Schweizer Skiort mit eigenem Wechselkurs:"Die Regierung? Haben wir nicht gefragt"

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Der Schweizer Kanton Wallis: Im Skiort Grächen machen viele Tourismus-Betriebe beim ortseigenen Euro-Wechselkurs mit. (Im Bild: eine Skihütte im nahegelegenen französischsprachigen Teil des Wallis) (Foto: dpa-tmn)

Mit dem teuren Franken können sich viele Touristen den Urlaub in der Schweiz nicht mehr leisten. Die Lösung im Skiort Grächen: ein eigener, günstiger Wechselkurs.

Interview von Elena Adam

Im kleinen Schweizer Skiort Grächen im Kanton Wallis tauscht die Gemeinde Euro zum alten Umrechnungskurs in Franken um. Der eigene Wechselkurs von 1,35 Franken je Euro freut die Touristen und so bleiben die Besucherzahlen trotz des offiziellen Währungsgleichstandes stabil. Beinahe alle Hotels, Gasthäuser und Skilifte machen bei der Aktion mit. Berno Stoffel, Direktor der Touristischen Unternehmung Grächen, hatte nicht viel Mühe, die Unternehmer zu überzeugen.

SZ.de: In Grächen ist der Euro, anders als in allen anderen Orten in der Schweiz, nicht einen Franken, sondern 1,35 Franken wert. Wie geht das?

Berno Stoffel: Wir haben im August 2011 bemerkt, dass der Wechselkurs starke Auswirkungen auf unsere Buchungszahlen hatte. Wir mussten reagieren, sonst wäre es über den Winter sehr schwierig geworden. Also haben wir uns was ausgedacht.

Aber eigentlich kommen Sie bei so einem Wechselkurs ja eher schlecht weg.

Theoretisch schon. Aber noch schlechter ist es für uns, wenn die Touristen gar nicht mehr kommen, weil sie sich Urlaub in der Schweiz nicht mehr leisten können. Das haben wir 2011 so erlebt und seit die Aktion läuft, hat sich das wieder beruhigt und es läuft sogar sehr gut.

Und jetzt kommen Touristen nach Grächen und tauschen ihr Geld in der Bank zum Grächener Wechselkurs um?

Nein, nicht in der Bank. Sie zahlen bei uns in Euro. Wir haben über 100 Betriebe, die bei der Aktion mitmachen. Das sind Hotels, Skilifte, Sportgeschäfte, Skischulen, Restaurants und Boutiquen. Dort wird dann im Geschäft umgerechnet, wie viel Euro sie bezahlen müssen. Mittlerweile machen wir ein Drittel des Umsatzes in Euro.

Eine Karte für den Skilift in Grächen ist dann also wie viel günstiger als in anderen Orten in der Schweiz?

Da sparen sie etwa ein Viertel. Wir sind ein Familien-Skiort und wer schon einmal mit zwei Kindern in den Urlaub gefahren ist, der weiß wie teuer so etwas wird.

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Wie wird der Skiliftbetreiber die ganzen eingenommenen Euro dann wieder los?

Jeder kann natürlich das Geld wieder bei der Bank in Franken eintauschen, aber das machen viele nicht. Die meisten Unternehmer kaufen lieber in den Nachbarländern ein, wenn sie etwas für den Betrieb brauchen. Pistenfahrzeuge aus Deutschland sind da sehr beliebt.

Und was sagt Ihre Regierung dazu?

Die haben wir gar nicht gefragt.

Dann ist bei Ihnen die Welt ja noch richtig in Ordnung.

Kann man so sagen. Die Aktion war goldrichtig. Wir haben in diesem Winter noch keine Stornierungen gehabt, wie viele andere Skiregionen in der Schweiz.

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