Verfassung - Mainz:Kinderschutzbund will Änderung der Verfassung erreichen

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Mainz (dpa/lrs) - Neben einer Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz strebt der Kinderschutzbund auch eine Änderung der rheinland-pfälzischen Landesverfassung an. "Es reicht nicht, dass der Staat seine Schutz- und Wächterfunktion ausübt", sagt der Landesvorsitzende Christian Zainhofer. "Kinder müssen auch eigene Rechte haben, gerade wenn es um Ansprüche gegen den Staat geht."

Der im November von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgelegte Gesetzentwurf zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz geht nach Ansicht des Kinderschutzbunds und anderer Kritiker nicht weit genug. Auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags kam zu dem Ergebnis, dass die geplante Einführung eines Abschnitts 1a zum Grundgesetzartikel 6 hinter den Verpflichtungen der UN-Kinderrechtskonvention zurückbleibt.

Es gebe die Sorge, dass die Grundgesetz-Initiative im Sande verlaufen könnte, sagt Zainhofer im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Weil es in Berlin nicht vorangeht, wäre es schön, wenn Rheinland-Pfalz einen Schritt weitergeht."

Der Mitgliederversammlung am 7. März in Mainz will der Landesvorstand vorschlagen, Rheinland-Pfalz zu einer Ergänzung der Verfassung aufzurufen. Darin heißt es in Artikel 24 unter anderem: "Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung." Explizit aufgenommen werden sollten aber auch Beteiligungsrechte von Kindern, sagt Zainhofer. So müssten etwa Kinder gefragt werden, wenn in einer Kommune ein Spielplatz geplant werde. Auch sei die Frage des Kindeswohls bei jeder staatlichen Entscheidung vorrangig zu berücksichtigen. Als Vorbild verweist Zainhofer auf Hessen, das 2018 mit großer Mehrheit in einer Volksabstimmung Schutz-, Förder- und Partizipationsrechte für alle Menschen zwischen 0 und 18 Jahren verankert hat.

Das Bewusstsein dafür will der Kinderschutzbund mit Plätzen der Kinderrechte verstärken. "Das sind Plätze, an denen die Menschen vorbeigehen und zum Nachdenken gebracht werden." In Rheinland-Pfalz gibt es einen solchen Platz der Kinderrechte bislang in Mainz, Bad Kreuznach, Nierstein und Höhr-Grenzhausen. Weitere Plätze seien in Kaiserslautern, Neustadt an der Weinstraße, Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie im Donnersbergkreis im Gespräch, sagt Zainhofer.

Der Kinderschutzbund tritt auch für die Senkung des Wahlalters zur Landtagswahl 2021 ein. "Wenn man sagt, ein Kind kann im Sinne des Strafrechts das Unrecht einer Tat einsehen, dann kann es auch bei politischen Entscheidungen einsichtig sein", sagt der Landesvorsitzende des Kinderschutzbunds. Eine Herabsetzung des Wahlalters wäre auch ein Ansporn für die Bildungspolitik, Kinder in die Lage zu versetzen, begründete Wahlentscheidungen zu treffen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Joachim Türk kündigte an, dass der Kinderschutzbund Wahlprüfsteine zur Landtagswahl entwickeln will, die den Parteien zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vorgelegt werden sollen.

Zu den Schwerpunkten der Arbeit in diesem Jahr zählt der Kinderschutzbund das Präventionsprojekt "Kinder stärken, Kinder schützen", das sowohl Kinder an Grundschulen als auch Eltern und Lehrer anspricht. Kinder ab der ersten Klasse werden spielerisch für Gefahren von sexueller Gewalt und Missbrauch sensibilisiert, mit Programmen der Theaterpädagogischen Werkstatt in Osnabrück. Für Eltern werden Info-Abende organisiert, für Lehrkräfte Fortbildungen. Nach dem Start im September vergangenen Jahres in Ludwigshafen will das Projekt in jedem Schulhalbjahr 10 bis 15 Grundschulen erreichen.

Das aus einem Projekt in Koblenz entstandene Programm trage dazu bei, "die Strukturen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und Kindesmissbrauch zu verbessern", erklärte ein Sprecher des Familienministeriums. Im ersten Schulhalbjahr 2019/20 seien bereits 1900 Kinder und 120 Lehrkräfte erreicht worden.

Der Kinderschutzbund Rheinland-Pfalz hat etwa 3500 Mitglieder in 23 Orts- und Kreisverbänden. Der Sitz des Landesverbands wurde im vergangenen Jahr von Landau nach Mainz verlegt.

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