Von der Leyens politische Zukunft:Merkel muss weg - aber ohne Merkel geht nichts

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Ist eine erfolgreiche Ursula von der Leyen (rechts) zwangsläufig die nächste Kanzlerkandidatin der Union? Das hängt vor allem von Angela Merkel ab. (Foto: REUTERS)

Ursula von der Leyen steht vor ihrer schwersten Prüfung. Wenn sie die nächste Kanzlerkandidatin der Union werden möchte, darf sie als Verteidigungsministerin nicht scheitern. Am Ende liegt ihr politisches Schickal in den Händen von Angela Merkel.

Kommentar von Nico Fried, Berlin

Ursula von der Leyen hat die oft gestellte Frage nach ihren Ambitionen auf das Kanzleramt nie klar beantwortet. Jede Generation habe ihren Kanzler, sagt sie darauf lediglich. Auf den ersten Blick insinuiert das, wer nur vier Jahre jünger sei als Angela Merkel, gehöre zu der Generation, die schon eine Kanzlerin gestellt hat und komme damit nicht in Betracht.

Man könnte natürlich auch sagen, dass Merkel eigentlich noch zur Generation all derer gehört, die sie besiegte, also Schröder, Fischer, Stoiber. Dann wäre sie die jüngste ihrer Generation - und von der Leyen die älteste der nächsten.

Ist von der Leyen die logische Merkel-Nachfolgerin?

Die allgemeine Sicht auf die Unternehmung, an deren Anfang von der Leyen nun steht, lautet, dass es um die Zukunft der Bundeswehr gehe. Und damit auch um die Zukunft der Ministerin. Dieser Zusammenhang ist unstrittig, vor allem ex negativo: Ein Scheitern von der Leyens an den Baustellen der Bundeswehr würde natürlich das Ende ihres Aufstiegs bedeuten.

Interessanter aber ist im Jahre neun der Kanzlerschaft von Angela Merkel, ob auch der Umkehrschluss gilt: Dass eine Ursula von der Leyen, die das in vielfacher Hinsicht gefährliche Verteidigungsministerium übersteht, zwangsläufig die nächste Kanzler(kandidat)in der Union wird.

Es gibt wohl niemanden unter den führenden Leuten in der CDU, der sich über die Jahre so viele Gegner gemacht und so viel Groll auf sich gezogen hat wie von der Leyen. Mancher davon war vorübergehend, anderes blieb dauerhaft. Zugleich aber gibt es in der Regierung wenige hinter Merkel, die auf so publikumswirksame Erfolge verweisen können. Wolfgang Schäuble schafft mit einem ausgeglichenen Haushalt eine Art Jahrhundertprojekt. Dann kommt lange nichts.

Vorstoß der Verteidigungsministerin
:Von der Leyens doppeltes Signal

Wir brauchen euch nicht zwingend, also könnt ihr uns nicht erpressen: Ursula von der Leyens rüstungspolitischer Vorstoß ist ein Signal der Verteidigungsministerin an die Industrie - und eine Retourkutsche gegen Wirtschaftsminister Gabriel.

Kommentar von Christoph Hickmann

Und dann kommt schon von der Leyen mit ihrer Familienpolitik und einem Anteil an der Frauenquote. Zwar hat sie mindestens so viele Misserfolge angesammelt, aber keiner davon hat sie je ernsthaft gefährdet. Dagegen haben sich manche vermeintlichen Talente an der Energiewende verhoben, andere an der Bundeswehr oder auch nur an einer Doktorarbeit. Wieder andere haben zwar Erfolge zu Buche stehen, sind aber in der SPD.

Als Verteidigungsministerin steht sie vor der schwersten Prüfung

Von der Leyen hat das Defizit an Unterstützung in den eigenen Reihen lange Zeit dadurch kompensiert, dass sie sich Sympathien außerhalb der Union organisierte. Das fiel ihr auch deshalb leicht, weil sie sich als Familien- wie als Arbeitsministerin in Feldern bewegte, die von der Regierung Schröder schon bestellt (Agenda 2010) oder wenigstens gepflügt (Elterngeld) worden waren.

Von der Leyen hat es verstanden, in einem linksliberalen Milieu und unter Frauen von dem Ruf zu profitieren, sie sei zwar in der falschen Partei, setze sich aber für die richtigen Ziele ein. So wurde sie auch in der Union gleichermaßen ungeliebt wie unersetzlich - eine Art Otto Schily der CDU.

Als Verteidigungsministerin bedient sie nun ein breiteres Spektrum. Sie will eine familienfreundliche und eine einsatztaugliche Bundeswehr. Sie nimmt die Darstellung als Kriegsministerin in Kauf, womöglich weil sie glaubt, den damit verbundenen Sympathieverlust durch den Eindruck von Führungsstärke auszugleichen. Sie legt sich mit dem eigenen Haus, mit der Industrie und mit dem Koalitionspartner an.

Es ist freilich undenkbar, dass von der Leyen jemals stark genug sein wird, Merkel zu stürzen. Wenn sie Kanzlerin werden will, müsste Merkel nicht nur die Lust am Amt verlieren, sondern von der Leyen in der Fraktion helfen, in der die Ministerin viele Gegner und zu wenig Freunde hat. Das vermag Merkel nur, solange sie selber eine klare Mehrheit besitzt. Von der Leyen kann also nur ohne Merkel Kanzlerin werden - aber ohne Merkel wird sie niemals Kanzlerin. Und wenn das so ist, kann Merkel natürlich auch einfach weiterregieren.

© SZ vom 08.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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