Verwirrung um Gold-Vermögen:Gysi und der große Goldschatz

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Im Streit mit FDP-Politiker Wolfgang Kubicki: Linken-Fraktinschef Gregor Gysi (Foto: dpa)

Eine Geschichte wie eine Räuberpistole: Es geht um Gold in der Schweiz im Wert von mehr als 43 Millionen Euro, das angeblich einem Mandanten von Gysi vorenthalten wird. Zur Rettung seines Mandanten bittet Gysi gar Carsten Maschmeyer um Hilfe. FDP-Mann Kubicki vermutet gleich Verbindungen zum ominösen SED-Altvermögen. Und muss dafür jetzt mit einer Klage Gysis rechnen.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Es gibt da eine Sache, die ein Politiker eher nicht tun sollte: sich mit windigen Geschäftsleuten einlassen. Wie dem Gründer des angebliches "Finanzoptimierers" AWD, Carsten Maschmeyer. Gregor Gysi, Gallionsfigur und Chef der Bundestagsfraktion der Linken, dürfte das jetzt auch wissen.

Vergangene Woche traf er in der neuen Talk-Sendung Eins gegen Eins auf Sat1 jenen Herrn Maschmeyer. Die beiden sollten über Mindestlöhne und Sozialpolitik streiten. Am Ende der Sendung aber hatte Maschmeyer noch eine kleine Überraschung für Gysi: Da plauderte er nämlich aus, dass er ausgerechnet von Gysi vor einiger Zeit Post bekommen hätte: "Spielen Sie nicht den Robin Hood", blafft Maschmeyer Gysi an. "Sie haben mir vor einigen Monaten einen Brief geschrieben, ob ich Ihnen helfen kann für einen ihrer Mandanten, der für 43 Millionen Euro Gold in der Schweiz hat und ob ich ihnen meine Kontakte zur Verfügung stellen kann."

Gysi schaut in dem Moment, als denke er schon über eine Klageschrift gegen Maschmeyer nach. Aber: Den Brief gibt es offenbar tatsächlich, die Bild zitiert ausführlich daraus - unter Verweis auf "Sat1-Kreise". Den Mandanten mit dem Goldvermögen gibt es auch, er gab ebenfalls der Bild ein Interview.

Verklagen wird Gysi jetzt voraussichtlich jemanden anderen: das FDP-Präsidiumsmitglied und Nordlicht Wolfgang Kubicki. Der hatte sich vergangenen Donnerstag in der Leipziger Volkszeitung eher abschätzig über seinen Anwaltskollegen Gysi geäußert. Der scheine "ein mindestens sehr merkwürdiger Rechtsanwalt" zu sein. Er könne sich "einfach nicht vorstellen, dass Gregor Gysi einen so reichen Mandanten hat". Kubickis Spekulationen gipfeln in der für ihn offenbar naheliegenden Vermutung, die Gold-Reserven des Mandanten könnten etwas mit verschwundenem SED-Vermögen zu tun haben.

Gysis Anwälte haben Kubicki bis zu diesem Freitag eine Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gesetzt. Kubicki lässt das kalt. Der Leipziger Volkszeitung sagte er: "Ich denke nicht daran, eine Unterlassungserklärung abzugeben".

Nach Gysis Version gehört das Geld einem Mann, der im Jahr 1956 die DDR verlassen habe, im Westen Unternehmer geworden sei und seine Firma 1986 verkauft habe. Den Erlös habe er versteuert und zunächst in der Schweiz in Gold angelegt. Später habe er die Barren nach Toronto in Kanada transferieren lassen. Dort würde ihm die Bank jedoch die Auszahlung verweigern. Angeblich sei die Lagerfrist überschritten worden. Der heutige Wert summiere sich auf 43,8 Millionen Euro.

Eine Geschichte wie eine Räuberpistole

Ein wahrer Goldschatz also, den Gysi heben soll, weil die schweizerische UBS-Bank, dem Mann angeblich widerrechtlich den Zugang dazu verweigere. An Gysi habe sich der Mann gewandt, "weil kein Anwalt in der Schweiz etwas unternehmen wollte" für einen Mann, der kein Geld hat, sagt Gysis Fraktionssprecher, Henrik Thalheim. In der Sat1-Sendung sagte Gysi, er versuche lediglich, einen Mann aus Hartz-IV herauszuholen.

An Maschmeyer schrieb Gysi deshalb im August 2011 laut Bild, sein Mandant habe "Forderungen an die UBS in der Schweiz. Er hat dort Gold hinterlegt, das einem heutigen Wiederbeschaffungswert von 43,8 Mio. Euro entspricht." Es laufe "bereits eine Strafanzeige durch unseren Mandanten und darüber hinaus sind wir beauftragt, in Kürze eine Klage auf Herausgabe der Goldbarren in der Schweiz zu erheben." Sein Mandant gehe davon aus, dass "Sie über einen engen Kontakt zu den führenden Persönlichkeiten der UBS verfügen". Gysi endet demnach mit: "Bitte teilen Sie mir doch mit, ob Sie bereit sind, an einer Vermittlung mitzuwirken." Maschmeyer hat das abgelehnt.

Das klingt alles wie eine irrwitzige Räuberpistole. Besser wird sie nicht dadurch, dass der Mann, nach Berichten der Bild ein heute 79-jähriger Günther P. aus Wuppertal, der von Hartz-IV leben muss, sein Vermögen offenbar in drei Tranchen in den Wendejahren 1989 bis 1994 in die Schweiz und nach Toronto transferiert hat.

Gegen Kubickis Theorie, dass das Gold etwas mit verschwundenem Vermögen der SED zu tun haben könnte, spricht allerdings, dass die erste Tranche bereits am 11. August 1989 überwiesen worden sein soll, also drei Monate vor dem Fall der Mauer. Unwahrscheinlich, dass zu dem Zeitpunkt die SED-Verantwortlichen in der DDR versucht haben sollen, das Parteivermögen ins Ausland zu schaffen.

Wenn Gysis Version stimmt, könnte so ein Verfahren übrigens ein hübsches Sümmchen einbringen. Das Bundesverfassungsgericht hat einen maximalen Streitwert von 30 Millionen Euro in Gerichtsverfahren festgelegt. Nach dem Streitwert bemisst sich das Honorar der Anwälte. Es läge dann bei 228.740 Euro, wenn es in Deutschland stattfinden würde. Also fast so viel wie das Jahresgehalt der Kanzlerin. Angesichts solcher Summen darf doch wohl auch ein Bettelbrief an einen Hardcore-Kapitalisten wie Maschmeyer erlaubt sein.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels stand im letzten Absatz, das Honorar der Anwälte liege über dem Jahresgehalt der Kanzlerin. Das ist falsch. Tatsächlich liegt es darunter, die Kanzlerin bekommt 251.304 Euro im Jahr. Davon sind 201.792 Euro reines Kanzlergehalt. Der Rest speist sich aus anteiligen Bezügen als Abgeordnete.

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