Zusammenarbeit mit libyschen Agenten:Cameron lässt Foltervorwürfe gegen Geheimdienst prüfen

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Hat der britische Geheimdienst zu eng mit Agenten des Gaddafi-Regimes zusammengearbeitet und dabei die Folter mutmaßlicher Extremisten in Kauf genommen? Premier David Cameron spricht von "relevanten Vorwürfen" und beauftragt eine unabhängige Untersuchungskommission. In Deutschland rechtfertigt ein ehemaliger BND-Chef Kontakte mit Libyen.

In Großbritannien erhärten sich Vorwürfe, nach denen der Geheimdienst bei der Zusammenarbeit mit Libyens früherem Machthaber Muammar al-Gaddafi die Folter mutmaßlicher Extremisten in Kauf genommen haben soll. Eine von der Regierung eingesetzte unabhängige Untersuchungskommission kündigte nun an, entsprechenden Anschuldigungen nachgehen zu wollen.

Laut Großbritanniens Premier David Cameron gibt es "relevante Vorwürfe", dass die Zusammenarbeit der westlichen Geheimdienste mit den Diensten des Gaddafi-Regimes zu eng war. (Foto: AP)

"Wir werden uns so schnell wie möglich um Informationen der Regierung und der Nachrichtendienste bemühen", hieß es in einer Mitteilung. Der konservative Premierminister David Cameron sagte, es gebe "relevante Vorwürfe", dass die Zusammenarbeit des britischen und libyschen Geheimdienstes unter der vorherigen Labour-Regierung zu eng gewesen sei.

Am Wochenende waren in Libyen neue Dokumente aufgetaucht, die Details über die Kooperation britischer und auch amerikanischer Agenten mit dem Geheimdienst Gaddafis enthielten.

Der frühere BND-Chef Hans-Georg Wieck wies die Kritik an der Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit dem Gaddafi-Regime entschieden zurück. "Kooperation auf dem Gebiet der Informationsgewinnung ist eine Normalität", sagte der Ex-Präsident des Bundesnachrichtendienstes der Mitteldeutschen Zeitung. Der deutsche Auslandsgeheimdienst habe zu diesem Zweck stets Kontakte zu autoritär regierten Staaten unterhalten. Auch zu dem Regime Gaddafis habe es Verbindungen gegeben.

Der BND beschaffe Informationen, die deutsche Sicherheitsinteressen berührten, betonte Wieck. Dabei gehe es um Terrorismus, organisierte Kriminalität oder die Außenpolitik autoritärer Regime. Außerdem liefere der Auslandsgeheimdienst der Bundesregierung Grundlagen für politische Entscheidungen. Dazu müsse er "Länder einbeziehen, die etwas offerieren können, das man selbst nicht hat", erklärte der 83-Jährige.

Bei dieser Zusammenstellung der Partner gehe es nicht nach demokratischen Regeln, sondern nach Interessen. "Wir haben immer Verbindungen zu autoritären Regimes gehabt - zur Informationsgewinnung", sagte Wieck. Auch Bernd Schmidbauer, ehemaliger Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung unter Altkanzler Helmut Kohl, bestätigte diese Aussagen.

Opposition will Geheimdienstaktivitäten hinterfragen

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Fritz-Rudolf Körper hatte die Angaben Schmidbauers zur deutschen Zusammenarbeit mit Geheimdiensten in Libyen zuvor als falsch bezeichnet. Eine Kooperation habe es lediglich bei bestimmten Entführungsfällen gegeben, wenn es "um den Schutz deutscher Staatsbürger" ging. Körper will als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags einen Bericht über die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Libyen anfordern.

Dem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Neskovic (Linke) zufolge soll das Kontrollgremium an diesem Mittwoch zusammentreten und der Bundesregierung kritische Fragen stellen. Neskovic sagte, er gehe davon aus, dass die Regierung ein Interesse daran habe, die Ergebnisse anschließend öffentlich mitzuteilen.

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