Vor G-8-Gipfel in Camp David:Obama drängt Merkel zu mehr Einsatz für Wachstum

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Der Druck auf Kanzlerin Merkel wächst: US-Präsident Obama fürchtet, die Euro-Krise könnte die US-Wirtschaft erschüttern und seine Wiederwahl gefährden. Frankreichs Präsident stößt mit seiner Forderung nach mehr Wachstumsimpulsen auf größere Sympathie.

Christian Wernicke, Washington

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht sich zunehmend internationalem Druck ausgesetzt, mit mehr Wachstumsförderung in Europa die Weltwirtschaft anzukurbeln. Vor dem Treffen der acht größten Industrienationen in Camp David warnte das Weiße Haus vor einer übertriebenen Sparpolitik in der Euro-Zone.

Präsident Barack Obama hat Angst, dass die Eurokrise die US-Wirtschaft erschüttert und damit seine Wiederwahl verhindert. (Foto: dpa)

Nötig sei "ein ausgewogener Ansatz, der nicht nur Sparen, sondern auch Wachstum und die Schaffung von Jobs beinhaltet", sagte Jay Carney, der Sprecher von Präsident Barack Obama. Die US-Regierung fordert seit Monaten, die Europäer dürften auf die Verschuldungskrise in der Euro-Zone nicht nur mit Haushaltskürzungen reagieren. Erst diese Woche hatte Finanzminister Timothy Geithner gewarnt, der Kontinent riskiere "eine negative Spirale von Einsparungen, die das Wachstum killen".

Die Kurseinbrüche an den internationalen Börsen seit der Protestwahl in Griechenland schüren in der Washingtoner Regierung die Furcht, eine Staatspleite des Mittelmeerlandes und eine neue Eskalation der Euro-Krise könnten die US-Wirtschaft erschüttern und die Wiederwahl des demokratischen Präsidenten im November gefährden.

Wenige Stunden vor Beginn des G-8-Gipfels hatte Obama den neugewählten französischen Präsidenten François Hollande im Weißen Haus empfangen. Die Forderungen des Sozialisten, Europa müsse einen Kurswechsel vollziehen und mehr Wachstum und Beschäftigung fördern, waren im Weißen Haus auf große Sympathie gestoßen. Regierungsmitarbeiter bestätigten, Präsident Obama habe "seit Monaten und in wiederholten Telefonaten mit Kanzlerin Merkel" darauf gedrungen, dass Berlin seinen Sparkurs in der EU lockere und zum Beispiel mehr öffentliche Investitionen zulasse.

Allerdings bestritt Obamas Sicherheitsberater Tom Donillon, die USA würden in einem innereuropäischen Streit Partei ergreifen wollen: Washington suche mit Europa "nach einem Pfad zu einer dauerhaften Erholung" der Weltwirtschaft und wolle sich nicht "auf die eine oder andere Seite schlagen oder etwas ausnutzen".

USA drängen ihre Verbündeten zu Finanzzusagen für Afghanistan

Obama hatte das G-8-Treffen vom anschließend geplanten Nato-Gipfel in Chicago abgetrennt und auf seinen Landsitz Camp David verlegt, um so Russlands neuem Präsidenten Vladimir Putin eine Teilnahme zu erleichtern. Die USA und Europa suchen Moskaus Hilfe bei Sanktionen gegen Syrien und gegen Irans Atomprogramm. Putin hatte kürzlich dennoch abgesagt und stattdessen seinen Premier Dmitrij Medwedjew entsandt.

Umstritten zwischen Paris und Washington ist das weitere Vorgehen in Afghanistan. Anders als sein Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy hatte Hollande im Wahlkampf versprochen, er wolle die 3400 französischen Soldaten, die noch am Hindukusch stationiert sind, bis zum Ende diesen Jahres abziehen. Die Nato-Alliierten hatten hingegen vereinbart, dies erst 2014 zu tun.

Streit in der Nato gibt es auch über die Lastenverteilung nach dem Abzug vom Hindukusch im Dezember 2014. Die USA drängen ihre Alliierten zu Finanzzusagen für einen Fonds, aus dem zehn Jahre lang die afghanischen Sicherheitskräfte bezahlt werden sollen. Die USA sind bereit, davon 2,3 Milliarden Dollar zu schultern und fordern weitere 1,3 Milliarden Dollar (eine Million Euro) von ihren Verbündeten. Kanzlerin Merkel hatte diese Woche 150 Millionen Euro (190 Mio Dollar) jährlich angekündigt.

© SZ vom 19.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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