Tattoo-Tradition auf Moorea in der Südsee:Schmerzhaftes Souvenir

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Tatauierer auf Tahiti in Französisch-Polynesien

(Foto: Tahiti Tourisme)

Die alten Tattoo-Motive in Französisch-Polynesien waren von den Inseln verschwunden, bis ein Tänzer sie wieder beliebt machte. Nun bringen Touristen Souvenirs von Moorea und Tahiti mit, von denen sie sehr lange etwas haben.

Von Kiki Baron

Taktaktaktaktak. Stock klackt auf Holzstäbchen. Hin und wieder haucht eine Südseebrise Blumenduft durchs offene Fenster, ansonsten steht die feuchte, schwüle Luft im Atelier. Purotu schwitzt dennoch nicht, obwohl seine Arbeit Konzentration erfordert. Alle paar Sekunden hält der Künstler inne und wischt schwarze Tinte von der Haut des Mannes, der mit nacktem Oberkörper auf einer Matratze vor ihm liegt.

Ein paar Blutstropfen dürften darunter gemischt sein. Aber Yavier Pascal, Purotus Kunde, zwingt sich ein Grinsen ab. Jetzt besser nicht bewegen, mag er sich denken, sonst könnte die schmerzhafte Prozedur danebengehen. Purotu hantiert im Schneidersitz, so präzise und konzentriert wie ein Chirurg am Operationstisch.

Am Holzstäbchen klemmt ein Kamm mit spitzen Zinken. Aus Wildschweinhauer sei der geschnitzt, sagt Purotu. Damit treibt er die schwarze Tinte in Yavier Pascals Brust. Tatau heißt die Aktion auf Polynesisch. Auf Deutsch wurde Tätowieren daraus.

Purotu ist einer der wenigen Tatauierer in Französisch-Polynesien, die noch nach alter Tradition arbeiten. Sofern der Kunde das wünscht. Genauso gut kann er die Farbe mit elektrischer Nadel unter die Haut jagen. "Tut nicht so weh, ist schneller und präziser", erklärt er. Und hygienischer? "Das ist egal", antwortet der Künstler, "die Nadel wird nach jedem Gebrauch desinfiziert, der Kamm neu geschnitzt." Purotu trägt OP-Handschuhe; auch sein Mitarbeiter hat Handschuhe angezogen.

Stretcher wird der Helfer genannt - er spannt die Haut von Yavier Pascal unter dem Kamm. Als Patient fühlt der sich nicht, eher wie eine Leinwand - und glückselig wirkt er dabei. "Endlich", sagt er, "wird das wahr, wovon ich jahrelang geträumt habe und wofür ich mein Geld sparte: echte polynesische Tattoos." Sie schmücken seine Schultern und jetzt schon die halbe Brust.

Mit diesen speziellen Ornamenten will er seine Familie ehren, die Eltern, die ihn "stets beschützt" haben, wie er sagt. Traditionelle Tahiti-Tattoos sind für ihn die schönsten. "Weil sie kreativ sind und vielerlei Symbolik beinhalten. Weil sie meine Individualität unterstreichen, mir Selbstbewusstsein geben." Dafür beißt der Mann aus Paris gern stundenlang die Zähne zusammen.

Der Weg zur Glückseligkeit ist weit und teuer. 24 Flugstunden sind es von Europa aus bis nach Tahiti, der Hauptinsel von Französisch-Polynesien, dann muss man umsteigen auf die Express-Fähre nach Moorea. Die Fahrt dauert 45 Minuten. Moorea gilt als Mittelpunkt der Tattoo-Szene der Inselgruppe.

Doch auch, wer nicht wegen der Body Art kommt, kann diesen Ort inmitten des Pazifiks genießen: Bergzinnen, die patchworkartig vom knalligen Grün des Dschungels umhüllt sind, stechen 1000 Meter hoch in den blauen Himmel, weißglitzernde Wellen treffen auf das Riff, zwischen Riff und Strand liegt eine spiegelglatte Lagune in irisierendem Curaçao Blue. Vor mehr als hundert Jahren schöpfte Paul Gauguin Inspiration aus solcher Südseelandschaft.

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