Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts gesagt, er wolle nicht, dass in Deutschland neben den jüdischen Einrichtungen auch alle Asylunterkünfte von Polizisten bewacht werden müssten. Deutlicher hätte er nicht zeigen können, wie es um dieses Land im Jahr 2015 bestellt ist. Die Juden sind 70 Jahre nach Kriegsende noch immer nicht sicher. Und den Flüchtlingen und Asylbewerbern droht das Gleiche. Wie beschämend ist das für eine Gesellschaft, die seit Langem denkt, dass sie viel aus der Geschichte gelernt hat.
Noch beschämender wäre es, wenn jetzt wieder alles bliebe, wie es immer gewesen ist. Wenn man also die Angriffe gegen Asylbewerber beklagen, eine starke Reaktion versprechen, an die Verantwortung der Gesellschaft erinnern und die Bürgermeister, Pfarrer, Polizisten und privaten Initiativen nach kurzer Zeit doch wieder alleinlassen würde. Sollte das passieren, wären alle hehren Worte der Lächerlichkeit preisgegeben.
Den Rechtsextremen geht es um ein Klima der Angst und Einschüchterung. Dem begegnet man nicht mit schönen Worten. Man muss ihnen genau jene öffentlichen Plätze, Straßen, Dörfer entreißen, in denen sie Angst verbreiten. Das geht nur, wenn Politik sich dort vehement zeigt und genügend Mittel in die Hand nimmt, um Zivilgesellschaft und Polizei endlich angemessen zu stärken.