Westerwelle in China:Ein Maulkorb für die Presse

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Schweigepflicht für die Journalisten: Beim Antrittsbesuch in China soll Außenminister Westerwelle nur eine Erklärung vor der Presse verlesen dürfen - ohne Pressefragen.

Henrik Bork, Peking

Bei seinem Antrittsbesuch in China soll Außenminister Guido Westerwelle (FDP) eine Art Maulkorb verpasst werden. Journalisten sollen keine einzige Frage stellen dürfen, wenn Westerwelle am Freitag aus seinem ersten Treffen mit Chinas Außenminister Yang Jiechi kommt, verlautete am Dienstag in Peking aus gut informierten chinesischen und deutschen Kreisen. Es sei geplant, dass beide Minister nur kurze "Erklärungen" verlesen, denen die anwesenden deutschen und chinesischen Journalisten dann stumm zuhören sollen, hieß es.

Choreographierte Pressekonferenz: Nach dem ersten Treffen von Guido Westerwelle und Chinas Außenminister Yang Jiechi in Peking darf die Presse keine Frage stellen. (Foto: Foto: Getty)

Die für Außenminister-Treffen in China ungewöhnliche Regelung löste vor der ersten Chinareise Westerwelles einigen Unmut unter deutschen China-Korrespondenten aus. Zwar lässt die kommunistische Führung in Peking seit geraumer Zeit nur gut choreographierte Pressekonferenzen zu, auf denen es so gut wie nie zu spontanen Fragen kommt. Dass aber selbst in China weilenden Außenministern das Recht abgesprochen wird, Fragen der Presse entgegenzunehmen und zu beantworten, ist selbst für chinesische Verhältnisse ein Rückschritt hinter frühere Regelungen.

Chinas Regierung hat die deutsche Presse im Visier

Das Frageverbot ist das jüngste Beispiel für eine Verschärfung der Arbeitsbedingungen ausländischer Journalisten in China. Im Dezember hätte der ZDF-Korrespondent in Peking, Johannes Hano, beinahe das Land verlassen müssen. Die Chinesen hatten dem Journalisten wochenlang die Verlängerung seiner Arbeitserlaubnis verweigert. Erst nach massiver politischer Intervention aus Berlin konnte der Rauswurf des kritischen Journalisten in letzter Minute abgewehrt werden. Auch Journalisten aus den USA und anderen Ländern mussten wochenlang auf ihre Visa warten.

Im Fall Hano galt der Zorn der Chinesen offenbar einem satirischen Beitrag des ehemaligen Titanic-Chefredakteurs Martin Sonneborn im ZDF während der Frankfurter Buchmesse. Dieser habe die "Gefühle des chinesischen Volkes verletzt" hieß es dazu in Peking. Doch Chinas Regierung hat nicht nur das ZDF, sondern die deutsche Presse insgesamt im Visier.

Attacke auf "deutsche Medien"

Kurz vor dem Besuch Westerwelles erschien eine scharfe Attacke auf "die deutschen Medien" in der staatlich kontrollierten Presse Chinas. Deutsche Journalisten hätten die "Beziehungen zwischen beiden Ländern vergiftet", klagte der ehemalige chinesische Botschafter in Deutschland, Mei Zhaorong, in einem auf Deutsch verfassten Meinungsbeitrag für eine vom Staatsrat veröffentlichte Internetseite. "Im Vergleich zu den Medien in anderen europäischen Ländern tun sich die deutschen Medien mit antichinesischen Äußerungen besonders hervor", schreibt Mei.

Ähnliches hatte auch der derzeitige Botschafter Chinas in Berlin vor kurzem auf einer Podiumsdiskussion geäußert. Nun will Peking offenbar sicherstellen, dass die kritische deutsche Presse während Westerwelles Antrittsbesuch nicht einmal mehr Fragen stellen darf.

© SZ vom 13.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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