Reisebücher:Lieblingsinseln

Reisebücher: Abendstimmung am Strand von Juist.

Abendstimmung am Strand von Juist.

(Foto: Kerstin Bittner/Imago/Westend61)

Bernd Eilert hat die Île de Ré für sich entdeckt, Sandra Lüpkes schwärmt unterdessen von Juist.

Rezension von Stefan Fischer

Vom Stockholm-Syndrom zu sprechen, wäre überzogen. Denn weder die Île de Ré noch seine Frau Kristin haben Bernd Eilert Gewalt angetan. Und doch, so schildert es der Erzähler und Übersetzer mit dem großen Talent zum Komischen, sei er gewissermaßen verschleppt worden auf diese Insel vor der französischen Atlantikküste. Trotzdem er skeptisch gewesen sei und sich nicht viel versprochen habe von Ferien dort, habe er sich schnell hingezogen gefühlt zur Île de Ré. Zu seiner Frau offenkundig schon viel früher.

Inzwischen möchte er die Aufenthalte dort nicht mehr missen. "Was die Île de Ré zu meiner Insel hat werden lassen, kann ich dennoch nur vage umschreiben", wendet Eilert allerdings ein: "Womöglich war es mehr Wohlgefühl als Wohlgefallen." Tatsächlich sind es nicht so sehr pittoreske Ortschaften oder atemberaubende Landschaften, die den einstigen Mitbegründer der Satirezeitschrift Titanic und Autor der Neuen Frankfurter Schule für die Île de Ré gewonnen haben. "Der erste Eindruck, den man von der Natur der Insel bekommt, ist nicht aufregend: niedere Wäldchen, reihenweise Weinstöcke, prärieartiges Brachland", schreibt er in seinem Band "Meine Île de Ré": "Die Palette der Insel tendiert hier zu den gedämpften Farbtönen alter Sofakissen, veloursartige Oberflächen, wie von feinen Fasern überzogen."

Das hat der Insel manchen touristischen Auswuchs erspart. Eine gewisse Bescheidenheit, die Ruhe, das Unprätentiöse schätzt Eilert an der Île de Ré. Die einzigen Sixpacks, die auf der Insel zur Schau getragen würden, fänden sich auf gerunzelten Stirnen. Der Autor ist jedoch klug und auch ehrlich genug zu bemerken, dass von einer wie auch immer gearteten Ursprünglichkeit trotzdem kaum etwas erhalten ist. "In den Inselhäuschen logiert zumindest in den Ferien die französische Bourgeoisie und genießt das, was sie vermutlich für das einfache Leben hält."

Das Französische bereitet dem Autor Probleme. Trotzdem macht er beherzt Gebrauch davon

Eilert selbst spielt dieses Spiel in Teilen mit, wobei er sich keinen Illusionen von Authentizität hingibt. Er genießt vor allem das Radfahren - "mit kurzen Hosen und wehendem Hemdschoß" -, stöbert lustvoll in der Geschichte der Île de Ré, auch in eigener Sache, und freut sich darüber, dass es hier selten überlaufen ist. Auch wenn die Orte, Strände und Wege zuletzt voller geworden seien. Das könne man aber nur beklagen, wenn man sich selbst für etwas Besseres halte. Davon ist Eilert, jedenfalls was ihn als Urlauber betrifft, weit entfernt. Er spreche nicht einmal vernünftig Französisch, klagt er sich selbst an, mache nur zunehmend beherzten Gebrauch davon.

Als Leser begreift man schließlich, woraus sich Eilerts Wohlgefühl speist. Man kann es teilen oder auch nicht. Zudem wird man amüsant unterhalten durch Schilderungen von durchweg Unspektakulärem. Welch eleganter Stilist und auch unvoreingenommener Beobachter Eilert ist, wird noch deutlicher, wenn man daneben Sandra Lüpkes' in derselben Reihe des Mareverlags erschienenes Buch "Mein Juist" liest.

Die Autorin von Regionalkrimis, Inselschmonzetten und Gesellschaftsromanen schludert sich darin sprachlich und argumentativ über die ostfriesische Insel: So lägen der Westen und der Osten Juists stolze 17 Kilometer auseinander, wie auch die höchste Erhebung stolze 22 Meter hoch sei und der Turm der ersten Inselkirche wohl stolze 50 Meter emporgeragt habe. Schüler heißen bei ihr Abc-Schützen, und dass es regnet, sei eine Entscheidung von Petrus. Das beste Haus auf der Insel klassifiziert Lüpkes als Luxushotel mit Nobelküche - es handelt sich um ein 4-Sterne-plus-Hotel mit gehobener gutbürgerlicher Küche, was dann doch einen Unterschied macht. Lüpkes, die Juist um vieles intensiver kennt als Eilert die Île de Ré, gibt sich launig, vermag aber weitaus weniger von Belang zu erzählen.

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(Foto: Mareverlag)

Bernd Eilert: Meine Île de Ré. Mareverlag, Hamburg 2022. 192 Seiten, 20 Euro.

Sandra Lüpkes: Mein Juist. Mareverlag, Hamburg 2022. 192 Seiten, 18 Euro.

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