Wahl in Frankreich:Europa atmet auf

Lesezeit: 3 min

  • Emmanuel Macron, der sozialliberale und EU-freundliche Kandidat, ist zum neuen französischen Präsidenten gewählt worden.
  • Sein Wahlsieg fiel überraschend deutlich aus.
  • Rechtspopulistin Marine Le Pen gestand ihre Niederlage ein und gratulierte ihrem Widersacher.

Von Stefan Ulrich, München

Emmanuel Macron hat die Präsidentschaftswahl in Frankreich klar gewonnen. Nach einer Hochrechnung des Staatsfernsehens France Télévisions von 21 Uhr setzte sich der 39 Jahre alte Kandidat der sozialliberalen Bewegung En Marche bei der Stichwahl am Sonntag mit 65,8 Prozent der Stimmen durch. Die Gegenkandidatin Marine Le Pen vom extremen Front National erhielt 34,2 Prozent. Die 48-jährige Tochter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen blieb damit deutlich unter der psychologisch wichtigen Schwelle von 40 Prozent.

Bei der Verkündung der Hochrechnung brachen die Anhänger Macrons auf dem Platz vor dem Louvre in Paris in Freudenschreie aus. Sie schwenkten die Trikolore und hielten Schilder mit der Aufschrift "Macron Président" hoch. Macron sagte am Abend in einer betont staatsmännischen Ansprache an die Nation, er sei sich der Wut, der Angst und der Zweifel vieler Bürger bewusst und werde sie anhören. Sein Ziel sei es, die Schwächsten zu schützen, die Einheit der Franzosen wiederherzustellen und Frankreich und Europa zu verteidigen. "Ich bin dafür verantwortlich, dass wir uns mit Optimismus erneuern." Bei einem weiteren Auftritt in der Nacht am Louvre bedankte sich Macron bei seinen Anhängern. "Was wir geschafft haben, ist beispiellos", rief er der Menge zu. Gerichtet an die Wähler seiner unterlegenen Konkurrentin Le Pen sagte er: "Ich werde alles tun, damit sie künftig keinen Grund mehr sehen, extrem zu wählen." Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 75 Prozent, das ist der niedrigste Wert seit 1969. Zudem gaben viele Bürger leere oder ungültige Stimmzettel ab, um zu demonstrieren, dass sie mit keinem der beiden Kandidaten einverstanden waren. Kommentatoren in Paris sagten, dies relativiere den hohen Sieg Macrons. Le Pen räumte ihre Niederlage sofort nach Bekanntgabe der Hochrechnung ein. Sie habe Macron angerufen und ihm gratuliert, sagte sie. Zugleich betonte sie, ihre Partei sei nun die wichtigste Oppositionskraft Frankreichs. Politiker in ganz Europa reagierten erleichtert auf den Wahlausgang. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) schrieb auf Twitter: "Die Grande Nation war, ist und bleibt in der Mitte und im Herzen Europas." Kanzlerin Angela Merkel gratulierte Macron in einem Telefonat. Sie freue sich darauf, "vertrauensvoll mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten", teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, er sei glücklich, dass die Franzosen eine europäische Zukunft gewählt hätten.

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Der unpopuläre bisherige sozialistische Präsident François Hollande, der seit 2012 regierte, war nicht mehr angetreten. Der konservative Kandidat François Fillon war bereits im ersten Wahlgang vor zwei Wochen ausgeschieden, ebenso der sozialistische Bewerber Benoît Hamon. Damit stand erstmals in der Geschichte der Fünften Republik kein Bewerber der großen Blöcke - der Konservativen und der Sozialisten - in der Stichwahl. Deren Führungspolitiker riefen zur Wahl Macrons auf, um die EU-Gegnerin Le Pen zu stoppen.

Die Präsidentschaftswahl galt als Schicksalswahl für Frankreich und Europa. Le Pen, deren Programm nationalistische und sozialistische Elemente kombiniert, hatte angekündigt, sie wolle das Land aus dem Euro und der EU führen, den Schengenraum mit seinen offenen Grenzen aufkündigen und eine protektionistische Wirtschaftspolitik betreiben. Macron hatte mit seiner Bewegung En Marche damit geworben, die Europäische Union zu stärken, die Euro-Zone zu einem Kerneuropa auszubauen und die Zusammenarbeit mit Deutschland noch zu intensivieren. Er kündigte zudem an, strikte Haushaltsdisziplin zu üben, erwartet dafür aber mehr Investitionen von Deutschland.

Der neue Präsident wird voraussichtlich kommenden Sonntag ins Amt eingeführt. Danach muss er versuchen, bei den Parlamentswahlen im Juni eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu erringen. Macron, der unter Hollande zeitweise Wirtschaftsminister war, hat En Marche erst 2016 gegründet. Die sozialliberale Bewegung will in allen Wahlkreisen antreten. Sollte der neue Präsident keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung bekommen, müsste er nach Koalitionspartnern suchen oder sogar mit einer gegnerischen Regierung zusammenarbeiten. Er hätte es dann entsprechend schwer, seine Vorstellungen durchzusetzen. Überschattet wurde die Wahl von einem Hackerangriff auf Macron. In der Nacht zum Samstag waren Zehntausende Dokumente seiner Bewegung im Internet veröffentlicht worden. En Marche gab bekannt, darunter seien auch gefälschte Dokumente.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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