Vorstoß der Verteidigungsministerin:Von der Leyens doppeltes Signal

File photo of German Defence Minister von der Leyen

Wir brauchen euch nicht zwingend: Ursula von der Leyen sendet ein Signal an die Rüstungsindustrie.

(Foto: REUTERS)

Wir brauchen euch nicht zwingend, also könnt ihr uns nicht erpressen: Ursula von der Leyens rüstungspolitischer Vorstoß ist ein Signal der Verteidigungsministerin an die Industrie - und eine Retourkutsche gegen Wirtschaftsminister Gabriel.

Kommentar von Christoph Hickmann, Berlin

Lange hat sich Ursula von der Leyen nicht zur Zukunft der heimischen Rüstungsindustrie geäußert, stattdessen bestimmte der Wirtschaftsminister die Debatte: Sigmar Gabriel kündigte an, Waffenexporte in Staaten mit zweifelhaftem Ruf nicht mehr einfach zu genehmigen - und setzte diese Ankündigung zunächst auch um.

Fragte man die Verteidigungsministerin, was sie von dieser Praxis halte und welche Folgen das für die hiesige wehrtechnische Industrie haben könnte, schwieg sie. Und verwies auf die Zuständigkeit des Wirtschaftsministers.

Direkt geäußert hat sich die Ministerin zwar noch immer nicht - aber aus ihrem Haus und mit ihrer Billigung liegt nun ein Vorschlag vor, der es in sich hat. Übersetzt man ihn ein wenig freier, lässt er sich so verstehen: Zwingend hierzulande produzieren müssen wir eigentlich nur noch die Dinge, bei denen wir uns keinesfalls in die Karten schauen lassen wollen - also beispielsweise Verschlüsselungstechnik.

Signal an die Industrie: Wir brauchen euch nicht zwingend

Schließlich wäre man der ständigen Gefahr ausgesetzt, dass der Hersteller die eine oder andere Möglichkeit zum Mithören eingebaut hat, wenn man solch sensible Technologie anderswo einkaufte. Aber sonst? Panzer? U-Boote? Sturmgewehre? Können wir zwar besser bauen als die allermeisten anderen, aber notfalls könnten wir das auch anderswo kaufen, ohne dass gleich die nationale Sicherheit gefährdet wäre.

Was das zu bedeuten hat? Für die deutschen Panzerschmieden erst einmal nicht viel. Sobald der Schützenpanzer Puma ausgeliefert ist, wird auf Jahre hinaus kein Bedarf an neuen Entwicklungen für die Bundeswehr bestehen - also ändert sich erst einmal nicht viel. Dennoch hat das Papier aus dem Hause von der Leyen enorme Signalwirkung - Richtung Industrie und Richtung Wirtschaftsminister.

Das Signal an die Industrie lautet: Wir brauchen euch nicht zwingend, also könnt ihr uns nicht erpressen. Die Zeiten jedenfalls, in denen wir Euch das Geld automatisch in den Rachen geworfen haben, sind vorbei. Das Signal Richtung Sigmar Gabriel lautet: Wenn es in Deutschland eine Panzerindustrie samt Arbeitsplätzen geben soll, liegt das nicht allein in der Verantwortung des Verteidigungsministeriums. Dann müssen wir jetzt mal zusammen überlegen, was uns das wert ist und wer dafür möglicherweise auch Geld ausgibt.

Letztlich muss man das Papier auch als Retourkutsche gegen Gabriel lesen. Der hatte von der Leyen vorher getriezt und sie aufgefordert, doch endlich mal die sogenannten Schlüsseltechnologien aus ihrer Sicht zu definieren. Das hat die Verteidigungsministerin jetzt getan - und zwar in einer Art und Weise, die auf Seiten der Industrie wenig Freude auslösen dürfte. Damit, so sieht man es in von der Leyens Umfeld, liegt der Ball nun wieder bei Gabriel.

Alles nur Spielchen? So könnte man es sehen. Allerdings dürfte die Debatte darüber, welche Waffen und Waffensysteme man denn eigentlich unbedingt noch hierzulande produzieren muss, nun endgültig Fahrt aufnehmen. Man hätte sie schon vor einem Vierteljahrhundert führen sollen.

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