Hotel Fernblick in Niederösterreich:Ja zum Chichi

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Siebenstöckige Kristallleuchter, eine Felsenbar mit Séparée und in der Hochzeitssuite steht ein Schwanenhals-Plüschsessel: Das Fernblick südlich von Wien lockt exzentrische Heiratswillige.

Von Evelyn Pschak

Das Hotel für Heiratswillige hat in einem kleinen Mittelgebirgsdorf in Niederösterreich eröffnet: Das Fernblick wirbt als "Wedding-Location" um "schräge Vögel" - Letztere suchte man bisher vergebens in der 400-Einwohner-Gemeinde mit der phänomenalen Aussicht übers weite Tal bis zum Schneeberg. Der Ort Sankt Corona am Wechsel wurde nach der Heiligen benannt, deren Statue man 1504 in einem hohlen Lindenbaum fand und an die heute eine kleine Barockkirche erinnert. Sie gilt als die rechte Fürbitterin, sobald es um Standhaftigkeit im Glauben, Schutz gegen Unwetter und Hilfestellungen in den kleinen Nöten des Alltags geht - unerlässliche Dinge für das Gelingen einer Ehe.

Die vergangenen 15 Jahre sei hier nicht viel passiert, beschreibt Michael Niederer den in die Jahre gekommenen Ausflugsort. Erst recht nicht mehr nach dem Abbau der Skilifte 2011. "Doch wenn alle Hochzeitsgäste in ihren Smokings und Abendkleidern vor dem hellen Hoteleingang stehen, der wie ein Kinoeingang leuchtet, dann sieht es in Sankt Corona plötzlich so aus wie in Beverly Hills", schwärmt Niederer. Der Interior Designer hatte bereits 2014 mit seinem Partner, dem Unternehmensberater Andreas Wessely, am nicht weit entfernten Semmering die Ferien-Jugendstilvilla Antoinette eröffnet. Nun ist er Mitgründer des Hotels Fernblick und hat die 21 Zimmer plus Hochzeitssuite in glamourös-schrillem Mid-Century-Schick eingerichtet.

Was für König-Ludwig-Fans: Zimmer mit Schwanensessel.

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(Foto: Matthias Kronfuss)

Hier könnte James Bond einen Drink nehmen: Wohnzimmer im Fernblick.

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(Foto: Matthias Kronfuss)

Hochzeit feiern mit viel Chi-Chi: Dafür eignet sich dieser Speisesaal.

Es geht aber auch schlichter.

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(Foto: Matthias Kronfuss)

Die Siebziger lassen grüßen.

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(Foto: Daniel Willinger)

Ein Garten mit Pool gehört auch zur Anlage.

Und zwar mit ordentlich Chichi. Im Fernblick gibt es viel Samt, viel Federn, viel Bleikristall. Das Barpersonal in weißem Hemd und schwarzer Fliege zu den Hosenträgern serviert kräuterlikörigen Pelinkovac Sour aus Martinigläsern. Auf der Stofftapete prangen Paradiesvögel, deren lange Steuerfedern das türkis- und fliedernuancierte Farbspiel der Jukebox von 1956 aufnehmen. Der angrenzende Panoramasaal ist eingedeckt, weiße Tischdecken schlingen sich um die Beine der Gäste, darauf goldene Platzteller, goldenes Besteck und goldene Palmenkerzenständer, die man im hoteleigenen Concept Store kaufen kann.

Im ehemaligen Kartoffelkeller hat Niederer die James-Bond-würdige "Felsenbar" eingebaut, samt Bakelittelefon mit rotem Leuchtzeichen für die Bestellungen aus dem Séparée. Die Keramikkakteen der "Tulum Bar" im Außenbereich mit Springbrunnen sorgen fürs karibische Gefühl, in der Hochzeitssuite neigen sich freundlich die Schwanenhälse des Plüschtiersessels, und auf den Toiletten tragen die Kunstharznager der Mouse Lamp Love Edition der italienischen Designfirma Seletti rot glühende Herzen zwischen ihren putzigen Pfoten. Draußen mag es dörflich sein, "drinnen haben wir dieses rosa Ufo", sagt Andreas Wessely. Derweil lockt ein Besucher seine Frau mit "das musst dir anschauen, das hat an Flair" runter zur um eine 800-jährige Linde gezimmerten Lindenlaube mit Platz für 130 Hochzeitsgäste.

Einen solch detailverliebten Hochzeitsort kann man vermutlich gar nicht ohne Eigennutz kreieren: Die beiden Hotelunternehmer werden sich hier im nächsten Juni selbst das Jawort geben. Und nicht nur sie - die Wochenenden der nächsten Sommersaison sind bereits jetzt schon so gut wie ausgebucht. Ach ja, nicht zu vergessen: Die Heilige Corona ist auch die Schutzpatronin der Geschäftsleute. Für solche mit Vision und mit Fernblick wohl sowieso.

Fernblick in Österreich, Sankt Corona am Wechsel 69, einzelne Übernachtungen nur Sonntag auf Montag ab 140 Euro fürs DZ, ansonsten bucht man das gesamte Haus für mehrere Tage im Paket. Jeden Sonntag von 12 bis 19 Uhr ist das Fernblick als Knödel-Gasthaus geöffnet, fernblick.at

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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