Die Lufthansa bereitet sich auf den größten Pilotenstreik der Unternehmensgeschichte vor. Das Unternehmen sagte für Mittwoch, Donnerstag und Freitag vorsorglich 3800 der geplanten 4300 Flüge ab, nachdem sich die Fluggesellschaft und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) bis zum Montagnachmittag nicht auf weitere Verhandlungen einigen konnten. Laut Lufthansa sind etwa 425 000 Passagiere von dem Ausstand betroffen.
Ein Großteil der Flüge würde auch dann ausfallen, wenn ein Streik in letzter Minute doch noch abgesagt werden würde. Denn Änderungen am Flugplan wären in der Kürze der Zeit nicht mehr rückgängig zu machen.
Die Vereinigung Cockpit (VC) bestreikt drei Tochterfirmen: Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings. Diese fallen, anders als alle anderen Fluggesellschaften, unter den sogenannten Konzerntarifvertrag, der auch die derzeit umstrittene Übergangsversorgung regelt.
Flüge der Regionaltöchter Lufthansa City Line und Eurowings finden statt, ebenso wie die Verbindungen von Austrian, Swiss und dem Frachtanbieter Aerologic. Allerdings wird Lufthansa voraussichtlich Eurowings- und City-Line-Maschinen für die wichtigsten ihrer eigenen Strecken nutzen, so dass auch im Regionalverkehr mit starken Einschränkungen zu rechnen ist.
Lufthansa hat die Liste der gestrichenen Flüge auf der Internetseite www.lh.com veröffentlicht. Betroffene Passagiere sollen auf die Flüge anderer Gesellschaften umgebucht werden. Flugtickets können auch für Bahnreisen genutzt werden.
Die Fluggesellschaft will dieses Mal besonders früh entscheiden, welche Flüge ausfallen. In der Vergangenheit hatte die Lufthansa versucht, möglichst viele Langstrecken weiter anzubieten. Die Maschinen waren dann aber halb leer abgeflogen, weil es keine Zubringer gab, die die Passagiere hätten nutzen können.
Der Streik trifft das Unternehmen mitten in einem Sanierungsprogramm, durch das der Gewinn bis 2015 um 1,5 Milliarden Euro verbessert werden soll. Er findet auch mitten in einem personellen Umbruch an der Unternehmensspitze statt: Konzernchef Christoph Franz wechselt Ende April in die Schweiz, Carsten Spohr rückt nach.
Die Lufthansa und die Vereinigung Cockpit ringen um die sogenannte Übergangsversorgung, die es den Piloten ermöglicht, vorzeitig und finanziell abgesichert aus dem Flugdienst auszuscheiden. Der bisherige Tarifvertrag, den die Lufthansa zum Ende des vergangenen Jahres gekündigt hatte, sah vor, dass Piloten mit spätestens 60 Jahren aus dem Dienst ausscheiden. Sie hatten die Möglichkeit, mit 55 Jahren aufzuhören und schon dann die Übergangsversorgung in Anspruch zu nehmen. Im Durchschnitt fliegen Lufthansa-Crews bis zum Alter von knapp 59 Jahren.
Vereinigung Cockpit: Neueinsteiger schlechter gestellt
Die Übergangsversorgung ist aus mehreren Gründen ins Wanken geraten: Nach einem Gerichtsurteil dürfen Piloten bis zum Alter von 65 Jahren fliegen. Lufthansa und VC dürfen dies nicht mehr per Tarifvertrag anders regeln. Außerdem argumentiert das Unternehmen, dass die bisherige Finanzierung der Frühverrentung wegen der äußerst niedrigen Zinssätze für sie alleine nicht mehr zu leisten ist. Sie will die Versorgung zwar fortsetzen und gewährt den meisten ihrer Piloten einen weitgehenden Bestandsschutz, in Zukunft sollen sich die Crews aber an den Kosten beteiligen.
Die Vereinigung Cockpit wiederum will, dass alle Piloten gleich behandelt werden, Neueinsteiger also nicht schlechter gestellt werden als langjährige Kapitäne. Die Gewerkschaft bietet aber nach eigenen Angaben eine Deckelung der Kosten an.
"Wir haben sowohl für eine bessere Vergütung als auch für eine künftige Regelung zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Flugdienst gute Angebote gemacht", sagte Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens. "Dass die Gewerkschaft VC auf dieser Basis gleich zu einem dreitägigen Streik aufruft, ist schwer nachvollziehbar." Die Piloten fordern neben einer praktisch unveränderten Übergangsversorgung auch ein Gehaltsplus von zehn Prozent - Lufthansa hat bislang 5,2 Prozent mehr Geld geboten, bei einer Laufzeit des neuen Tarifvertrages bis Ende 2015.
Dem Unternehmen zufolge wird der Streik bedeuten, dass der Gewinn in diesem Jahr um einen zweistelligen Millionenbetrag geringer ausfällt. Schon durch die Ankündigung sei ein "großer Schaden" entstanden, weil Passagiere und Frachtkunden umgebucht haben.