dem Reißbrett entworfen hat, stehen Luxushotels auf künstlichen Inseln. Infinity Pools und karibisch anmutende Badestrände laden ein zum lässigen Leben im Liegestuhl. Dass sich die Sonnensucher aus aller Welt de facto am Rande eines auch industriell genutzten Verdunstungsbeckens räkeln, ist für Halevy kein Problem. "Auch wenn es nicht das richtige Meer ist, hast du doch ein Gefühl wie im Meer", meint er.

Ziel ist der "internationale Elite-Tourismus". Bislang, so zeigen es die Statistiken des Ministeriums, kommen allerdings noch rund drei Viertel der Besucher aus Israel selbst - und sonderlich edel oder elitär geht es in En Bokek trotz der gesalzenen Hotelpreise auch nicht zu. Grundsätzlich ist man hier mit einem Bademantel auf der Straße gut angezogen. Einige der aus dem Wüstenboden gewachsenen Hotel-Hochhäuser könnten durchaus eine Renovierung gebrauchen. Und das Ortszentrum besteht aus einer schäbigen Mall sowie einer schon vor der Sommerhitze angebräunten Rasenfläche nebst Amphitheater.

Als Vorbote der neuen Zeit ist auf Regierungskosten allerdings schon eine schöne Strandpromenade mit Palmen, Bänken und Fitnessgeräten angelegt worden. Ein Radweg verbindet En Bokek jetzt mit dem benachbarten Hamei Zohar. "Die neuen Touristen kommen nicht nur zum Ausruhen", glaubt Halevy. "Sie wollen auch joggen oder biken." Und noch etwas anderes verheißt er für die Zukunft: ein Nachtleben mit Restaurants und Bars und Clubs. "Bislang ist es am Toten Meer nachts wirklich tot", sagt er. "Aber bald kannst du auch hier so wie überall sonst in Israel rund um die Uhr feiern."

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