Wahlkampffinale:Wenn die Mitte ihre Kraft zeigt

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Trotz harscher Kritik immer noch zivilisiert: der Wahlkampf von Grünen und FDP (Foto: dpa/AFP)

FDP und Grüne kritisieren sich im Wahlkampffinale zum Teil harsch. Aber das alles bleibt zivilisiert - und wird so zu einem Zeichen der Stärke gegen die Radikalisierer der AfD.

Kommentar von Stefan Braun, Berlin

Den Wahlkampf für langweilig zu halten, ist längst zu einer Mode geworden. Die einen tun es, weil im Duell zwischen Kanzlerin und Kandidat längst alles entschieden sein soll; die anderen tun es, weil vermeintlich eh alle Parteien nur nichtssagende Botschaften präsentieren. So weit verbreitet dieses Klischee auch sein mag - am Sonntag konnte man bei FDP und Grünen studieren, dass diese Sicht auf den Wahlkampf eine sehr beschränkte sein muss.

Beide Parteien trommeln für die letzte Woche, und beide müssen auf ihre Art Farbe bekennen. Die Grünen müssen erklären, warum sie den Klimaschutz für unverzichtbar halten, und die FDP muss zeigen, warum sie vier Jahre nach dem Debakel schon wieder gut genug sein soll, um womöglich sogar in eine Regierung einzutreten. Das ist nicht langweilig, es ist spannend.

Stark ist die Demokratie nur, wenn gemeinsame Überzeugungen möglich bleiben

Wer hinsieht, hat Alternativen; es gibt für jeden etwas zu entscheiden. Und das in einer Situation, in der am Ende womöglich trotzdem beide gemeinsam regieren. Das schläfert nicht ein; es muss auch nichts verwässern, das haben beide Parteitage eindrucksvoll untermauert. Was hier stattfindet, ist ein urdemokratischer Wettstreit. Deutlich im Ton, hart in manchen Positionen und zugleich zivilisiert im Umgang. Wer sich wirklich dafür interessiert, welche Politik künftig gemacht und welche Partei künftig regieren soll, der bekommt ziemlich viel geboten.

Es wird Zeit, daran zu erinnern, wie wichtig so etwas ist - gerade in einem Moment, in dem die AfD diese Art der zivilisierten Auseinandersetzung zerstören möchte.

Die Aggression der AfD, ihre Attacken gegen alles, was liberal, weltoffen und auf Ausgleich bedacht ist, dürfte auch der Grund dafür sein, dass Liberale und Grüne zwar manche scharfe Attacke gegeneinander richten, aber auch mögliche Brücken sichtbar machen. Bildungsoffensive, Digitalministerium, zivile Krisenprävention, ein Einwanderungsgesetz - bei all dem gibt es wenig Unterschiede und viele Gemeinsamkeiten. Das lässt sich durchaus als Antwort auf die Extreme interpretieren. Auch wenn zuletzt viel über das Erstarken der Ränder gesprochen wurde - am Sonntag hat die Mitte gezeigt, wie stark sie sein kann.

Zur Demokratie gehören Meinungsunterschiede, es gehört auch Streit dazu und ein heftiger Wettbewerb um die Wähler. Stark aber ist sie nur, wenn auch gemeinsame Überzeugungen möglich bleiben. Wenn es ein demokratisches Fundament gibt und einen zivilisierten Wettstreit. Und wenn dabei nicht verloren geht, was einen bei allen Kontroversen mit den anderen verbindet. Das ist die beste Antwort auf die Spalter und Radikalisierer der AfD.

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Von Katharina Brunner

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