USA:"Gegen Trump" - ein engstirniges Buch

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Jedes neue Buch über Donald Trump läuft Gefahr, durch dessen spontane Wutreden, Twitter-Gewitter, Dekrete und Rauswürfe schnell überholt zu sein. Die renommierte Linksintellektuelle und Umweltaktivistin Naomi Klein versucht sich daher bei allem Frust an schlüssigen Gegenrezepten. (Foto: AFP)

Naomi Klein verspricht, mit Donald Trump abzurechnen. Über den US-Präsidenten gäbe es viel Kluges zu sagen. Doch die Analyse scheitert an Übertreibungen und Unterstellungen.

Buchkritik von Viola Schenz

Donald Trump ist ein Segen. Nicht für die USA oder die Welt, aber für Zeitungen wie die New York Times oder die Washington Post - deren Abonnentenzahlen explodieren geradezu. Auch dem Buchmarkt verleiht das Phänomen Trump Impulse, zu groß ist das Verlangen politisch Interessierter, die Irrungen und Wirrungen des 45. US-Präsidenten erläutert zu bekommen. Darauf scheint auch Naomi Klein zu spekulieren. Gerade ist das neueste Werk der amerikanisch-kanadischen Gesellschaftskritikerin in deutscher Übersetzung erschienen. Um es gleich und kurz zu sagen: "Gegen Trump" ist eine vertane Chance, mit dem Mann abzurechnen, im Grunde ist es eine Themaverfehlung.

Natürlich geht es in einem Buch, auf dem vorne in fetten Lettern "Gegen Trump" steht, um Trump. Doch der wird von Klein lediglich instrumentalisiert. Was die Autorin eigentlich sagen will: Trump ist die Folge davon, wovor ich schon immer gewarnt habe. Das Buch ist ein Aufguss dessen, was Klein bereits früher veröffentlicht hat. Das verhehlt sie auch nicht : "Kleinere Teile dieses Buchs sind bereits früher in Form von Essays, Büchern und Reden erschienen", schreibt sie im Vorwort. Allerdings sollte ehrlicherweise von "größeren Teilen" die Rede sein.

Manche Sätze bleiben gänzlich unverständlich

Es geht seitenweise um das Erdbeben in Haiti, den Hurrikan Katrina und die Flutkatastrophe von New Orleans, die australische Einwanderungspolitik oder die Terroranschläge in Paris und London. Dazwischen fordert Klein außer einer ökologischen Landwirtschaft oder einem bedingungslosen Grundeinkommen für alle die Abschaffung von Handelsabkommen und ein Ende der Austerität, also rigider Sparpolitik. Die selbstgestellte Grundfrage ihres Buchs - "Wie konnte es dazu kommen, dass Donald Trump Präsident der USA wurde?" - wird damit freilich weder berührt noch beantwortet. Stattdessen geht es darum, wo Klein beim jeweils erwähnten Ereignis gerade weilte, was sie dabei empfand, wie sie sich darüber publizistisch oder sonst wie empörte, und was diese Empörungen seinerzeit auslösten.

Es sind vor allem Übertreibungen und Unterstellungen, die dem Buch schon im Ansatz die Seriosität rauben. So nennt sie Trumps Regierung eine "blutrünstige Reality-Show", deren Ziel "der offene Krieg gegen den öffentlichen Sektor und das Gemeinwohl" sei; Trumps Regierungsantritt bezeichnet sie als "die unverhüllte Machtergreifung der Konzerne, die seit Jahrzehnten in Vorbereitung ist". Tatsächlich? Seine Vorgänger Obama, Clinton, Carter, Johnson oder Kennedy sollen eine Machtübernahme durch Konzerne geplant haben? Das würde selbst Trump nicht glauben, bei all seiner Liebe für "alternative Fakten".

Die Kapitel führen weder Belege noch Fußnoten, was Klein damit begründet, dass sie in ihrem jüngsten Buch einen "Plauderton" bevorzuge. Die einzigen Verweise sind die zu ihren eigenen Werken und zu ihren "intensiven, jahrelangen Recherchen", zu den Kontroversen, die sie ausgelöst habe, wie sie nicht müde wird zu betonen. Doch dieser "Plauderton" wird selten konkret, im Gegenteil, viele ihrer Vorwürfe bleiben nebulös, vieles klingt verschwörerisch bis unheilschwanger. So ist ständig von "Eliten" die Rede, ohne dass klar wird, wen sie damit meint. Manche Sätze bleiben gänzlich unverständlich: "Die zunehmenden Möglichkeiten der Elite, sich erstklassig auf Katastrophen vorzubereiten, bedeuten, dass die großen Gewinner unserer Wirtschaft umso weniger Anlass sehen, die anspruchsvolle Aufgabe eines Politikwechsels in Angriff zu nehmen, der nötig wäre, um eine noch wärmere und katastrophenträchtigere Zukunft zu verhindern." Auch beim dritten Lesen erschließt sich hier kein Sinn.

Klein hat sich in ihrer Ideologie, in ihrem Schwarz-Weiß-Denken verbohrt. Sie findet aus der Betroffenheits- und Empörungsrhetorik, die mit ihrem Debüt "No Logo" im Jahr 2000 startete, jenem Buch, das sich mehr als eine Million Mal verkaufte und sie bekannt machte, offensichtlich nicht mehr heraus. Das geht zu Lasten von Sachlichkeit, und das ist bedauerlich: für die Drama-Queen Naomi Klein, aber auch für die Leser, die von ihrem Buch eine fundierte Trump-Abrechnung erwartet haben. Donald Trump zu kritisieren, zu widerlegen, zu verurteilen, dafür gibt es genug Gelegenheiten, dafür liefert der Mann ausreichend Vorlagen. Trump-Kritiker haben Originelleres, Schlagkräftigeres, Klügeres und Seriöseres verdient als dieses dürftige, engstirnige Werk.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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