Vor Koalitionsverhandlungen:FDP-Vize Pinkwart kritisiert Merkel

Lesezeit: 2 min

"Verbal abrüsten": Vor dem Beginn der Koalitionsgespräche klopfen Union und FDP Positionen fest - bisweilen knirscht es.

Vor dem für kommenden Montag geplanten Auftakt der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP versuchen beide Seiten ihr Profil zu schärfen.

Erklärte der FDP schon früh, welche Wünsche der Liberalen sie nicht mittragen will: CDU-Chefin Angela Merkel (Foto: Foto: dpa)

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart warnte CDU/CSU vor inhaltlichen Festlegungen vor Beginn der Gespräche. Pinkwart sagte der Bild-Zeitung: "Die Union kann nicht von vorneherein ganze Politikfelderausschließen und für nicht verhandelbar erklären." Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Unionsparteien "sollten verbal abrüsten".

Merkel hatte zuvor erklärt, der Gesundheitsfonds werde "im Kern unangetastet" bleiben. Auch bei der Steuerpolitik bezieht Merkel offenbar Stellung gegen die FDP-Forderung, im Koalitionsvertrag eine große Steuerreform mit Datum zu fixieren. Stattdessen solle dieses Vorhaben an eine entsprechende Konjunktur- und Haushaltsentwicklung gekoppelt werden.

Für eine Stärkung der Bürgerrechte sprach sich die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Passauer Neuen Presse aus. Die FDP werde sich auch gegen Internetsperren einsetzen, kündigte Leutheusser-Schnarrenberger an, die als zukünftige Justizministerin gehandelt wird. Das Ministerium hatte sie bereits in den 1990er Jahren geführt.

Leutheusser-Schnarrenberger erinnerte die Unionsparteien an das Wahlergebnis und meldete Ansprüche für die Liberalen an: "Wir sind in einer Koalition die zweitstärkste Kraft", sagte sie der Passauer Neuen Presse: "Es ist klar, dass sich das im Kabinett widerspiegeln muss."

Zu den anstehenden Koalitionsgesprächen sagte die Liberale, zwar wolle man zügig verhandeln: "Aber klar ist, dass wir zuerst auf Inhalte und Sorgfalt setzen und nicht auf Tempo." Freiheits- und Bürgerrechte müssten gestärkt werden. So wolle die FDP Korrekturen beim BKA-Gesetz. "Das Paket mit den Anti-Terror-Gesetzen ist viel zu umfangreich geschnürt."

Polizeigewerkschaft fürchtet "linksliberale Geisterfahrerin" FDP

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte von der FDP derweil, sich "den sicherheitspolitischen Realitäten zu stellen". DPolG-Chef Rainer Wendt forderte in der Neuen Osnabrücker Zeitung die künftige schwarz-gelbe Bundesregierung auf, "BKA-Befugnisse wie Online-Durchsuchung, Späh- und Lauschangriff sowie das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nicht anzutasten". Das sei im Kampf gegen Schwerkriminelle unerlässlich. "Ich kann die FDP nur dringend davor warnen, zur linksliberalen Geisterfahrerin zu werden", sagte Wendt.

Der arbeitnehmer-nahe Flügel der Union kündigte an, die FDP werde ihre Forderung nach Einschränkung des Kündigungsschutzes ebenso wenig durchsetzen können wie Änderungen bei der betrieblichen Mitbestimmung. Es gebe keine Notwendigkeit für Änderungen in diesem Bereich, sagte der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, der Berliner Zeitung.

Besorgt äußerte sich der Paritätische Wohlfahrtsverband. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider sagte der Thüringer Allgemeinen: "Manche Wirtschaftsverbände sehen offenbar in der FDP einen Garant für die Lockerung des Kündigungsschutzes." Das sei "das Letzte, das wir brauchen".

Die erste Koalitionsrunde soll - nur eine Woche nach der Bundestagswahl - am Montag in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin stattfinden, bestätigte FDP-Chef Guido Westerwelle. Die Union möchte die Koalitionsgespräche in fünf bis sechs Wochen abschließen.

Nach einem Bericht der Bild-Zeitung haben sich Experten aus Politik und Verbänden dafür ausgesprochen, dass Westerwelle an Stelle des Außenministers das Amt eines so genannten Superministers für Finanzen und Wirtschaft anstreben soll. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, betonte, so könne Westerwelle viel besser seinen steuer- und finanzpolitischen Sachverstand einbringen.

© dpa/AFP/AP/odg/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: