Ausflugs-Tipps für New York:In Jersey City will man nicht begraben sein

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Diesen Eindruck erwecken zumindest Serien und Filme. Aber ist New Yorks Nachbarstadt wirklich nur etwas für stillose Spießer? Ein Ausflug nach New Jersey.

Von Johanna Bruckner

Jersey City ist etwas für Menschen, die ihr Leben aufgegeben haben. Für Menschen, die freiwillig den Glamour Manhattans gegen urbane Gewöhnlichkeit tauschen. Denen ein paar Quadratmeter Vorgarten wichtiger sind als unendliche Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und Selbstverwirklichung. Hier will man nicht mal beerdigt sein. Das zumindest verklickert in der Serie How I Met Your Mother Protagonistin Lily ihrem Kumpel Ted, als dieser witzelt, dass er nur aus einem einzigen Grund nach Jersey fahren würde: um eine Leiche zu entsorgen. "Ted, wenn du mich umbringst und meine Leiche in New Jersey vergräbst, komme ich als Geist zurück und mache dir das Leben zur Hölle", droht Lily.

Geographisch ist New Jersey nur durch den Hudson River von New York getrennt. Kulturell dagegen liegen Welten zwischen beiden Städten, haben wir aus zahlreichen Serien und Filmen gelernt. Aber höchste Zeit für Facts statt Fun - genug der humoristischen Unterstellungen: Was kann New Jersey wirklich?

Stadt: Dem unterstellten Hinterwäldler-Status begegnet Jersey City auf die einzig richtige Art und Weise: mit Selbstironie. "Our haircuts get you laid", wirbt ein Friseur im zentralen Viertel The Village. Hier gibt es nette Cafés, einen kleinen, unabhängigen Buchladen ("Word") und eine Fußgängerzone mit echten Schaukelstühlen zum Ausruhen. Aber Haarschnitte mit Sex-Garantie? Das klingt in etwa so glaubwürdig wie das Kaufversprechen der "Buffins" auf dem historischen Bauernmarkt. Die Jersey-Variante der bekannten Muffins soll besonders gehaltvoll sein. Man werde davon "buff", verspricht die Verkäuferin am Stand, also muskelstrotzend und "yummy". So wiederum kann man sich dann nach Manhattan trauen - oder auf Instagram.

Davon habe man in New Jersey nämlich durchaus schon gehört, versichert der freundliche Pilzhändler, der ein bisschen aussieht wie der hochgewachsene Bruder von "Hobbit"-Regisseur Peter Jackson. Man möge aber entschuldigen, wenn er in den sozialen Medien nicht sofort auf Anfragen antworte: "Ich bin häufiger im Wald als im Internet." Die Auslage des Pilzhändlers sieht im Übrigen mehr nach atomarem Unfall als nach Natur pur aus - aber auch das passt irgendwie. Ein anderer Witz über New Jersey geht nämlich so: Warum wird New Jersey "Garden State" genannt? Antwort: Weil "Staat des Erdöls, des Atommülls, der giftigen Abfälle und Müllhalden" nicht auf das Nummernschild gepasst hätte.

Historic Downtown Jersey City Farmers' Market, Montag und Donnerstag, 15 bis 20 Uhr

Land: Von vorne hat die Freiheitsstatue wohl schon jeder New-York-Tourist gesehen. Aber einen Blick auf das Hinterteil von Lady Liberty erhaschen? Geht wunderbar im Liberty State Park im Südosten von Jersey City. Wer sich nicht von der mühsamen Anreise abschrecken lässt (von der nächstgelegenen Haltestelle sind es 30 Minuten Fußweg), und dann furchtlos an den Schildern vorbeiläuft, die vor giftigen Materialien innerhalb der umzäunten Bereiche warnen (kein Witz), hat die Grünflächen fast zur freien Verfügung. Auf 490 Hektar verliert sich so manche Busladung Touristen. Zu sehen gibt es dort ein stillgelegtes Zug- und Fährterminal, das 9/11-Mahnmal New Jerseys ("Empty Sky Memorial") und eine Nachbildung jenes Ortes, der für einen weitgehend unbekannten Terroranschlag in der Geschichte der USA steht: Black Tom Island.

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