Tasmanien:Tief durchatmen!

Lesezeit: 3 min

Hinterm Horizont liegt Südamerika: Ein Holzplankenweg führt zum Aussichtspunkt "Edge of the World" in Arthur River. (Foto: dpa-tmn)

Im Nordwesten Tasmaniens prägen die starken Westwinde der "Roaring Forties" Landschaft und Lebensstil. Abseits der beliebtesten Reiserouten der Insel treffen Urlauber hier auf ein gut erreichbares Weltende und auf die sauberste Luft der Erde.

Am Ende der Welt gibt es einen Parkplatz und eine öffentliche Toilette. Ein Holzbohlensteg führt an einer kleinen Düne mit Aussichtsplattform vorbei zum Wasser; dorthin, wo der Southern Ocean mit Wucht seine Wellen auf die rotbraunen Felsen klatscht.

Totes Holz liegt in den Ausläufern der Brandung. Ins Meer geraten sind die Baumstämme wohl irgendwo weiter südlich an der Küste Tasmaniens. Hier bei Arthur River, im Nordwesten der zu Australien gehörenden Insel, endet ihre Drift an einem Ort, den die Einheimischen seit langem "The Edge of the World" nennen, den "Rand der Welt".

Der Blick schweift nach Westen, weit hinaus auf den Ozean. Die Wellen können wirklich prima Anlauf nehmen, liegt doch das nächste Festland auf diesem Breitengrad mehr als 15.000 Kilometer entfernt in Südamerika. Afrika reicht nicht weit genug nach Süden, um sich ebenfalls den Roaring Forties in den Weg zu stellen, jenen heftigen Westwinden, die hier in Tasmanien nicht selten Sturmstärke erreichen.

An diesem Tag aber ist der Himmel gnädig, der Sonnenschein wird in Arthur River von einem eher lauen Lüftchen begleitet. Besonders viele Touristen sind dennoch nicht über die fast bis zum Schluss asphaltierte Straße angereist, um einmal auf dem "Rand der Welt" zu stehen.

Die Region zwischen der Bass Strait und dem Southern Ocean ist nicht besonders strukturstark. Rund um das regionale Zentrum Smithton bestimmen große Agrarflächen das Bild: Kühe, Kühe, Kühe, soweit das Auge reicht.

Tasmanien
:Insel der Nationalparks

Man kann nach Tasmanien fahren, um die Hauptstadt Hobart zu erkunden - und natürlich die Wildnis direkt vor den Toren der Stadt. Von Carolin Gasteiger

Der Erfolg der lokalen Farmer liegt auch an der guten Luft, die der Westwind auf die Insel trägt. Am Cape Grim, dem nordwestlichsten Zipfel Tasmaniens, unterhält das UN-Programm "Global Atmosphere Watch" eine Messstation, die permanent unter anderem den Gehalt von Methan, Kohlendioxid und Lachgas in der Atmosphäre festhält. Mit dem Ergebnis, dass Tasmanien regelmäßig die "sauberste Luft der Welt" attestiert wird.

Die Messstation ist nicht zur Besichtigung freigegeben, wohl aber das Land drumherum, Cape Grim etwa in organisierten Ausflügen. Im Mittelpunkt der Fahrten mit dem Anbieter Woolnorth Tours stehen neben dem Kap die großen Windfarmen, die seit 2002 hier gebaut worden sind. 57 Windräder drehen sich über den Köpfen friedlich grasender Schafe und Rinder, deren Fladen dafür sorgen, dass sich auch in der saubersten Luft der Welt viele Fliegen wohlfühlen.

"An guten Tagen produzieren wir zehn Prozent des Strombedarfs von Tasmanien", erzählt Gästeführer Eddy Schuuring. Die Windkraftanlagen sind gekoppelt mit den Wasserkraftwerken im Zentrum der Insel. "Meist erzeugen wir mehr Strom, als wir brauchen, und exportieren ihn auf die Nordinsel", sagt Eddy selbstbewusst und meint damit das australische Festland.

Es stürmt inzwischen ganz schön, zumindest in der Wahrnehmung der Tourgäste. Tatsächlich sei der Wind heute eher schwach, meint Eddy. Die Brise weht ausnahmsweise auch von Osten, weshalb vor dem Kap einige Fischerboote kreuzen. "Die holen Seeschnecken und Krebse aus dem Wasser. Bei Westwind, wenn die Wellen drei bis vier Meter hoch sind, kämen die nicht her." Stattdessen birgt der Wind aus der unerwarteten Richtung nun Gefahren für die Gäste: "Am Klippenrand bitte gut aufpassen, ich springe nicht hinterher", scherzt Eddy.

Der kleine Ort Stanley mit seinen Holzhäusern ist ein guter Ausgangspunkt für Touren im Nordwesten Tasmaniens. (Foto: dpa-tmn)

Ein guter Ausgangspunkt für einen Besuch des Nordwestens ist der Ort Stanley, auf einer kleinen Halbinsel in der Bass Strait gelegen und 1996 Sieger in der australischen Version von "Unser Dorf soll schöner werden". Viele kleine Holzhäuser und Feriendomizile säumen die Straßen, es gibt einige Hotels, Pensionen und Gaststätten und als Hauptattraktion den etwa 150 Meter hohen Felsen "The Nut", der am östlichen Ortsrand markant und weithin sichtbar aus dem Meer ragt.

Den Felsen "The Nut" bei Stanley können Urlauber zu Fuß oder mit dem Sessellift erklimmen. (Foto: dpa-tmn)

Ein steiler Pfad führt auf den Berg hinauf, der aus den Resten eines vor Millionen Jahren aktiven Vulkans besteht. Wer es deutlich gemütlicher möchte, kann seit 1987 auch mit einem Sessellift das vom Wind zerzauste Grasplateau erreichen und dabei entspannt den Surfern in der Brandung zuschauen.

Tasmanien
:Schön skurril

Schlecht gelaunte Teufel, neugierige Kängurus und eine Landschaft, die das Wandern wert ist: die Insel Tasmanien.

Denen, so scheint es, kann der inzwischen wieder zuverlässig auf West gedrehte Wind gar nicht stark genug sein.

© SZ.de/dpa/Christian Röwekamp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: