Am Tag der Stichwahl schüttelt Emmanuel Macron im nordfranzösischen Le Touquet die Hände seiner Unterstützer. Der Gründer der Bewegung "En Marche!" gewinnt laut ersten Hochrechnungen die Wahl in Frankreich - mit über 65 Prozent.
Emmanuel Macron ist 39 Jahre alt. Bis vergangenen Sommer war Macron Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande. Er trat zurück, um sich seinem Wahlkampf zu widmen. Bereits im ersten Wahlgang erhielt Macron die meisten Stimmen und galt in den Umfragen als Favorit für das Amt des französischen Präsidenten.
2016 gründete Macron "En Marche!" ("In Bewegung"). Ein Zusammenschluss, der nicht Partei genannt werden will - man sieht sich lieber als parteiübergreifendes Bürgerforum. Frankreichs Lage sei "festgefahren", sagt Macron immer wieder. Umso wichtiger ist die Dynamik, die der Name "En Marche!" verheißt: Hauptsache, es bewegt sich was. Macron weigerte sich bei der Vorwahl des linken Lagers mitzumachen. Bei der Präsidentschaftswahl ist er als unabhängiger Kandidat angetreten.
Macron profitierte davon, dass der konservative Kandidat Fillon wegen der möglichen Scheinbeschäftigung seiner Frau deutlich an Glaubwürdigkeit verloren hat. In der Stichwahl gegen Marine Le Pen konnte er auf die Stimmen aller gemäßigten Wähler zählen, die die Rechtspopulistin verhindern wollten.
Macron, hier bei einer Wahlkampfveranstaltung Anfang Februar in Lyon, hält das politische Lager-Denken für überholt, er nennt seine Ziele lieber "progressiv" (auf Fortschritt ausgerichtet). "En Marche!" hat inzwischen über 200 000 Mitglieder. Dass die Bewegung dieselben Initialen - EM - wie ihr Gründer trägt, ist wohl kein Zufall.
Im Januar besuchte Macron in Berlin junge Flüchtlinge, die bei der Deutschen Bahn ausgebildet werden. Der sozialliberale Kandidat möchte die Gesellschaft sozial durchlässiger machen, er ist gegen Abschottung, Nationalismus und Fremdenhass. Gleichzeitig denkt er laut über das Ende der 35-Stunden-Woche und die Abschaffung des Beamtentums nach - zwei äußerst heikle Themen in Frankreich. Als einziger Präsidentschaftskandidat bekennt sich Emmanuel Macron ohne Einschränkungen zur Europäischen Union. Und er ist ein Fan der deutschen Kanzlerin: Durch ihre Flüchtlingspolitik habe Angela Merkel "die Würde der Europäer gerettet".
Macron ist eigentlich genau der Typ Politiker, von dem er sich eigentlich abgrenzen möchte. Er besuchte eine Elitehochschule und verdiente Millionen als Investmentbanker. 2012 wechselte er ins Finanzministerium und machte dort schnell Karriere. Von 2014 bis 2016 war Macron Wirtschaftsminister. Das nach ihm benannte Gesetz "loi Macron" war wegen seiner marktliberalen Reformen in der eigenen Partei hoch umstritten. Um es durchzusetzen, umging Premierminister Valls mit einem Trick die Abstimmung in der Nationalversammlung.
Da Frankreich - anders als Deutschland - stark in ein linkes und ein rechtes Lager gespalten ist, sind Parteien aus der politischen Mitte bei Wahlen in der Regel nicht erfolgreich. Es war auch denkbar, dass Macron mit seinem "Weder-links-noch-rechts"-Kurs zwischen allen Stühlen landet. Doch Macron kam letztendlich zugute, dass die Konservativen mit einem sehr rechten, die Sozialisten mit einem sehr linken Kandidaten ins Rennen gingen. Er konnte die gemäßigten Wähler der Mitte für sich gewinnen.
Emmanuel Macron ist seit 2007 mit Brigitte Trogneux verheiratet, die Französischlehrerin an seinem Gymnasium war - nicht aber seine. Trogneux ist genervt davon, dass sich die Klatschpresse intensiv mit ihrem Altersunterschied von 24 Jahren auseinandersetzt. Gegenüber einem Biografen Macrons erklärte sie spöttisch, warum ihr Mann schon jetzt, mit kaum 40 Jahren, für das Präsidentenamt kandidiert: "Er muss das 2017 machen, denn 2022 wird ihm mein Gesicht [in der Öffentlichkeit] Probleme bereiten."