Kolumne "Ende der Reise":Rohrratte als Proviant

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Eine Rohrratte: Es gibt Menschen, die diese Nager gern verspeisen. (Foto: Jacek555/Wiki Commons)

Beim Snack für unterwegs ist Vorsicht geboten. Denn vieles kommt nicht durch den Zoll - selbst wenn es fachmännisch gegrillt ist.

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Klar gibt es Reisende, die in krimineller Absicht Verbotenes mit sich führen. Gerade eben ist wieder eine Bande beim Einschiffen aufgeflogen, die auf einer Transatlantik-Kreuzfahrt 30 Kilo Kokain von Brasilien nach Europa schmuggeln wollte. Das ist inzwischen offenbar eine beliebte Route: Von der brasilianischen Hafenstadt Santos aus versuchen Boten immer wieder, Drogen auf Touristenschiffen über den Atlantik zu bringen. Wenige Wochen vor dem aktuellen Fund hatten es Kuriere auf dieser Route mit 66 Kilo Kokain im Gepäck bis nach Spanien und Frankreich geschafft und waren erst dort aufgeflogen.

Weniger schwerwiegend, aber ebenfalls widerrechtlich ist der fehlgeschlagene Versuch eines Reisenden, ein Paar Stieglitze von Marokko nach Deutschland einzuführen. Zollbeamte haben die Vögel am Hamburger Flughafen entdeckt und sichergestellt. Die Details dieses Falles sind komplex, ums Tierwohl geht es dabei nur am Rande. Gegen den Reisenden ist in dieser Sache vielmehr ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden.

Mitunter aber werden Dinge ganz ohne Arglist auf Reisen mitgenommen - und lösen dennoch Ärger oder wenigstens Verstörung aus. So kreiste im vergangenen Sommer rohes Hähnchenfleisch zwischen Koffern auf einem Gepäckband des Flughafens von Seattle: Die Kühlbox eines Passagiers hatte sich geöffnet.

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Bereits gegrillt indessen war die Rohrratte, die ein Reisender aus Afrika jüngst mit nach München gebracht hatte. Gedacht war sie als Wegzehrung, Zollbeamte des Flughafens konfiszierten den Braten jedoch, weil es sich bei der Mahlzeit um ein "nicht einfuhrfähiges Lebensmittel" handelt, so die beamtendeutsche Begründung. Rohrratten zählen zu den Stachelschweinverwandten und werden in einigen Subsahara-Ländern gerne verspeist.

Hierzulande fürchtet man Tierseuchen. Die Rohrratte sei deshalb "fachmännisch beseitigt" worden. Ob das nun bedeutet, dass Zollmitarbeiter probiert haben, ob süßer oder scharfer Senf besser dazu passt und sich als Begleitung eher ein Weißbier oder ein schwerer Rotwein empfiehlt, sei dahingestellt. Der seiner Verpflegung verlustig gegangene Reisende jedenfalls wird sich seinen Teil gedacht haben, als er endlich den Sicherheitsbereich des Münchner Flughafens verlassen konnte: Schließlich werden einem dort aus Sicht (mindestens) von Auswärtigen so merkwürdige Dinge wie Weißwürste und Leberkäse bedenkenlos als Lebensmittel angedient. Verglichen damit soll ein fachmännisch gegrilltes Bio-Rohrratten-Entrecôte gesundheitsgefährdend sein?

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