Kolumne "Ende der Reise":Missverständnis Familienurlaub

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Durchhänger? Das liegt nicht immer nur an den Kindern. (Foto: Thierry Foulon/imago/PhotoAlto)

Mit Kindern zu verreisen, finden Eltern oft anstrengend - wegen der Kinder. Nur so ein Gedanke: Vielleicht sind die Erwachsenen das Problem?

Glosse von Stefan Fischer

Reisen mit Kindern sind anstrengend. Mit Jugendlichen in der Pubertät noch mehr. Sagen viele Eltern. Denn da bietet man der Vier- und dem Siebenjährigen ein tolles Programm. Trotzdem finden die den Tag blöd, weil man ihnen am Ende das falsche Eis gekauft hat. Und Fünfzehnjährige haben ohnehin aus Prinzip auf gar nichts Lust.

Reisen mit Kindern und Jugendlichen sind also deshalb anstrengend, weil Kinder und Jugendliche anstrengend sind, so die einhellige Meinung - der Eltern. Diese Meinung haben sie jedoch exklusiv für sich. Denn fragte man den Nachwuchs, wäre das Bild ein anderes. Nur so ein Gedanke: Vielleicht ist der Familienurlaub ja vor allem wegen der Eltern anstrengend?

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Da hockt man das ganze Jahr über in einer Dreizimmer-Wohnung aufeinander, verschärft noch durch die eine oder andere Corona-Quarantäne. Klar haben alle das Bedürfnis: Wir müssen mal raus! Und was machen die Eltern? Sperren die Familie in einen Van oder ein Zelt. Was sich ungefähr so anfühlt, als wären daheim alle gleichzeitig im Bad.

Und wer ist es denn, der in den Ferien nichts Rechtes anzufangen weiß mit sich? Doch nicht die Kinder, die chatten, chillen oder gamen und dabei mit sich im Reinen sind. Sondern die Eltern, die sich im Urlaub in jemanden verwandeln, der sie gar nicht sind. Zu Hause kämen sie nie auf die Idee, eine Kirche zu besichtigen. Während der Städtereise müssen es aber unbedingt drei an einem Vormittag sein. Daheim gibt's jeden zweiten Tag Nudeln mit Soße, weil's schnell geht und allen schmeckt. Im Urlaub kommt stattdessen auf den Tisch, was der Reiseführer als lokale Spezialität anpreist. Egal, ob die Einheimischen das Gericht als solche anerkennen würden und woraus es besteht.

Erziehungsberechtigte, sonst passionierte Autofahrer, entdecken plötzlich ihr Faible für Fahrradtouren oder gar fürs Bergsteigen. Tagein, tagaus soll man ihnen bloß nicht auf die Nerven gehen, jetzt wollen sie ständig alles gemeinsam unternehmen. Kurz: Eltern werden im Urlaub unberechenbar für ihre Kinder. Außerdem beginnen sie sich tendenziell nachlässig zu kleiden, wenn sie zu Touristen mutieren. Kommt es ganz schlimm, fangen sie sogar an, wozu sie sonst keine Zeit haben, nämlich ihre Kinder zu erziehen. Aber die Kleinen wären die Anstrengenden!

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