Löhne:Begrenzte Bescherung

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Auf den Weihnachtsmärkten und in den Innenstädten, wie hier in München, locken vor dem Fest eine Menge Gelegenheiten, Geld auszugeben. Da wäre eine Zulage vom Arbeitgeber willkommen - doch fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland bekommt kein Weihnachtsgeld. (Foto: Johannes Simon/Johannes Simon)

Längst nicht jeder Beschäftigte bekommt Weihnachtsgeld. Woran das liegt - und wie es sich ändern ließe.

Von Benedikt Peters, München

In manchen Haushalten mag sich in diesen Adventstagen Frohsinn ausbreiten, in manchen eher die Sorge um den Kontostand. Weihnachten, das ist ja auch die Zeit, in der man das Geld nur so herausbläst: für Geschenke, für Reisen zur Verwandtschaft (oder, je nach Lage, lieber weg von ihr), für die Festtagsgarderobe oder den großen Weihnachtsschmaus. Und dann sind da ja noch die Verlockungen der Weihnachtsmärkte, die gerade überall aus dem Boden sprießen: hier ein Tässchen Glühwein, da ein Tütchen gebrannte Mandeln - geht ja auch alles ins Geld.

Den Frohsinn mehren könnte angesichts dieser Armada von Ausgabenposten eine Zahlung, die, so meinte man, nahezu jeden gewöhnlichen Angestellten der Republik erreicht: das Weihnachtsgeld. Es trudelt in der Regel Ende November auf dem Konto ein. Wobei, und hier beginnt das Problem, es mit dieser Regelmäßigkeit offenbar so eine Sache ist: 47 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland, so meldete neulich die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung, bekommen überhaupt kein Weihnachtsgeld. Und auch in der Frage, wer wie viel erhält, gibt es ausweislich der Umfrage der Stiftung unter 40 000 Beschäftigten große Unterschiede.

Ursprünglich, so beabsichtigten es zumindest die Gewerkschaften, sollte das Weihnachtsgeld möglichst allen Angestellten und Arbeitern zugutekommen. Mitte des 20. Jahrhunderts erkämpften sie den Anspruch darauf für eine Branche nach der anderen. Zuvor war das Weihnachtsgeld eher eine Art Almosen gewesen: Im 19. Jahrhundert verteilte mancher Industriebaron vor den Festtagen Geldstücke oder zusätzliche Essensrationen an seine Fabrikarbeiter, was deren Elend aber nur notdürftig kaschieren konnte.

Die Arbeitsbedingungen sind heute für die allermeisten Beschäftigten deutlich besser. Die Auszahlung des Weihnachtsgeldes folgt laut der Untersuchung der Böckler-Stiftung aber dennoch keineswegs dem christlichen Gebot der Nächstenliebe, sondern vielmehr dem Prinzip des "Wer hat, dem wird gegeben": Diejenigen, die ohnehin viel verdienen, bekommen oft auch hohe Sonderzahlungen. In Westdeutschland etwa erhalten immerhin 55 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld, in Ostdeutschland hingegen, wo die Löhne im Schnitt niedriger sind, nur 43 Prozent.

Ähnliche Schieflagen gibt es zwischen Männern und Frauen (die seltener Weihnachtsgeld bekommen), zwischen unbefristet und befristet Beschäftigten, zwischen Vollzeit- und Teilzeitangestellten. In Gutverdienerbranchen, etwa der Energiewirtschaft und der chemischen Industrie, winken zudem Weihnachtsgelder von bis zu 3800 Euro. Unter Niedriglöhnern hingegen wird nur wenig bis nichts gezahlt, etwa in der Landwirtschaft (250 Euro) oder im Gebäudereinigerhandwerk (kein Weihnachtsgeld).

Man könnte sich nun unter den Weihnachtsbaum hocken und derlei Zustände bedauern. Zugleich aber steckt in der Umfrage ein Appell: In jenen Branchen, in denen es Tarifverträge gibt, ist die Wahrscheinlichkeit auf Weihnachtsgeld deutlich höher. Übersetzt heißt das: Wer noch keines bekommt, der kann sich mit anderen Arbeitnehmern vernetzen und es erstreiten - wohl nicht zu diesem Weihnachtsfest, aber vielleicht zum nächsten.

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