Angela Merkel:Ein paar Minuten Unterstützung für Laschet

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Armin Laschet und Angela Merkel beim gemeinsamen Wahlkampfauftritt in Stralsund. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Die Kanzlerin wollte sich eigentlich im Wahlkampf zurückhalten. Aber nun tritt sie in Stralsund doch mit dem Unionskandidaten auf und spricht dort mäßig engagiert - wohl wissend, dass es vor allem auf die gemeinsamen Bilder ankommt.

Von Nico Fried, Stralsund

Das dürfte genau das sein, was sie eigentlich nicht mehr wollte. Ein total verregneter, kalter Abend, aber Angela Merkel muss zur Kundgebung auf den Alten Markt in Stralsund. Die Kanzlerin wollte sich aus dem Wahlkampf vornehm heraushalten, nur zwei größere Auftritte waren geplant. Aber CDU und CSU haben ihren Vorsprung in den Umfragen versemmelt, Kanzlerkandidat Armin Laschet braucht jede Unterstützung, also hat er sich mit der Frau, deren Amt er übernehmen will, zu einem gemeinsamen Auftritt in ihrem bisherigen Wahlkreis verabredet. So steht Merkel nun auf der Bühne vor dem Rathaus, natürlich von einem Plexiglasdach geschützt, aber ohne Mantel, und sie könnte sich bestimmt viele Orte vorstellen, wo es jetzt gemütlicher wäre, oder zumindest warm.

Der Platz ist gut gefüllt, als Merkel ans Rednerpult tritt. Sie hat eine blaue Mappe dabei, offenbar mit ein paar Notizen, Merkel hat genug Wahlkämpfe absolviert, um zu wissen, dass wenig Schlimmeres passieren kann, als den Namen eines Kandidaten zu vergessen oder gleich den ganzen Kandidaten. Und es sind viele Kandidaten hier, weil in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur Bundestags-, sondern auch Landtagswahlen anstehen. Deshalb ist die Veranstaltung auch eine Unterstützung für den CDU-Spitzenkandidaten Michael Sack, obwohl der hinter Ministerpräsidentin Manuela Schwesig noch weiter zurückliegt als Laschet hinter Olaf Scholz.

Sie freue sich, sagt Merkel, Armin Laschet ein Stück von Stralsund zeigen zu können. Als Bundeskanzler müsse er aber bei Tageslicht und besserem Wetter mal wiederkommen. Die folgenden Minuten redet Merkel hier in einer Doppelrolle als Kanzlerin und Abgeordnete des Wahlkreises, den sie mehr als 30 Jahre lang vertreten durfte. Sie lobt das Zusammenspiel von Bund und Region, gerade in der Zeit seit 2005, also in ihrer Kanzlerschaft, sei "unglaublich viel zustande gebracht" worden. Und Laschet werde "diesen Kurs fortsetzen".

Es folgt das Verdammnis einer drohenden rot-rot-grünen Koalition. Ganz im Sinne Laschets zählt Merkel all die Steuern auf, die ein solches Bündnis erhöhen wolle, statt zu einem "Kurs des soliden Wirtschaftens" zurückzukehren. Das könne man in den Wahlprogrammen nachlesen, sagt die Kanzlerin, und schaut dabei mal kurz aufs Pult, als hätte sie die schlimmen Papiere da alle liegen. Stattdessen müsse aber der Wirtschaft geholfen werden, gerade auch nach der Corona-Pandemie. Weil sie wisse, dass Armin Laschet als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen um jeden Arbeitsplatz kämpfe, könne sie sagen, dass ein Kanzler Laschet sich auch um diese Region kümmern werde. Dasselbe Motiv wiederholt sie noch bei der inneren Sicherheit.

Eine Rede, aufs Allernötigste beschränkt

Keine zehn Minuten hat Merkel gesprochen, sachlich und nicht übermäßig engagiert, als sie zum Schluss noch mahnt, bei den Wahlen am kommenden Sonntag gehe es um viel. Und das war's auch schon. Eine Rede, die sich aufs Allernötigste beschränkt, weil Merkel natürlich weiß, dass es auf die Rede gar nicht ankommt, sondern auf die gemeinsamen Bilder. Dutzende Kameras und Fotografen stehen unter Regenhauben und Plastikfolien vor der Bühne, mehrere Übertragungswagen von Fernsehsendern. Sie sollen den Eindruck von Geschlossenheit der Union via Satellit ins Land tragen.

Auch Laschet hat stark abgespeckt. Dauert seine Standardrede sonst eine gute halbe Stunde, so braucht er an diesem Abend zehn Minuten. Er spricht über die Wirtschaft nach Corona, übers Impfen und über Corona-Leugner. Er erinnert an den jungen Mann in Idar-Oberstein, der von einem Mann erschossen wurde, weil er ihn um das Tragen einer Maske gebeten hatte, und fordert dazu auf, alle Formen der Aggression "sein zu lassen". Ein bisschen Steuerpolitik, ein bisschen Klimaneutralität und dann noch einige große Worte über die Kanzlerin: Merkels 16 Jahre seien "eine grandiose Leistung" gewesen. Und obwohl sie so viele Verpflichtungen gehabt habe, habe sich sie sich auch immer um die Region gekümmert. Spätestens seit dem G-8-Gipfel in Heiligendamm kenne die ganze Welt Mecklenburg-Vorpommern. Auf so eine Abgeordnete könnten die Leute stolz sein.

Und das war sie auch schon, die Rückkehr Angela Merkels auf einen Marktplatz, wo sie eigentlich nie wieder hinwollte. Jedenfalls nicht, um bei miesem Wetter Wahlkampf zu machen.

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