Verteidigungsministerin in der Mongolei:Ein Pferd für von der Leyen

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Ursula von der Leyen bekommt ein Pferd geschenkt - das Tier muss aber nicht die siebenstündige Reise in einem Airbus der Bundesregierung nach Deutschland antreten. (Foto: Ulrike Heidenreich)

Jedes Jahr werden 80 Bundeswehrsoldaten in die Mongolei geschickt, nun besucht die Verteidigungsministerin das Land. Für von der Leyen gibt es gleich mehrere Überraschungen.

Von Ulrike Heidenreich, Ulan Bator

Wenn die Bezeichnung Außenposten irgendwo zutrifft, dann zweifellos hier. Zu diesem Auslandseinsatz der Bundeswehr kommt nur, wer über staubige Holperpisten so weit in die mongolische Tundra fährt, bis sie endlos wirkt. In dieses Nirgendwo entsendet die Bundeswehr Jahr für Jahr rund 80 Soldaten einer Panzerlehrbrigade. Selbst für Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist das ein Einsatz auf unbekanntem Territorium - bis zu diesem Wochenende. Das Wirken ihrer Soldaten beeindruckte die Ministerin beim Truppenbesuch nahe Ulan Bator derart, dass sie mit dem Verteidigungsminister der Mongolei gleich noch eine engere Zusammenarbeit vereinbarte. Der wiederum revanchierte sich und schenkte ihr ein Pferd.

Um das mit dem Pferd gleich zu klären: Das Tier musste nicht die siebenstündige Reise in einem Airbus der Bundesregierung nach Deutschland antreten. Es war eher ein symbolisches Geschenk, genauer genommen ist es auch schon gebraucht: Denn als der amerikanische Verteidigungsminister James Mattis im April in Ulan Bator vorbeischaute, bekam er das gleiche Pferd geschenkt - und nahm es nicht mit. Ursula von der Leyen, eine Reiterin, sollte dem Pferd nur eine schöne blaue Schleife umhängen und es taufen. "Du heißt Andaa" , flüsterte sie ihm ins Ohr. In der Landessprache bedeutet das so etwas wie Freund, guter Gefährte.

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Verteidigungsministerin von der Leyen besucht die Mongolei - und freut sich über Gesten der Gastfreundschaft. Impressionen des Besuchs.

"Sehr gut gemacht, mein Kompliment", lobt von der Leyen den mongolischen Azubi

Die Deutschen und die Mongolen pflegen tatsächlich eine vertrauensvolle Beziehung - von der beide Seiten profitieren. Seit 2009 arbeiten die beiden Länder im Einsatzgebiet Afghanistan zusammen, erst in Feyzabad, seit 2012 in Mazar-e-Sharif. Die Mongolen bewachen die Feldlager dort, 120 Soldaten sind ständig im Einsatz, filzen Besucher, kontrollieren den Checkpoint. Damit die deutschen Soldaten sich im Camp Marmal sicher fühlen, bilden sie wiederum im Five Hills Peace Support Operation Training Center inmitten der windigen Steppe Angehörige der mongolischen Streitkräfte dafür aus. Seit 2014 fliegen Kontingente von zweimal 40 bis 45 Soldaten in die Steppe nahe der Hauptstadt Ulan Bator. Über tausend mongolische Soldaten haben bereits im Camp schießen gelernt, Bedrohungssituationen durchgespielt, Fahrzeuge gecheckt und vieles mehr.

Dr. Ursula von der Leyen, nicht nur Reiterin und Ministerin, sondern auch noch Ärztin, überprüfte beim Truppenbesuch selbst, ob tatsächlich alles glatt läuft. Etwa, als ein Soldat unter Aufsicht eines deutschen Ausbilders einen Combat First Responder vorlegte. Das ist die Sanitätsausbildung, mit der Schwerverwundete erstversorgt werden. "Sehr gut gemacht, mein Kompliment", lobte sie den mongolischen Azubi - inmitten mit Rangabzeichen bewehrten Schränken von Männern.

