Volker Bouffier:"Es geht um sehr, sehr viel mehr"

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Das Wohlergehen Deutschlands und damit auch das Europas hänge von einer stabilen deutschen Regierung ab, sagt Volker Bouffier. (Foto: dpa)
  • Beim Landesparteitag der Hessen-CDU verteidigt Ministerpräsident Volker Bouffier Kanzlerin Angela Merkel im Asylstreit mit der CSU.
  • Er hält ein vehementes Plädoyer für Merkels Europapolitik und den Zusammenhalt der Union.
  • Die Delegierten wählen Bouffier mit 98,5 Prozent wieder zu ihrem Vorsitzenden.

Von Susanne Höll, Wiesbaden

Manches hätte sich der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier beim Landesparteitag seiner Landes-CDU in Wiesbaden anders gewünscht. Am 28. Oktober wird ein neuer Landtag gewählt, die Christdemokraten stehen nicht schlecht da, noch nicht jedenfalls, doch für eine Fortsetzung der Koalition mit den Grünen gibt es derzeit laut Umfragen keine Mehrheit mehr. In einer solchen Lage wünscht man sich Unterstützung und Hilfe aus der Bundespartei.

Unterstützung? Hilfe? Die Gemeinschaft von CDU und CSU steht womöglich vor dem Bruch, kein Mensch vermag mit Sicherheit zu sagen, ob Angela Merkel nächste Woche überhaupt noch Kanzlerin ist. Miese Lage also für die hessischen Wahlkämpfer. Man fragt die Verantwortlichen, wie die Stimmung ist. "Beschissen wäre geprahlt", antwortet einer. Auch die Basis ist nervös, versteht nicht, worüber die Granden in Berlin und München eigentlich zanken.

Warum, bitte schön, könne man nicht noch zwei Wochen warten, fragt Bouffier

Also muss Bouffier die eigenen Leute auf dem Wahlparteitag beruhigen und zugleich Stellung beziehen in diesem Krieg der Schwesterparteien. Er ist stellvertretender CDU-Bundeschef und einer derjenigen, die in den vergangenen Tagen an den Krisengesprächen in Berlin beteiligt waren. Der Ministerpräsident weiß, dass es auch in seiner Landespartei Leute gibt, die im Asylstreit nicht auf der Seite der Kanzlerin, sondern Horst Seehofers und der CSU stehen. Aber darauf nimmt er keine Rücksicht. In der dankenswert kühlen neuen Kongresshalle in Wiesbaden hält Bouffier ein vehementes Plädoyer für Angela Merkel, deren Europapolitik und den Zusammenhalt der Union.

Die große Streitfrage zwischen Merkel und Seehofer lautet, ob und unter welchen Umständen Flüchtlinge gleich an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden sollen. Warum, bitte schön, könne man nicht noch zwei Wochen warten, um zu sondieren, ob es zwischen EU-Staaten Rücknahme-Abkommen geben könne, fragt Bouffier. Er jedenfalls halte für richtig. Und macht im selben Atemzug klar, dass sich der Streit zwischen den Schwesterparteien um ganz anderes dreht als um Grenzfragen. "Es geht um sehr, sehr viel mehr", sagt er. Er meint den Fortbestand der Bundesregierung und die Fraktionsgemeinschaft mit der Union.

Das Wohlergehen Deutschlands und damit auch das Europas hänge von einer stabilen deutschen Regierung ab, die wiederum auf der Gemeinschaft der Union fuße. "Glaubt denn irgendjemand, dass ein Zertrümmern von CDU und CSU irgendetwas besser macht? Ich glaube das nicht." Das ist eine klare Ansage an die CSU, mit der Bouffier seit Jahrzehnten guten Kontakt hält. Heftiger Applaus im Saal, wohl auch von denen, die meinen, die Bayern hätten in Sachen Grenzsicherung völlig Recht. So ist sie, die Hessen-CDU. Geschlossen und folgsam, wenn der Vorsitzende die Linie vorgibt.

Für all jene in der CSU, die mit nationalen Alleingängen liebäugeln und das Ende multilateraler Zusammenarbeit wünschen, hat Bouffier auch noch eine Warnung bereit. US-Präsident Donald Trump lege gerade Hand an die transatlantische Gemeinschaft, Russlands Staatschef Wladimir Putin versuche, Europa zu sprengen und China sei auf dem Weg zur Weltmacht. "Manche glauben, das Zeitalter des Nationalismus sei wieder gekommen. Ich glaube das nicht", sagt er. Für alle die, die seine Botschaft womöglich immer noch nicht verstanden haben, führt er noch Altkanzler Helmut Kohl als Zeugen an. "Deutschland ist unser Vaterland, Europa unsere Zukunft", zitiert er den vor einem Jahr Verstorbenen. Noch mehr Applaus. Auf eine Aussprache über Bouffiers Rede wird einmütig verzichtet. Alles klar in der Hessen-CDU. Am Ende wählen die Delegierten Volker Bouffier mit 98,5 Prozent wieder zu ihrem Vorsitzenden.

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