Es war überhaupt ein guter Tag für sie. Die Sonne hatte sich durch den immerwährenden Smog gekämpft, der Wind fegte nicht wie sonst über dieses Land der Extreme, in dem es im Winter minus 40 und im Sommer plus 40 Grad haben kann. Und dann entdeckte von der Leyen inmitten des Flecktarns drei Frauen - eine kleine Sensation. Denn erstmals werden hier Frauen ausgebildet, um in Afghanistan Campbesucherinnen auf Waffen oder Bomben zu durchsuchen. "Sie sind Pionierinnen. Sie können stolz auf sich sein" sagte die Verteidigungsministerin und stürmte auf die Soldatinnen zu.

2010 war zum ersten und zum letzten Mal ein deutscher Verteidigungsminister im Land, das war Karl-Theodor zu Guttenberg. Dass es nun von der Leyen hierherzog, mag durchaus damit zusammenhängen, dass es auch mal schön ist, nicht zur Berateraffäre im Verteidigungsministerium und der drohenden Hessen-Wahl samt CDU-Führungsquerelen Stellung nehmen zu müssen. Ihr ist die strategische Bedeutung der Mongolei wichtig: "Das hier ist eine kleine funktionierende Demokratie, die inmitten zweier autoritärer Systeme, nämlich Russland und China, sitzt."

Auch Im Süd-Sudan bei der Friedensmission UNMISS arbeiten Deutsche und Mongolen zusammen, bei der Peacekeeping-Übung Khaan Quest mit der amerikanischen Armee sind die Deutschen zudem Beobachter. Regelmäßig reisen mongolische Offiziere zur Ausbildung nach Deutschland. Und die Bundeswehr wiederum überlässt dem ärmeren Land Feldlazarette, Laborausrüstungen und Lastwagen.

Die Mongolei ist weit weg. Sie ist viermal so groß wie Deutschland, hat aber nur drei Millionen Einwohner. Was zieht diese Gegensätze an? Es ist eine alte Verbindung aus DDR-Zeiten: Spaziert man durch Ulan Bator, durch die Straßenzüge mit Wohnblocks aus der Sowjetzeit, kann es einem leicht passieren, auf Deutsch angesprochen zu werden. Es gibt Schätzungen, wonach 30 000 Mongolen die deutsche Sprache beherrschen. Während Westdeutsche mit der Mongolei eher fremde Bilder von weiter Steppe mit Steinadlern, Jurten und dem furchtlosen Dschingis Khan verbinden, haben Ostdeutsche durchwegs vielfältigere Assoziationen.

Die DDR hatte schon 1950 diplomatische Beziehungen zu dem Land aufgenommen. Die deutsche Botschaft in Ulan Bator befindet sich in einem Haus, in dem einst DDR-Diplomaten die sozialistische Freundschaft pflegten. Die BRD hatte damit erst 1974 begonnen. In der DDR war derweil schon eine Generation Mongolen ein- und ausgegangen. Sie waren Teil von Entwicklungsprojekten, bezogen Stipendien, lebten ein paar Jahre in Ost-Berlin oder in Rostock. Dass viele mongolische Au-Pairs heutzutage ganz gezielt bei einer deutschen Familie leben möchten, liegt an den Erzählungen ihrer Eltern.

Im Gegenzug ist man in Ulan Bator behilflich, wenn es um Kulturaustauch mit Deutschland geht: Als in der Berliner Gedenkstätte Hohenschönhausen Anfang dieses Jahres die Ausstellung "Der rote Gott - Stalin und die Deutschen" eröffnet wurde und kein Abguss mehr von Nikolai Tomskis Stalin-Statue aufzutreiben war, wurde eine aus Ulan Bator eingeflogen. Ein heimischer Geschäftsmann hatte sie gekauft, als auch dort die Statuen des Diktators gestürzt worden waren und diese fortan als Dekoration für seine Diskothek benutzt.

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